Eine ironischeFotomontage der Zeitschrift "IR" (Lauris Vīksne, F64): Geschäftsfrau Ieva Plaude als Bettlerin |
2009 bestand die "Kolonna Holding" noch aus 25 Einzelunternehmen, deren Umsatz insgesamt 105 Millionen Euro erreichte. Seitdem aber änderten sich sowohl Anteilseigner wie auch der Konzernname.
Alles Laute würde hier nicht passen ...
2008 rangierte Ieva Plaude in der Liste der reichsten Frauen Lettlands unumstritten als mehrfache Millionärin, der Wert ihres Unternehmens wurde auf 18 Millionen Lat (ca. 27 Mill. Euro) geschätzt (Baltic Screen / TVNet). Zitat aus einer Broschüre der Deutsch-Baltischen Handelskammer, publiziert 2009: "In der Rigaer Altstadt, fast ein wenig versteckt im fünften Stock des Galerija Centrs, ist das Wohlfühl-Reich von Ieva Plaude. Ihr direkt nach der Unabhängigkeit Lettlands im Jahr 1991 gegründetes Kolonna SPA ist das größte Day-Spa im Baltikum. Die Mitarbeiterinnen sind freundlich und dezent. Man spricht hier nur verhalten, alles Laute würde nicht passen." Und einige Zeilen später: "Bei Kolonna merkt man nichts von der Krise. Es gab noch nicht einmal Grund, die Preise nach unten zu korrigieren, um mehr Kunden anzulocken. Diejenigen, die die Wohlfühl-Behandlung in den Boomjahren schätzen gelernt haben, bleiben Ieva Plaude auch in diesen Zeiten treu. Plaudes eigener Lebensweg war früher eher von der Kultur geprägt, von Oper, Theater und Gegenwartskunst. In dieser Eigenschaft kam sie bereits Ende der 80er Jahre mehrfach nach Deutschland. Dort entdeckte sie ihre Liebe zum Schönheitsbusiness." ( (die Preisentwicklung stellt ein Beitrag in DIE ZEIT etwas später ganz anders dar und beschrieb sogar Lohnkürzungen für Mitarbeiter von bis zu 40%!).
Ein anderes Zitat stammt von Jānis Lasmanis, Immobilienkaufmann und damals Co-Eigentümer von Kolonna, mit dem Ieva Plaude zu diesem Zeitpunkt noch verheiratet war: "In den verrückten 90ern reichte es aus, irgendwie einen Haufen Kühlschränke zu kaufen, und diese einen Monat später für das zwei- oder Dreifache zu verkaufen." (Dienas Bizness) Dieses Zitat stammt ebenfalls aus dem Jahr 2008, als unter dem Markennamen "Kolonna" längst auch ein Immobilienkonzern geworden war. "Kolonna entwickelt die Projekte, ein Bauunternehmen baut, und ein anderes Tochterunternehmen bewirtschaftet die Häuser", so erläuterte es Lasmanis und spottete gleichzeitig über "Tierärzte, Schuster und Frisöre" die sich mit zwei. drei Häusern im Immobilienbusiness meinten engagieren zu müssen.
Erst Geld machen, dann Politik?
Unter den drei reichsten Letten befanden sich damals - neben dem Eigentümer der damaligen Vorzeige-Bank PAREX - auch die beiden Politiker Andris Šķēle und Ainārs Šlesers, beide ebenfalls vom Typ "Kühlschrank-Verkäufer". Plaude trat mit beiden gemeinsam für die Partei "Par labu Latviju"(PLL) an, die allerdings bei den Wahlen krachend durchfiel. Im Wahlkampf 2010 fiel Unternehmerin Plaude u.a. mit der These auf, ihrer Meinung könne der Durchschnittslohn in Lettland im Jahr 2020 bereits 3000 Lat betragen (Dienas Bizness). Lettland malte sie sich für die Zukunft als "Land in dem drei Sprachen gesprochen werden" aus: Lettisch, Russisch, Englisch (Kas jauns). Journalistin Indra Sprance erinnert sich heute, Plaude habe damals energisch eine These der "IR" bestritten, dass der Einstieg in die Politik mit Problemen im Business zu tun haben könnte. Aber schon kurz nach der Wahlniederlage macht sie dann genau dieses: sie erklärt ihr Unternehmen für nicht mehr zahlungsfähig.
