25. August 2016

Feinstes Porzellan - malerisch

Rosenthal und Rozentāls - wer diese feinen Unterschiede, vor allem in der lettischen Schreibweise, beachtet, wird nicht im Porzellanladen landen. Nein, das frisch renovierte Lettische Kunstmuseum in Riga wäre gegenwärtig vielmehr der beste Ort, um sich mit Janis Rozentāls, 1866 als Sohn eines Schmieds im kurländischen Saldus geboren, heute einer der bekanntesten "Klassiker"der lettischen Malerei, bekannt zu machen.

Aus Anlaß seines 150.Geburtstages sind in Riga eine Auswahl von 140 seiner Werke zu sehen: Malerei und Grafik, manchmal figürlich, manchmal Landschaftsmalerei, aber auch charakteristische Szenen aus dem Alltags- und Sonntagsleben der damaligen Letten, die sich Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts gerade erst ihrer Eigenart und ihrem Willen zur Eigenständigkeit zu besinnen begonnen hatten. Manchmal impressionistisch, manchmal symbolistisch - auch Jugendstil und die lettische Folklore prägten ihn.

eines der berühmtesten Rozentāls-
Bilder: "nach dem Kirchgang"
Nachdem er seine Schulzeit noch im Alter von 14 Jahren aus Geldmangel beenden musste, gelangte er über eine Handwerksschule nach St. Peterburg. Bis 1894 studierte er an der dortigen Kunstakademie, bevor er nach Lettland zurückkehrte und 1903 die finnische Sängerin Elli Forsell heiratete. Die Heirat fand in Helsinki statt - diese Stadt wurde allerdings nicht gerade zum Symbol seines Glücks. Als sich im 1.Weltkrieg die Front Riga näherte, zog Familie Rosentāls nach Helsinki um, wo Janis Rosentāls erkrankte und schließlich am 26. Dezember 1916 starb. So entstand wohl auch die Überschrift zur heutigen Ausstellung: Augen auf Finnland, Herz in Lettland.

noch ein bekannter Rozentāls
- eindeutig mitten im Jugendstil -
"Prinzessin mit Äffchen"
Als Spiegel seiner Zeit wirken heute seine vielen Porträts, darunter seine Frau Elli Forsell und sein Freund, der Schriftsteller Rūdolfs Blaumanis. In seinen Landschaften schuf er ein lyrisches Abbild seiner Heimat. Er gestaltete auch mehrere Altarbilder in lettischen Kirchen. Sein Schaffen war sehr vielfältig: auch gestaltete er Bücher, schuf Plakate und Zeichnungen, experimentierte mit verschiedenen Materialien und Stilarten. "Rūķis" (was soviel heißt wie Zwerge, oder Wichtel) nannte sich eine Gruppe von Studenten im St.Petersburg der 1890iger Jahre, die sich dem Alltagsleben, der Natur und der Geschichte ihres Heimatlandes widmen wollten. Für soziale Themen offen zeigte sich Rozentāls auch später, wenn es darum ging, anderen lettischen Malern und Künstlern zu helfen.

Der große Andrang an Besuchern der Ausstellung zeige, wie beliebt der Maler heute in Lettland ist - so die lettische Presse. Sowohl das nationale Element findet sich hier, wie auch etwas sehr modernes, ja sogar ein wenig "Kosmopolitismus", urteilt die "Latvijas Avize" und schlußfolgert: "Jedem sein eigener Rozentāls". Mit ihm kamen damals andere Künstler seiner Generation auf, die allerdings noch die Zeit des unabhängigen Lettland erleben konnten: Vilhelms Purvītis, Johans Valters (dt. Johann Walter-Kurau), oder auch der Bildhauer Teodors Zaļkalns (Grīnbergs). "Selbst heute", so die "Latvijas Avize" weiter, "ist so jemand selten zu finden, der sowohl Gemälde höchster Qualität von Familien, Porträts. Landschaften oder Stilleben malt, gleichzeitig mystische oder märchenhafte Motive, dann wieder Altarbilder - kein Rückblick auf die lettische Kunst kommt heute ohne einen Rozentāls aus." TVNet zitiert aus einer kunsttheoretischen Schrift des Künstlers: "Etwas Neues in jeder Arbeit zu schaffen, das ist das Ideal des Künstlers." Und die NRA titelt, leicht pathetisch, über Rozentāls: "Ein Genie aus der armen Bauernschmiede."

Die Ausstellung der Werke von Janis Rozentāls ist bis zum 30.Oktober im Lettischen Nationalen Kunstmuseum zu sehen.