30. August 2009

Eine von mehr als 80

Über 80 Regierungschefinnen oder Staatspräsidentinnen weltweit seit 1979: eine davon ist auch die Lettische Präsidentin Vaira Vike-Freiberga gewesen. Das Jahr 1979 war das Jahr des Regierungsantritts von Margaret Thatcher, der ehemaligen Premierministerin Großbritanniens, und der ersten Regierungschefin der westlichen modernen Welt. Die „Eiserne Lady“ leitete die „weibliche Revolution in der Etagen der Macht“ ein und gab vielen Frauen den Mut in der Politik zu gehen. „Die Macht der Frauen“ ist das Thema der frisch erschienenen GEO September Ausgabe.


Die einstige Lettische Staatsoberhaupt Vike-Freiberga ist in dem Heft sogar in Volkstracht abgebildet. Unter ihrem Bild ist folgender Text zu lesen: „Moskau, nein danke! Während ihrer Präsidentschaft (1999-2007) tritt Lettland NATO und EU bei, die führende Besatzungsmacht Russland hält sie auf Abstand. Und ärgert Staatschef Putin, indem sie mit ihm nur deutsch spricht; sie hat es nach ihrer Flucht vor den Sowjets 1944 gelernt.“


Leider findet man in dem Text kein weiteres Wort über die einstige Landesmutter der Letten. Hier finden Sie einige Infos über Vaira Vike-Freiberga:


Biography

Interview mit Lettlands Präsidentin Vaira Vike-Freiberga

Gespräch mit früherer Präsidentin Vike-Freiberga

Vaira Vīķe-Freiberga, Die Sonne in der lettischen Mythologie


GEO Magazin Nr. 09/09 - Wenn Frauen herrschen


23. August 2009

Wichtigste Frage gelöst: Wie werde ich Lette?

Diese Frage bewegt viele Menschen: wie werde ich Lette? Es ist zu vermuten, dass die eindringliche Verbindlichkeit dieser Frage selbst gestandene Lettinnen und Letten verunsichern kann: warum bin ich Lette? Was unterscheidet mich von anderen Menschen, die keine Letten sind? Oder welche Sprüche und Behauptungen sind über die Letten im Umlauf, die aber - genauer besehen - gar nicht anders ausfallen als bei anderen Menschen auch?

Sie merken: es geht hier nicht um die Fragen der Staatsbürgerschaft. Wohl aber geht es um alle Varianten von möglichen Antworten auf die Frage: was muss ich tun, um zum Letten zu werden? Inklusive der Antwort: das ist nicht möglich.

DAS es möglich ist, daran möchte Ruedi (lett. "Rūdi" - von einigen Letten auch "Rūdplesis" genannt) keinen Zweifel lassen. Als Schweizer, in Lettland lebend, macht er daraus ein Kunstprojekt. "Jede Woche einen Schritt weiter, auf dem Weg Lette zu werden" - mit diesem künstlerischen Anspruch dokumentiert RUEDI sein Projekt per Blog, Twitter und Video in drei Sprachen: lettisch (natürlich!), Deutsch und Englisch.

Schritt 1 (da hätten wir drauf kommen können!): Anfrage beim "Lettischen Institut" in Riga. Dessen Leiter Ojārs Kalniņš empfiehlt Ruedi: Auf jeden Fall musst Du lernen Pilze sammeln zu gehen! Labi, könnte man (lettisch) denken: Pilze sammeln aber auch andere Leute als nur Letten? "Es ist ja nur ein erster Schritt", mag sich Ruedi vielleicht denken, und fügt hinzu: "Schickt mir Vorschläge und Ideen! Was muss ich tun, um Lette zu werden?". Lette sein, und KEINE Pilze zu sammeln, na gut, das wäre jedenfalls wenig typisch.


