Wem das Warten aufs nächste große lettische Sängerfest zu lang wird, konnte sich dieses Jahr im Juli mit dem Folklorefest BALTICA 2006 in Lettland trösten. Eins haben beide lettische Kulturevents gemeinsam: eine Infoseite im Internet: Hier finden sich sowohl Fotos von der Veranstaltungen der BALTICA 2006, eine Liste der Teilnehmer/innen aus allen Landesteilen Lettlands, wie auch genauere Angaben zu den Veranstaltern. Allerdings sind im lettischsprachigen Teil erheblich mehr Infos zu finden - im englischsprachigen gibt es nur den Bereich "guests" (Gäste) - dafür aber auch schöne Fotos von allen hier aufgeführten Gruppen. Gäste aus Deutschland sind hier leider nicht vertreten.
Wer Lettland gern kennenlernen möchte, wird immer wieder auf die herausragenden Sängerfeste hingewiesen. Fans können schon jetzt die Wartezeit auf den Sommer 2008 mit Neuigkeiten aus dem Internet überbrücken. Leider nur in verkürzter Fassung in Englisch - allerdings auch schon mit einer detaillierten Liste aller einzelnen Feierlichkeiten im ganzen Land. Interessant auch der Bereich "History", der eine ausführliche Darstellung der Geschichte der lettischen Sängerfeste enthält (Englisch). Im lettischsprachigen Teil wird der Bereich "Konkursi" ergänzt, denn Chöre müssen sich natürlich für die Teilnahme erst noch bewerben! Für "Insider" interessant ist die Glückwunschliste (hier werden Jubilare beglückwünscht). Und für diejenigen, die selbst bei bekannten Chören anfragen möchten, ist vielleicht die Kontaktliste (Links) interessant.
Weitere Materialien sind leider nur in Lettisch hier zu finden. So zum Beispiel die gemeinsame Resolution Estlands, Lettlands und Litauens an die UNESCO, die Sängerfeste in die Liste des Weltkulturerbes aufzunehmen (18.2.2005).
31. Juli 2006
27. Juli 2006
Neue Einsichten, alte Ansichten
Eigentlich war ich auf der Suche nach Informationen über den unter Denkmalschutz stehenden Holzpavillon im Park Arkadija in Riga - der ist nämlich vor eingen Tagen ausgebrannt (TVNET, DIENA, Delfi.lv, NRA, Apollo.lv). Brandstiftung, mal wieder ein schönes Gebäude weniger in Riga. :-(
Abseits aller Prunkbauten auf der "guten Seite der Daugava", in der Rigaer Altstadt (die inzwischen von Banken und Edelrestaurants geradezu okkupiert ist). "Arkadija" liegt in "Pardaugava", also auf der anderen Seite des Flusses. "Arkadija" heißt der Park (gemäß den bekannten griechischen Mythen) seit 1910, und der bis vor kurzem noch bestehende Holzpavillon war zunächst Restaurant, dann beherberte er in der Sowjetzeit ein Kino. Jetzt gibt es Spekulationen, dass die zuständigen Behörden des Stadtrats und die mit ihnen oft "verquickten" neureichen Unternehmer schon lange darauf warteten, dass dieser Platz endlich "frei" wird für "lohnenswertere" Geschäfte ....
Weniger bekannt ist heute, dass es genau dieser Park war, wo sich zu den Glanzzeiten der lettischen Unabhängigkeitsbewegung die Demonstranten versammelten, wenn ihnen wieder mal von den Stadtoberen das Demonstrieren in der Altstadt verboten worden war. Slogans wie "Kein Ubahn-Bau in Riga!" oder Ähnliches hat der Park also vielfach gesehen. Und auch in der ersten "Nachwende"zeit hielt eine Initiativgruppe des lettischen Umweltverbands "Vides Aizsardzibas Klubs" (VAK) Haus und Park in Ordnung: zunächst waren es Austellungen von in Sojwetzeiten "unerwünschter" Malerei, dann Seminare zur Umwelterziehung, und schließlich auch Kulturfestivals wie Maskenball, Kinderfeste und Theater zum Selbermachen.