Politik als letzter Ausweg aus maßloser Geschäftemacherei? Den scheinbar heilbringenden Investoren und "Businesmeni" wurden in Lettland jahrelang von der Politik jedes mögliche Hindernis in vorauseilender Sorgfalt weggeräumt - da könnte man auf den Gedanken kommen, es könnte auch der umgekehrte Weg funktionieren. Die damals noch existierende PAREX-Bank hielt 3,6 Millionen Euro an Finanzmitteln zurück Plaudes persönliche Schulden hatten sich auf 7 Millionen Lat, zusammen mit diversen Kolonna-Unternehmen gewährten Bürgschaften sogar 25 Millionen. Zum selben Zeitraum wurde ihr Vörmögen auf einen Wert von 10 Millionen Lat geschätzt. Unvorstellbar? Man kennt es von verschiedenen Wirtschaftsskandalen auch in Deutschland: wer darauf setzt, dass sich keiner einen so großen Flop verstellen kann, dem lassen oft gerade diejenigen viel Spielraum, die eigentlich von Amts wegen kontrollieren müssten.
Schulden und deren Nicht-Eintreibung
Kolonna-Werbung: Spezialisten für's Frisieren und Verschönern |
Kurz bevor sich "DK Holding" für insolvent erklärte, änderte das Unternehmen noch schnell die Adresse: plötzlich wurde eine Adresse in Kuldiga als Firmensitz angegeben. Dadurch war dann auch das Bezirksgericht Kuldiga zuständig für die Abwicklung, und auf diesem Wege wurden Richterin Daina Alksne und Insolvenzverwaltein Maija Andersone zuständig für den Fall. Das persönliche Verhältnis dieser beiden Damen zueinander wiederum scheint klar: drei Jahre lang arbeiteten sie in Kuldiga zuvor in einer gemeinsamen Anwaltspraxis. Andersone mietete ihrerseits Räume von einem gewissen Zigmārs Stoļarovs an, der bis zu einem Prozeß wegen unerlaubter Vorteilsnahme selbst Insolvenzverwalter war. Wiederum fragte Journalistin Sprance weiter und fand heraus, dass immer noch eine Vereinbarung zwischen Andersone und Stolarovs existiert die Stolarovs erlaubt seine Kollegin zu vertreten - und so geschah es auch im Fall "Kolonna".
Warum ist die Einbeziehung von Stolarovs so heikel? 2007 war Stolarovs noch Vorstandsmitglied der Firma REHO, die für den Betrieb der beiden Hotels "Konventa Seta" und "Hotel de Rome" zuständig war. REHO war beteiligt "Riga Hotel GmbH&Co Betriebs KG", an der bis dahin auch der Bremer Bauunternehmer Dr. Klaus Hübotter Anteile hielt. Ebenfalls Mitglieder des Vorstands waren Jānis Lasmanis, damals mit Ieva Plaude verheiratet, und ihr jetziger Gatte, der Deutsche Gerd Röhlinger (lett. Gerds Rēlingers, Chef des bayrischen Kosmetikproduzenten "Langguth"). Neureiche Unternehmerin in Lettland zu sein - es scheint hier manchmal zuzugehen wie in den Königshäusern des Mittelalters; Unterschied: es wird nach belieben geheiratet und geschieden, je nachdem was gerade den eigenen Geldbeutel rettet. Stolarvovs jedenfalls, heute als Insolvenzverwalter aktiv, war immer eng dabei.
Heisse Drähte zum Stadtrat
Streitobjekt im Visier von Anlagestrategien und Beteiligungsgesellschaften: das ehemals traditionsreiche Hotel de Rome firmiert inzwischen unter anderem Namen |
Angeblich arm - und trotzdem immer weiter?
Noch im September 2012 in der Rubrik "News" auf der Langguth-Webseite" zu finden: Kolonna-Deal als Beispiel erfolgreicher Unternehmertätigkeit |
Im Unternehmermagazin ECONO ist die Atmosphäre beschrieben, mit der die deutsch-lettische Geschäftsverbindung versuchte sich als "Macher" zu inszenieren: "Ein Unternehmen ohne Probleme ist wie das Christentum ohne Hölle!" soll Plaude lächelnd gesagt haben. Als "pikantes Detail" der Vorgänge um den "Fribad"-Verkauf bezeichnet es das Magazin, dass Röhlinger zunächst Fribad-Anteile aufkauft um dann, als die Fribad-Mitarbeiter sich Sorgen um die kurz bevor stehende Insolvenz und evtl. Arbeitslosigkeit machen, in die USA fliegt um dort Plaude zu heiraten. Danach trat Röhlinger selbst gegenüber dem Fribad-Insolvenzverwalter als Eigentümer auf, Hauptgläubiger war die lettische PAREX-Bank (deren Schicksal ja inzwischen bekannt sein dürfte).
Wieder heiratsfähig?