Zweiter Schritt: eine Straßenumfrage. "Was muss ich tun, um Lette zu werden?" - "Es braucht Mut für einen Ausländer, hier in Lettland zu leben. Hier gibt es nicht die hohen Rentenansprüche, wie in Westeuropa," so antwortet eine Frau auf dem Blumenmarkt in Riga. "Und du musst Rosen kaufen, die hier in Lettland gewachsen sind, nicht solche aus Holland!" Und eine Lebensmittelverkäuferin ergänzt: "Sie sollten eine Zeitlang in Lettland leben. Dann werden Sie mit der Zeit merken, ob Sie dann immer noch zum Letten werden wollen!" Und nach einer Weile ergänzt sie: "wenn Sie hier leben, werden Sie mit der Zeit ganz von selbst zum Letten werden. Sie essen lettisches Essen, gewöhnen sich an die Traditionen: Sie müssten mal lettische Schweinerippchen mit Sauerkraut versuchen!"

Erste Erkenntnis beim Thema Essen: die Antworten verschiedener Generationen unterscheiden sich. Während eine ältere Verkäuferin noch glaubt, ein "Amerikaner" werde sich nie an lettische Gerichte gewöhnen, antwortet ein junges Pärchen auf dieselbe Frage: "Geh zu McDonalds. Oder kauf Dir eine Tiefkühlpizza, fahr nach Hause und mach sie Dir in der Mikrowelle warm. Dann bist Du ein typischer Lette!"

Ruedis Blog



Erklärung von Ojars Kalnins, Direktor des Lettischen Instituts, zum Kunstprojekt von Ruedi (engl.)

21. August 2009

Zeit der Gedenktage

BALTI KETT - BALTIJOS KELIAS - BALTIJAS CEĻŠ
Am 23.August 1989 registrierten weite Teile der Weltöffentlichkeit zum ersten Mal das Bestreben der drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen nach Wiedererlangung der Unabhängigkeit. Bereits seit Jahren ist es dieser Tag, der in allen drei Staaten entschieden und deutlich als gemeinsamer Gedenktag begangen wird, entgegen vieler anderer Tendenzen auch im Bewußtsein der gemeinsamen Ausgangslage damals. In 20 Jahren hat sich vieles geändert - Litauen, Estland, Lettland haben vielfach unterschiedliche Wege gewählt der politischen und gesellschaftlichen Entwicklung.

Augusttage der Seele
Zwar sind der 18.November (Tag der Unabhängigkeitserklärung 1918) und der 4.Mai (Tag der Erklärung zur Wiederherstellung der Unabhängigkeit 1990) eigentlich die "höchstrangigen" Feiertage Lettlands. Der 23.August aber ist ein Tag der "Volksseele". Auch wer politische Sonntagsreden, scheinbar nur dem Eigennutz verpflichtete Politiker, den Zusammenbruch im Finanzwesen, die Krise auf dem Arbeitsmarkt, eine wenig gebändigte lettische Bürokratie, die Abwanderung gut ausgebildeter Arbeitskräfte ins europäische Ausland, die drohende Schließung von Krankenhäusern und Schulen, oder die weiterhin eher schleppend verlaufende Entwicklung auf dem Lande längst leid ist - das Zusammengehörigkeitsgefühl des 23.August, dem Jahrestag der Unterzeichnung des sogenannten "Hitler-Stalin-Pakts" (und des geheimen Zusatzabkommens - damit ein Hinweis auf das spezielle Schicksal der baltischen Staaten zwischen den Mühlsteinen zweier Großmächte), ist ungebrochen. (Foto: balticway20.com)


Ebenfalls Ende August - am 21.August 1991 - scheiterte der Putsch der sowjet- konservati- ven Kräfte in Moskau, und Russlands neu ins Amt gekommener Präsident Jelzin bestätigte höchstselbst die Unabhängigkeit der drei baltischen Staaten. Aus deutscher Sicht ließe sich noch der 13.August - der Jahrestag des Mauerbaus - hinzunehmen, und fertig wäre ein emotionaler Aufwärtstrend der Gedenktage im zeitlichen Augustverlauf. Am 23.August kann in Ruhe gefeiert werden: gerade deshalb, weil das eigentliche historische Ereignis in einer Zeit stattfand, in der völlig unklar war was weiter passieren könnte und wird. 1989 schien die Unabhängigkeit in weiter Ferne - klar sichtbar waren nur die überall zu Tage tretenden Unzulänglichkeiten des Sowjetsystems. Dieses Zusammengehörigkeitsgefühl aller, die sich damals von Vilnius über Riga bis nach Tallinn an den Händen fassten, möchten die politische Verantwortlichen auch für das heutige Bewußtsein der Menschen in Lettland bewahren und wieder auffrischen. Motto: auch wenn die Lage unübersichtlich und fast aussichtslos erscheint, das persönliche Leiden schier unendlich, dann besteht Hoffnung - wenn wir unsere Kräfte zusammentun.