Aber der Stadtrat - das Gelände ist in staatlichem Besitz - weigerte sich jahrelang standhaft, das Gelände zu "privatisieren", also entweder zur privaten Nutzung per vertraglicher Regelung langfristig freizugeben, oder zu verkaufen. Ende der 90er Jahre gaben die Bürgerinitiativen schließlich auf ... - das private Leben war inzwischen für sie auch zu teuer geworden, um sich mit dieser Arbeit, ohne Aussicht auf realistische Angebote des Stadtrats - rein ehrenamtlich herumzuschlagen. Als auch die deutsche Heinrich-Böll-Stiftung, die zwischenzeitlich Seminare und einige Umbauarbeiten gefördert hatte, die Zusammenarbeit einstellte, war es mit dem bürgerschaftlichen Elan vorbei. Das Gebäude verfiel immer mehr.
Nun ist es also abgebrannt. Schon vor Jahren war eine kleine in der Nähe liegende Bühne niedergebrannt (als "Brandstifter" werden in den lokalen Medien meist "herumlungernde" Obdachlose vermutet). Anfang des Jahres brannte es in einem Anbau des Pavillons. Und nun also das Gebäude selbst. Was bleibt zu sagen?
Wie gesagt, "eigentlich" war ich auf der Suche nach Informationen dazu. Dann geriet ich auf eine Seite der lettischen Nationalbibliothek, die zunächst einen Ausblick von den ehemaligen Dünen des Arkadija-Parks auf die Rigaer Stadtsilhouette zeigt. Was aber hier sonst noch alles versammelt ist! Ein Klick nach Links oder Rechts, und schon wandern wir durchs alte Riga vor beinahe 100 Jahren!
Wollten Sie schon immer mal wissen, wie der Rigaer Pulverturm vor dem Umbau (der in den 30er Jahren vorgenommen wurde) aussah?
Oder wussten Sie schon, dass die großen Sängerfeste früher direkt im Stadtzentrum, auf einem großen Pletz (etwa dort, wo heute das Janis-Rainis-Denkmal in einem Park steht) veranstaltet wurden? Oder Sie möchten sich mal eine dramatische Darstellung des ehemaligen "Deutschen Theaters" (heute Rigaer Oper) ansehen?
Dank der Lettischen Nationalbibliothek - die ja momentan sich auf einen Bilbliotheks-Neubau an der Daugava vorbereitet - müssen Sie für solche Einblicke kein Sammler alter Postkarten sein!
Dank diesem schönen Projekt können wir uns ganz leicht einmal das Wohnhaus von Richard Wagner (so wie es vor 100 Jahren aussah) ansehen, oder auch das ehemals an der Stelle des heutigen Unabhängigkeitsdenkmals befindliche Reiterstandbild Peters des Großen (vor dem 1.Weltkrieg).
Auch Sozialgeschichtliches können wir durch bloße Ansicht dieser alten Postkarten dazulernen. Etwa vom "Tag der weißen Blumen", wenn hübsch geschmückte Wagen durch die Straßen fahren, um an diesem Tag für Spenden zugunsten Tuberkulosekranker zu werben.
Aber neue Einsichten aus alten Ansichten - können wir darauf hoffen? Werden die Rigaer Stadtväter jetzt - nach jahrelang gezeigtem Desinteresse - jetzt doch Sponsoren finden für einen Wiederaufbau des schönen Holzpavillons im Arkadija-Park? Oder werden wir in dieser bisher so erholsamen und unaufgeregten Ecke Rigas in Kürze eher ein teures Luxusrestaurant, oder gar einen kommerzorientierten Vergnügungspark wiederfinden?
Abseits aller Prunkbauten auf der "guten Seite der Daugava", in der Rigaer Altstadt (die inzwischen von Banken und Edelrestaurants geradezu okkupiert ist). "Arkadija" liegt in "Pardaugava", also auf der anderen Seite des Flusses. "Arkadija" heißt der Park (gemäß den bekannten griechischen Mythen) seit 1910, und der bis vor kurzem noch bestehende Holzpavillon war zunächst Restaurant, dann beherberte er in der Sowjetzeit ein Kino. Jetzt gibt es Spekulationen, dass die zuständigen Behörden des Stadtrats und die mit ihnen oft "verquickten" neureichen Unternehmer schon lange darauf warteten, dass dieser Platz endlich "frei" wird für "lohnenswertere" Geschäfte ....
