18. Februar 2023

Es windet sich

Die Journalistin Jana Altenberga wagt sich für die Zeitschrift "IR" an eine Zwischenbilanz der Windenergie in Lettland. Bisher wurden Windparks mit einer Kapazität von 136 MW installiert, schreibt sie - das ist fast fünfmal weniger als in Litauen (671 MW) und nur halb soviel wie in Estland (320 MW). Im Jahr 2021 wurde nur 2,5 % der gesamten Strommenge durch Windkraft erzeugt. 

Dass Windenergie nun auch in Lettland stärker in den Fokus gerückt wird, liegt an den erhöhten Energiekosten, meint Toms Nāburgs, Vorsitzender der lettischen Windenergieverbands. "Durch die technologische Entwicklung und den Anstieg der Strompreise ist eine Förderung von Strom aus Windenergie nicht mehr erforderlich - die Kosten von rund 40 Euro pro Megawattstunde können endlich mit den Marktpreisen konkurrieren. Aber bisher sind auch unsere Staatsoberhäupter zu diesem Thema noch nicht über ein paar schöne Reden hinausgekommen."

Dem Bericht von Altberga zufolge plant der private Netzbetreiber "Augstsprieguma Tīkls AS" Projekte von insgesamt 6.287 MW, davon 1346 MW für Windenergie. Offenbar ist der für Solarenergie vorgesehene Anteil deshalb größer, weil bei Windenergieanlagen die Umweltverträglichkeitsprüfung in Lettland wesentlich umfangreicher ist. Zudem gab es bisher einige Beschränkungen und Verbote, die die verfügbaren Flächen für den Bau von Windparks erheblich einschränken. So durften zum Beispiel Anlagen von mehr als 2 MW nicht näher als 800 Meter von Wohngebäuden und öffentlichen Gebäuden entfernt sein. 

Auch ein neues Unternehmen, die "lettische Windpark GmbH" (“Latvijas vēja parki”), gemeinsam gegründet am 22. Juli 2022 von der Verwaltung der lettischen Staatswälder (Latvijas valsts meži) und dem lettischen staatlichen Energieversorger "Latvenergo" deutet wohl darauf hin, dass in Zukunft auch in Gebieten mit Staatswald gebaut werden soll. Bis 2030 sollen so Anlagen von 800 MW entstehen. Das hat zur Folge, dass offenbar eine Diskussion darüber begonnen hat, "welchen Investoren der Wald zuerst geöffnet wird" - naturfreundlich klingt anders. Raimonds Čudars, gerade frisch im Amt als "Minister für Energie und Klima", scheint vor allem Wert auf gleiche Wettbewerbschancen der verschiedenen Firmen zu legen. 

Ilvija Boreiko, Vorstandschefin bei "Latvijas vēja parki", gibt sich gut vorbereitet: "Wir führen zur Zeit verschiedene ökologische Studien durch, ornothologisch, zu Fledermäusen und anderen Tier- und Pflanzenarten, damit durch Windparks möglichst die biologische Vielfalt nicht beeinträchtigt wird." Diese Studien seien nicht auf Kurland und die Küste nördlich von Riga beschränkt. "Es geht uns nicht darum, wo die stärksten Winde wehen, sondern uns interessiert der Wind in 200-300m Höhe; darauf bezogen ist das Potential in ganz Lettland etwa gleich. Ich denke, wir können bis zu 120 Windturbinen produzieren." Die ersten fertigen Anlagen sollen demnach 2026 in Betrieb gehen. (latvenergo) Dem gestiegenen Interesse entspricht auch, dass Lettland im April 2023 Gastgeber der "WindWorks" sein wird, der bisher größten Zusammenkunft von Expertinnen und Expertinnen der Windenergie in den baltischen Staaten. 