"Weniger Patriotismus , die Ideale aufgegeben, der Staat ausgeraubt, - und langsam trudeln wir wieder hinein in die Einflußzone Russlands", so drückt es Pēteris Apinis, einer der Organisatoren der Aktivitäten zum Gedenken an den Baltischen Weg, aus (Kas Jauns). "Aber wir werden der Welt zeigen, dass die Nachrichten, die bereits unseren Tod verkünden, verfrüht sind!"



Baltisches Herzklopfen
Mit Präsident Zatlers an der Spitze startete Anfang August die Kampagne zum 20.jährigen Gedenktag des "Baltischen Wegs" (siehe Filmausschnitt oben).
Ist es als Zeichen gesteigerten Selbstbewußtseins zu werten, dass ausgerechnet ein Werbemanager (Stendzenieks) sich an die Spitze derjenigen stellt, die dieses Jahr zur Teilnahme aufrufen? Oder vielleicht als Zeichen dafür, dass Lettland die positiv imagebildende Wirkung der internationalen Hervorhebung gerade dieses baltischen historischen Ereignisses erkannt haben?

"Sirdspuksti" (Herzklopfen), unter diesem Motto soll auf der historischen Wegstrecke zwischen Vilnius und Tallinn diesmal gelaufen werden. "Politisches Joggen zum Jahrestag" sozusagen. 24 Stunden Dauerlauf, mit Start in Tallinn und Vilnius und Treffpunkt in Riga. Die 678 km der Gesamtstrecke haben die Organisatoren in jeweils 1km lange Teilstücke aufgeteilt - und alle Est/innen, Lett/innen und Litauer/innen sind aufgerufen, jeweils ein Teilstück ihrer Wahl zusammen mit den "Leitläufern" zu laufen.

zur Aktion "Sirdspuksti Baltijai" (20 Jahre Baltischer Weg)

Kontaktadressen für alle, die am 23.August bei "Sirdspuksti" mitlaufen wollen:
Lettland: Anda Vaice, Deep White, anda@deepwhite.lv, +371-2039-2276
ŠIRDIS PLAKA BALTIJAI
Litauen: Frederikas Jansonas, KPMS, fredis@kpms.lt, +370-5262-4214
SÜDAMETUKSED BALTIKUMILE
Estland: Maily-Maria Kiviselg, Alfa-Omega Communications, maily-maria@alfa-omega.ee,
+372-5656-2108


Wer den Lauf am 23.August bis 20.30 Uhr (lettischer Ortszeit) LIVE mitverfolgen möchte, kann dies HIER tun

Dokumentation "Baltic Way" (engl./lit./lett.estn.)

Projekt "Photoroad" (Projekt estnischer, litauischer und lettischer Fotografen)

Fotoausstellung "The Baltic Way" (mit engl. Text) als PDF

19. August 2009

Partnertreffen mit Polizeibetreuuung

Lettland in der Krise - wie kann deutsch-lettische Partnerschaft helfen? Diese Fragestellung tauchte auch beim 3.Deutsch-Lettischen Partnerschaftsforum vom 12.-16.8. 2009 in Selm-Bork (Nordrhein-Westfalen) immer wieder auf. Ein Treffen, zum großen Teil finanziert durch Gelder der Europäischen Union, das auf ungewöhnlichem Terrain stattfand: auf dem Trainingsgelände der nordrhein-westfälischen Polizei (= NRW-Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten d. P.). Da die zahlreich angereisten lettischen Gäste hier ja nicht "zur Abhärtung" über Trainingsparcours gescheucht wurden, konnte man die Annehmlichkeiten dieser sorgfältig umzäunten und für 700 Polizeianwärter großräumig ausgelegten Anlage genießen und hier, auf gut bewachter Dienstreise, die Sorgen des Alltags in Lettland zu vergessen versuchen.