Weniger bekannt ist heute, dass es genau dieser Park war, wo sich zu den Glanzzeiten der lettischen Unabhängigkeitsbewegung die Demonstranten versammelten, wenn ihnen wieder mal von den Stadtoberen das Demonstrieren in der Altstadt verboten worden war. Slogans wie "Kein Ubahn-Bau in Riga!" oder Ähnliches hat der Park also vielfach gesehen. Und auch in der ersten "Nachwende"zeit hielt eine Initiativgruppe des lettischen Umweltverbands "Vides Aizsardzibas Klubs" (VAK) Haus und Park in Ordnung: zunächst waren es Austellungen von in Sojwetzeiten "unerwünschter" Malerei, dann Seminare zur Umwelterziehung, und schließlich auch Kulturfestivals wie Maskenball, Kinderfeste und Theater zum Selbermachen.
Aber der Stadtrat - das Gelände ist in staatlichem Besitz - weigerte sich jahrelang standhaft, das Gelände zu "privatisieren", also entweder zur privaten Nutzung per vertraglicher Regelung langfristig freizugeben, oder zu verkaufen. Ende der 90er Jahre gaben die Bürgerinitiativen schließlich auf ... - das private Leben war inzwischen für sie auch zu teuer geworden, um sich mit dieser Arbeit, ohne Aussicht auf realistische Angebote des Stadtrats - rein ehrenamtlich herumzuschlagen. Als auch die deutsche Heinrich-Böll-Stiftung, die zwischenzeitlich Seminare und einige Umbauarbeiten gefördert hatte, die Zusammenarbeit einstellte, war es mit dem bürgerschaftlichen Elan vorbei. Das Gebäude verfiel immer mehr.
Nun ist es also abgebrannt. Schon vor Jahren war eine kleine in der Nähe liegende Bühne niedergebrannt (als "Brandstifter" werden in den lokalen Medien meist "herumlungernde" Obdachlose vermutet). Anfang des Jahres brannte es in einem Anbau des Pavillons. Und nun also das Gebäude selbst. Was bleibt zu sagen?
Wie gesagt, "eigentlich" war ich auf der Suche nach Informationen dazu. Dann geriet ich auf eine Seite der lettischen Nationalbibliothek, die zunächst einen Ausblick von den ehemaligen Dünen des Arkadija-Parks auf die Rigaer Stadtsilhouette zeigt. Was aber hier sonst noch alles versammelt ist! Ein Klick nach Links oder Rechts, und schon wandern wir durchs alte Riga vor beinahe 100 Jahren!
Wollten Sie schon immer mal wissen, wie der Rigaer Pulverturm vor dem Umbau (der in den 30er Jahren vorgenommen wurde) aussah?
Oder wussten Sie schon, dass die großen Sängerfeste früher direkt im Stadtzentrum, auf einem großen Pletz (etwa dort, wo heute das Janis-Rainis-Denkmal in einem Park steht) veranstaltet wurden? Oder Sie möchten sich mal eine dramatische Darstellung des ehemaligen "Deutschen Theaters" (heute Rigaer Oper) ansehen?
Dank der Lettischen Nationalbibliothek - die ja momentan sich auf einen Bilbliotheks-Neubau an der Daugava vorbereitet - müssen Sie für solche Einblicke kein Sammler alter Postkarten sein!
Dank diesem schönen Projekt können wir uns ganz leicht einmal das Wohnhaus von Richard Wagner (so wie es vor 100 Jahren aussah) ansehen, oder auch das ehemals an der Stelle des heutigen Unabhängigkeitsdenkmals befindliche Reiterstandbild Peters des Großen (vor dem 1.Weltkrieg).
Auch Sozialgeschichtliches können wir durch bloße Ansicht dieser alten Postkarten dazulernen. Etwa vom "Tag der weißen Blumen", wenn hübsch geschmückte Wagen durch die Straßen fahren, um an diesem Tag für Spenden zugunsten Tuberkulosekranker zu werben.