Also: vielleicht hilfte eine erneute Heirat auch 2012 zu neuen Ufern? Jedoch werden sich potentielle zukünftige Geschäftspartner vielleicht vor den Namen sowohl von Plaude wie von Röhlinger eher hüten; das Magazin "Inside B" jedenfalls bescheinigt den beiden, "Fribad" erheblich geschädigt statt gerettet zu haben: "1,9 Millionen Euro sollen an Firmen und Personen aus Plaudes Dunstkreis abgeflossen sein. Darunter befand sich auch ihr Ehemann, der Kosmetikproduzent Jürgen Röhlinger, den sie vor der Insolvenz als Generalbevollmächtigten bei Fribad einsetzte."
Doch es lohnt ein Blick auf das gegenwärtige Insolvenzverfahren bei Ieva Plaude und "DK Holding". Der angeblich einzige größere Schuldner dort heißt angeblich .... "Kirk Investment". Das ist das Resultat mehrerer interner Käufe und Verkäufe innerhalb des mit der Marke "Kolonna" verwobenen Firmengeflechts - ob aber dieser Geschäftszusammenhang so korrekt angegeben ist, dies zu beurteilen sieht sich auch die lettische Insolvenzverwalterin Andersone nicht in der Lage. Bei "IR" ist nachzulesen, dass Plaude inzwischen behauptet, auch in früheren Jahren von der Presse schon zu Unrecht als "Millionärin" bezeichnet worden zu sein: Eigentümer der genannten Holdings sei eine Investorengruppe aus US-Amerikanern, Deutschen und Russen. Auf wiederholte Nachfrage präzisiert sie dann, zumindest bis 2010 selbst Mit-Eigentümerin gewesen zu sein - und nennt auch Namen von angeblichen Eigentümern. Die Wechsel der lettischen Geschäftsadresse sei vorgenommen worden, um die Zahlungsunfähigkeit zunächst der Öffentlichkeit vorzuenthalten damit die Firmenanteile zu einem maximal möglichen Preis hätten verkauft werden können.
Diesen Angaben stehen allerdings die Recherchen von "IR" entgegen, die Plaude als eng verflochten mit "Kirk Limited" ausweisen: die Eigentumsdokumente weisen mal den Namen Ieva Plaude, mal die beiden "angeheirateten" Namen, aber sogar Ieva Gaile - ihren Geburtsnamen - auf, als Adresse verschiedener Personen eine ihr gehörende Wohnung in Riga.
Da mag man vielleicht ausrufen: und das alles innerhalb der Europäischen Union! Warum sind eigentlich gegenwärtig nur die Währungsspekulationen mit dem Euro in den Schlagzeilen? Eine Geschäftsfrau, die angeblich zu unrecht in der Presse als "Millionärin" "verunglimpft" wird? Ein Unternehmen der Schönheitspflege und des Hotelwesens, das auch heute noch einen angeblich völlig unbeschadeten Ruf hat? - Wer glaubte, nur in den 1990er Jahren "wilde Geschäfte" in Lettland machen zu können, der wird sich wohl angesichts solcher wirtschaftskrimineller Auswüchse nur wundern.
Geändert hat sich aber seitdem, dass auch lettische Journalisten bei solchen Vorfällen genauer nachfragen. Das Umfeld von Korruption wird nicht umsonst "Sumpf" genannt, denn eine einzelne moralisch integre Unternehmerpersönlichkeit reicht nicht, um die Bilanz (den Schaden) für die Gesellschaft ausgleichen zu können. Die bisher üblichen Verfahren des lettischen Insolvenzurechts zählen offenbar bisher eher zum "Sumpfgebiet".
Infoquellen:
Langguth-Kosmetik
Kolonna "Beauty Group" / Kolonna "Hotels Group"
"Finance-Net" vom 12.3.2009
Magazin "Inside B - Wirtschaft und Leben", Ausgabe August 2010
Beitrag des Magazins "Econo", ins Netz gestellt von Fribad-Insolvenzverwalter Andreas Fischer
Ausführlicher Bericht der lettischen Zeitschrift "IR"
Bericht "Latvijas Avize"
2 Kommentare:
Zeit um eine Neufassung zu schreiben. Was macht Frau Plaude-Röhlinger jetzt?!?
Völlig richtig. Es sollte eigentlich mal ein Interview für die "Baltische Stunde" werden, wenn Frau Plaude-Röhlinger mal Zeit dafür findet.
Das wäre dann der dritte Beitrag zur Sache
https://lettland.blogspot.com/2007/08/kosmetik-kette-setzt-auf-lettisches.html
https://lettland.blogspot.com/2012/09/in-schonheit-bankrott-gehen.html
Kommentar veröffentlichen