Krisenstimmung
775 Millionen Euro musste Lettland Ende vergangenen Jahres zur Rettung der maroden PAREX-Bank einsetzen. Damit war die Krise da - daran erinnerte nochmals Ilgvars Kļava, Botschafter Lettlands in Deutschland, in einem Gastvortrag in Selm. Weitere 1,2 Milliarden Euro wurden zur Stabilisierung der Bankgeschäfte eingesetzt - etwa ein Fünftel des gesamten Staatshaushalts. Auch in Estland und Litauen gab es ähnliche Schwierigkeiten, aber keine Bankpleite wie Parex - hier liegt der Unterschied für Lettland, meinte Kļava. Seit 2004 konnte Lettland mit einem jährlichen Wirtschaftswachstum um die 10% rechnen, für 2008 ist nun ein Rückgang um 18% vorausgesagt. "Ähnlich große wirtschaftliche Schwerigkeiten hatten wir nur kurz nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion," sagt Kļava, "nun liegt dies wie eine schwere Last auf den Schultern aller Einwohner Lettlands."

Drastisch zurückgehende Steuereinnahmen, Sparzwang in den öffentlichen Haushalten, steigende Arbeitslosigkeit, Schwierigkeiten in fast allen öffentlich subventionierten Sektoren - so auch bei der Polizei, dem Gesundheitswesen, den Schulen und Hochschulen. Wo Lehrern bis zu 40% ihres Lohnes kurzfristig gekürzt werden, ganze Kranken- häuser von Schließung bedroht sind, und die Schließung der lettischen Polizeiakademie bereits beschlossene Sache zu sein scheint - was können deutsch-lettische Städtepartnerschaften daran ändern?

Nein, Resolutionen an die zuständigen Regierungen suchte man auf dem Deutsch-Lettischen Partnerschaftsforum vergebens. Auch Elmar Brok, Vorsitzender der Europaunion und Abgeordneter im Europaparlament, wurde eher wie ein "Freund der Familie" empfangen, und beantwortetet Fragen nach mehr Bürgerbeteiligung professionell mit einem schlichten "Wenden Sie sich an mein Büro". Auch das abendlich auf dem Polizeisportplatz abgebrannte Feuerwerk hätten sich manche der Teilnehmer auch lieber direkt in praktisch angewandte Hilfsmaßnahmen umgewandelt gewünscht.

Sorgen hier und dort
Deutlicher vernehmbar war da die vorsichtige Anfrage von deutscher Seite, ob nicht doch wieder eine vermehrte Berechtigung bestünde, Aktionen humanitärer Hilfe neu aufzulegen. Vorsichtig deshalb, weil viele sowohl auf der öffentlichen wie
persönlichen Ebene mit ihren Partnern inzwischen dahingehend überein gekommen sind, dass nur Aktionen mit gegenseitigem Wert wirklich einen Sinn haben. Wer sich allzu leicht selbst als "Retter Lettlands" ausruft, Geld oder Dinge aus 2.Hand sammelt, um sie dann in aufwändigen Transportaktionen und selbstverständlich mit Pressebegleitung nach Nordosten zu transportieren, der könnte auch übersehen, wie bessere Wirkung vor Ort auch mit einfacheren und vor allem lokalen Mitteln erreicht werden könnte.