Aber neue Einsichten aus alten Ansichten - können wir darauf hoffen? Werden die Rigaer Stadtväter jetzt - nach jahrelang gezeigtem Desinteresse - jetzt doch Sponsoren finden für einen Wiederaufbau des schönen Holzpavillons im Arkadija-Park? Oder werden wir in dieser bisher so erholsamen und unaufgeregten Ecke Rigas in Kürze eher ein teures Luxusrestaurant, oder gar einen kommerzorientierten Vergnügungspark wiederfinden?
24. Juli 2006
Ungewollte Attraktionen - Tumulte um Schwule und Lesben in Riga
Schon im Juli 2005 hatte das Stichwort "Rigas Praids" für erhebliche Turbulenzen in der lettischen Hauptstadt Riga gesorgt. Auch 2006 scheint das Thema wieder einerseits zum willkommenen Instrument rechtskonservativer lettischer Parteien im Wahlkampf zu werden, und andererseits zur Bühne der europäischen Schwulen- und Lesbenbewegung.
Worum geht es?
Mit-Initiatoren der ersten öffentlichen Demonstration der Schwulen- und Lesbenbewegung in Riga waren 2005 schwedische Veranstaltungspartner eines gleichnamigen Events gewesen ("Stockholm-Pride"). Schon damals waren nicht etwa Hunderte lettischer Schwulen und Lesben zu erwarten, die sich nun plötzlich auf den Straßen der Rigaer Altstadt "outen", sondern in erster Linie war es ein europaweiter Aufruf an Gleichgesinnte, die Gelegenheit zu nutzen um ihre Präsenz in Osteuropa zu demonstrieren - schließlich werden ähnliche Vorhaben von Behörden anderer osteuropäischer Länder regelmäßig untersagt, oder enden (wie im Mai 2006 in Moskau) regelmäßig gewalttätig - inklusive der polizeilichen Ankündigung, dass Demonstrationsteilnehmer/innen mit solcher Gewaltreaktion "rechnen" müssten und jeglichen Schutz ablehnen.
Offenbar gibt es genug lettische Lokalpolitiker, die "Rigas Praids", dieses angeblich der "lettischen Mentalität" so fremde Ereignis angesichts der hohen Prozentzahl von nur für diesen Zweck aus dem Ausland eingereister Demonstranten für eigene Zwecke instumentalisieren wollen - während weitsichtigere Amtsinhaber wie Staatspräsidentin Vīķe-Freiberga oder Aussenminister Pabriks sich von solchem durchsichtigen Populismus zu distanzieren wissen und sich für eine tolerante Praxis der Meinungs- und Demonstrationsfreiheit aussprechen.
Worum geht es?
Mit-Initiatoren der ersten öffentlichen Demonstration der Schwulen- und Lesbenbewegung in Riga waren 2005 schwedische Veranstaltungspartner eines gleichnamigen Events gewesen ("Stockholm-Pride"). Schon damals waren nicht etwa Hunderte lettischer Schwulen und Lesben zu erwarten, die sich nun plötzlich auf den Straßen der Rigaer Altstadt "outen", sondern in erster Linie war es ein europaweiter Aufruf an Gleichgesinnte, die Gelegenheit zu nutzen um ihre Präsenz in Osteuropa zu demonstrieren - schließlich werden ähnliche Vorhaben von Behörden anderer osteuropäischer Länder regelmäßig untersagt, oder enden (wie im Mai 2006 in Moskau) regelmäßig gewalttätig - inklusive der polizeilichen Ankündigung, dass Demonstrationsteilnehmer/innen mit solcher Gewaltreaktion "rechnen" müssten und jeglichen Schutz ablehnen.
Offenbar gibt es genug lettische Lokalpolitiker, die "Rigas Praids", dieses angeblich der "lettischen Mentalität" so fremde Ereignis angesichts der hohen Prozentzahl von nur für diesen Zweck aus dem Ausland eingereister Demonstranten für eigene Zwecke instumentalisieren wollen - während weitsichtigere Amtsinhaber wie Staatspräsidentin Vīķe-Freiberga oder Aussenminister Pabriks sich von solchem durchsichtigen Populismus zu distanzieren wissen und sich für eine tolerante Praxis der Meinungs- und Demonstrationsfreiheit aussprechen.