Für den Bau von Windenergieanlagen auf See (offshore) sieht sich Lettland allerdings derzeit noch nicht vorbereitet. Bisher gibt es nur ein einziges Projekt von "Elwind", einem estnisch-lettischen Joint-Venture. Weitere ähnliche Projektanträge wurden vom zuständigen Ministerium bisher abgelehnt. Minister Čudars erklärt das mit noch fehlenden entsprechenden Verordnungen, nach welchen Regeln solche Küstengebiete für Windenergieanlagen freigegeben werden könnten. Das Ministerium arbeite daran. (IR)

1. Februar 2023

Neu vereinigt in Riga: Team Stadtplanung

17 Jahre verbrachte Architekt Pēteris Ratas außerhalb seines Heimatlandes: er war Teilhaber eines Büros in New York, und arbeitete auch an Projekten in den chinesischen Städten Shenzhen und Schanghai. Zuvor hatte er an der Technischen Universität Riga und dann am Technologischen Institut in New Yersey in den USA studiert. Nun wird er "Rigas Dirigent" - der Stadtarchitekt.

Drei Kandidaten und eine Kandidatin hatten sich um das Amt in einer offenen Ausschreibung beworben: Agate Eniņa, die mit einer Arbeit über die Architektur künsterischer Gebäude an der Rigaer Technischen Universität (RTU) ihren Doktorgrad verliehen bekommen hatte (Mākslu ēku arhitektūra Latvijā”), Ingurds Lazdiņš, Architekturdozent an der RTU, und Uldis Sedlovs, der außer der Arbeit für viele verschiedene Architekturbüros auch einen Magisterabschluss im Fach Philosophie vorweisen kann. (a4d.lv)

Der Ausschreibung vorausgegangen waren Beschlüsse des Stadtrats Riga, die Arbeit der Rigaer Stadtentwicklung neu zu organisieren. Wo früher Baubehörde, Stadtentwicklung und Stadtarchitekt getrennt voneinander arbeiteten, so sollen sie dies in Zukunft gemeinsam unter dem Dach der Stadtentwicklungsabteilung tun. Die Änderungen sollen die Entwicklungs- und Bauprozesse der Stadt effektiver verwalten und kontrollieren, die zuvor in drei separaten Institutionen überwacht und diskutiert wurden, was häufig zu Widersprüchen führte und die Prozesse verlangsamte, und vielleicht auch die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit von Riga im Kontext der größeren Region verringerte. (a4d.lv)

Bereits seit einem Jahr gibt es in Riga mit Evelīna Ozola auch eine "Hauptdesignerin", ein ganz neu geschaffenes Amt. Auch Ozola ist ausgebildete Architektin, hat aber ihr Studium im Fach "Urban Design" an der TU Delft in den Niederlanden fortgesetzt. Sie beschreibt ihre Aufgaben im Interview mit dem lettischen Radio so: "Meine direkteste und klarste Aufgabe ist es, bei der Auswahl der am besten geeigneten Landschaftsgestaltungselemente zu helfen. Vereinfacht gesagt sind dies verschiedene Bänke, Mülleimer, Fahrradständer und auch Zäune." Aber auch die Umgestaltung des Stadtraums im Zuge des "Rail Baltica"-Projekts sei eine aktuelle Aufgabe. (lsm)

Als weiteres Teammitglied bei der Rigaer Stadtentwicklung gibt es auch eine "Haupt-Landschaftsplanerin" (deutsch würden wir vielleicht sagen "leitende Landschaftsplanerin"). Das ist Indra Purs, ebenfalls mit Grundausbildung in Architektur. (rdpad.lv

Das, was heute im Stadtentwicklungsbüro zusammengeführt werden soll, wurde 2009 bewusst getrennt - als eine der Konsequenzen aus einem Korruptionsskandal, in den damals der Direktor der Stadtentwicklungsabteilung Vilnis Štrams zusammen mit vier weiteren Beamten verwickelt war. Er hatte Bestechungsgelder in Höhe von mehreren Hunderttausend Euro von Firmen im Zusammenhang mit der Umsetzung von Bauplänen gefordert - und auch bekommen. Unter Verdacht standen damals auch mehrere Politiker, unter anderem der Ex-Bürgermeister Gundārs Bojārs; deren Verfahren wurden aber sämtlich aus Mangel an Beweisen eingestellt. (IR / delna)