Insbesondere die aktiven Partnerschaften des Kreises Gütersloh und der Gemeinden Willich (NRW) und Handewitt (Schleswig-Holstein) bildeten den Kern dieser Diskussion, denn sie konnten die bereits aus langjähriger Zusammenarbeit persönlich bekannten Personen aus Lettland nach Selm einladen (weitere auf deutscher Seite durch Teilnehmer vertretene Städte und Gemeinden z.B. Bremen, Bordesholm, Bodenteich, Darmstadt, Dülmen, Halle, Harsewinkel, Melle, Köln).
So entwickelte sich eine erstaunlich offene Diskussion, die auch die auf lettischer Seite vor- handenen latenten Ängste nicht unter den Tisch kehrte: werden nicht unsere (lettischen) besten Kräfte angesichts der Lohneinbußen unserem Land wieder vermehrt den Rücken kehren? Sogar den Jugendaustausch und auch Studierende in Deutschland begleiten oft solche Befürchtungen: wenn unsere Kinder erstmal sich an das Leben in Deutschland gewöhnt haben, werden sie auch zurückkehren und das aufbauen helfen, was hier (in Lettland) so dringend notwendig ist?

Deutsch anbefohlen - Lettisch bei Seite gelassen
Deutsch nimmt ab - Russisch nimmt zu. Auf dem Deutsch-Lettischen Partnerschaftsforum waren Zahlen zu hören: 2008 lernten noch 13% der Schülerinnen und Schüler in Lettland Deutsch - etwa 236.000 Lernende sind das, knapp über 500 Lehrende. An dem Motto "Deutsch hat Zukunft" arbeiteten sich in einem Arbeitskreis des Partnerschaftsforums deutsche und lettische Gäste gemeinsam ab. Englisch miteinander zu reden, das scheint vielen (Deutschen) hier nach eigenem Bekunden nur ein gruseliges Gefühl auszulösen. Verwunderlich allerdings, dass gleichzeitig niemand auch nur den Finger heben wollte um Lettischkenntnisse und die Förderung von Lettischkursen in Deutschland zu bestärken. Da gingen selbst einige der geladenen Polit-Referenten gleich mehrere Schritte weiter - die Notwendigkeit gleichberechtigter und wechselseitiger Maßnahmen betonend.

Gut angelegtes Geld
Insgesamt läßt sich berichten, dass die 30.000 Euro, die seitens der EU als Unterstützung für dieses Vernetzungstreffen deutsch-lettischer Partnerschaftsinitiativen bereit stellte, sicherlich gut angelegt waren. Immerhin sind ähnliche Bemühungen, zu einem Erfahrungsaustausch zwischen verschiedenen Menschen und Gruppierungen mit deutsch-lettischem Hintergrund zu kommen, bereits über 10 Jahre her (1997 in Düsseldorf, 1993 in Bonn-Annaberg). Ob diejenigen, die sich in Selm-Bork unter vorzüglicher Polizei- betreuung trafen, in der Lage sein werden, dieses Netz weiter zu knüpfen, das muss allerdings abgewartet werden. Es gibt bisher weder eine gemeinsame Basis der Zusammenarbeit (Satzung oder Verein), noch demokratisch strukturierte Regeln der Vernetzung und Beschlußfassung.

Wer repräsentiert hier eigentlich wen (und mit welchem Ziel)? Diese Frage musste allzu oft undiskutiert im Raum stehen bleiben. So blieb vorerst jeder bei seiner persönlichen Zielsetzung: für die einen ist das Deutsch-Lettische Partnerschaftsforum ein wenig Ersatz (Spielwiese?) für allzu zögerliche Bürgermeister innerhalb bestehender Gemeindepartnerschaften, für die anderen schlichtweg Mittel zur eigenen Öffentlichkeitsarbeit (mit Tendenz zum Zimmern an persönlichen "Denkmälern"). Und trotz jahrelanger Bekanntschaften sowohl unter den deutschen wie den lettischen Teilnehmern erscheint die beliebteste Form der gemeinsamen Beschlußfassung bisher noch die reine Akklamation zu sein: per bürgermeisterlicher Verkündung wurde das nächste (dann vierte) Deutsch-Lettische Partnerschaftsforum für Ende August 2010 im lettischen Salacgriva angekündigt.

