10. März 2021

Es fährt ein Zug, nicht mehr irgendwo ...

Sehr, sehr lange hat es gedauert mit der Idee, auch die Bahnverbindungen im Gebiet der baltischen Staaten zu modernisieren. So bekräftigte der damalige Bundeskanzler Schröder ("Makler Schröder" nannte ihn damals der "Spiegel") im Dezember 2003 bei einem Besuch in Lettland die Unterstützung Deutschlands für das RAIL BALTICA Projekt - tatsächlich gebaut wurden ja in der Zwischenzeit, mit maßgeblicher Mitwirkung Schröders, zwei russisch-deutsche-Öl-Pipelines unter Umgehung Lettlands. Eine moderne, schnelle Bahnverbindung dagegen gibt es immer noch nicht. 

Vielleicht haben einige damals auch noch von der Wiederauferstehung einer Strecke Danzig-Königsberg-Tilsit-Riga geträumt. 2003 schienen die Zukunftsaussichten noch ganz andere zu sein: so wie Kanzler Schröder eben auch einen eventuell möglichen NATO-Beitritt der baltischen Staaten noch mit keinem Wort erwähnte. Wer aber damals unter denjenigen war, die als Bahnkunden auf dem Weg von Berlin nach Riga ein weißrussisches Visa erwerben mussten, weil die Bahnstrecke ganze 50km über weißrussisches Gebiet führte - der konnte sich einfachere Varianten sehr gut vorstellen.

Umbaupläne am Flughafen Riga
Nun aber soll das Stadium des Baus der "Rail-Baltica"-Verbindung tatsächlich erreicht sein. Auf dem Gebiet Lettlands sind insgesamt 19 Haltestellen geplant, so ist es in der lettischen Presse nachzulesen: sieben innerhalb der Stadt Riga, und zwölf an anderen Orten (Neatkariga). Die größten Bahnhöfe wird es in Salacgrīva, Torņakalns, Imanta un Bauska geben. Die ersten Züge sollen dann 2026 fahren, zunächst im 2-Stunden-Takt. 

Warum hat es so lange gedauert? Eine Studie aus dem Jahr benennt als Hindernisse die notwendige grenzüberschreitende Zulassung von Schienenfahrzeugen, unterschiedliche Finanzierungssysteme des Personenverkehrs, Verschlechterung der Kommunikation bei der Fahrplankoordinierung und ein Auseinanderbrechen des internationalen Tarifsystems (siehe Studie Murach / Roß). 

"Rail-Baltica" soll zukünftig auch an das Projekt "EU-Spirit" angbunden werden, ein europaweites Auskunftsystem für Reiseverbindungen. Ziel ist es, jeder Kundin und jedem Kunden eine "von-Tür-zu-Tür"-Auskunft in der eigenen Muttersprache geben zu können.

Ein wichtiger Schritt war kürzlich die Zusage für die "Swietelsky AG" aus Österreich, die Anlage am Flughafen Riga gemeinsam mit den beiden lettischen Firmen SIA BINDERS und AS LNK bauen zu dürfen - ein Auftragsvolumen von rund 240 Millionen Euro (siehe Präsentation). 

Die Baufirmen bemühen sich dabei, ihre Planungen im besten Licht erscheinen zu lassen: so soll die gesamte Anlage rund um den neu zu gestalteten Rigaer Hauptbahnhof in Abstimmung mit "Apeirons", einer Initiative die sich für Menschen mit Behinderungen einsetzt, gestaltet werden (edzl). Insgesamt werden neun verschiedene Vereine, darunter auch Nachbarschaftsinitiativen einzelner Stadtteile, als Kooperationspartner genannt. Insgesamt sind es sehr viele Einzelprojekte, die Änderungen im Stadtbild Rigas bringen werden. Am Flughafen wird ein privat betriebenes Flugmuseum umziehen müssen, und am Hauptbahnhof wird auch ein alter Atombunker aus dem Jahr 1958 beseitigt werden, der sich unmittelbar an den Bahnanlagen befindet (LTV  / Jauns.lv). Darüber hinaus müssen auch viele Bahnübergänge neu gestaltet oder auf eine andere Ebene verlegt werden, und die Naturliebhaber/innen fürchten um den Erhalt von Rigas Parkflächen. Und nebenbei ist es nicht einmal die einzige Bahnstrecke, die in Riga neu gebaut wird: auch eine Regionalbahn nach Bolderāja soll in den kommenden Jahren wieder eröffnet werden - diese Strecke war 1959 für den Passagierverkehr eingestellt worden. 

Die Gesamtkosten des Rail-Baltica-Projekts werden auf 5,8 Milliarden Euro geschätzt.