Weitere Infos:
Eindrücke vom Deutsch-Lettischen Partnerschaftsforum in Selm-Bork 2009

Informationen des Deutsch-Lettischen Freundeskreises Willich

Partnerschaft der Kreise Gütersloh (D) und Valmiera (LV)

LAFP Selm

16. August 2009

Dombrovskis mit neuen Aufgaben: in Litauen!

Wer Lettland kennt und mag, wird hoffen, dass die groben Verwechslungen irgendwann ein Ende haben. Daher ist auch der Begriff "Baltikum" schon die Grundlage für eine falsche Annahme: Estland, Lettland und Litauen sind eben nicht so gleich und ähnlich, dass eine Vereinnahmung aller drei Staaten in einem Oberbegriff gerechtfertigt wäre. Und wer mit "Baltikum" sogar irgend etwas Ähnliches wie "ehemals deutsche Gebiete" gleichsetzen sollte, der liegt ja nicht nur falsch, sondern die aktive Verwendung solcher historisch falschen Prägungen könnte eher schon als böswillig bezeichnet werden.

Gut - labi. Aber die deutsche Presse hat sich doch gebessert in den letzten Jahren, oder? Zweifellos. Was die deutschsprachigen Medien offenbar dennoch nicht vor extremen Rückfällen schützt, die auch bei redaktionellen Leitungsfiguren oder verantwortlichen Redakteuren offenbar keine Irritation auslösen.

Jüngstes Beispiel (13.8.2009): die Deutsche Welle. Hier erschien unter dem Stichwort "Wirtschaft" im Bereich "aus der Mitte Europas". Dankenswerterweiser gleich unter Nennung der Verantwortlichen: Autor: Bernd Riegert, Redaktion: Julia Kuckelkorn. Überschrift: Europas Wirtschaft wächst noch nicht. Gut, könnte man jetzt denken, wer ganz Europa im Blick hat, kann kleine Länder schon mal übersehen. Jede Nicht-Nennung Lettlands hätte also kaum überrascht. Aber dem stehen vielleicht die augenblicklichen Wirtschaftsstatistiken entgegen, die ja für Lettland so "schön katastrophal" aussehen (zum gleichen Zeitpunkt berichtet z.B. die TAZ unter dem Stichwort "in Lettland gehen die Lichter aus"). Und da viele Journalisten die Hälfte ihrer Beiträge auf allgemeine Statistiken aufbauen, ohne die benannten Länder jemals selbst bereist zu haben, liegen hier (angesichts so schöner Statistiken) eilig geschriebene Zahlenspiele nahe.

So auch hier, zumindest in der Redaktion der Deutschen Welle. Zitat aus dem Beitrag: "In Litauen ist die Wirtschaft auch im zweiten Quartal stark eingebrochen: Der Rückgang der Wirtschaftsleitung betrug 12,6 Prozent. Die Ratingagentur Standard&Poors senkte den Indikator für Kreditwürdigkeit des Landes von BB+ auf BB. Der Ausblick bleibe negativ, ließ Standard&Poors mitteilen. Ein weiterer Schlag für den Finanz- und Bankensektor in dem baltischen Staat. Die Nachbarn Lettland (-1,6) und Estland (-3,7) kamen verglichen mit Litauen noch glimpflich davon. In Lettland droht allerdings eine Abwertung der Währung."

Soweit ok. Aber einen Satz weiter (also "im gleichen Atemzug", wie man so schön sagt), Zitat: "Litauens Ministerpräsident Valdis Dombrovskis äußerte sich dennoch optimistisch. Das Schlimmste sei überstanden. Litauen wird zurzeit durch Notkredite des Internationalen Währungsfonds und der EU massiv gestützt." Daneben ein Foto von Dombrovskis, Bildunterschrift: "Der neue Ministerpräsident Dombrovskis will Litauen aus der Krise führen." (Textfassung die am 13.8. so im Internet zu finden war)

Wie schön für Litauen. Vielleicht sollten wir den Autoren und Verantwortlichen mal ein Arbeitspraktikum in Lettland empfehlen, um mal litauische und lettische Perspektiven - abseits von Statistiken - kennenlernen zu können?