26. August 2010
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25. August 2010
Vaira Vīķe-Freiberga als Wirtschaftsexpertin
Die während des Krieges über Deutschland ins kanadische Exil geflohene spätere Präsidentin Lettlands hatte sich in ihren Amtsjahren im Inland großer Belebiebtheit erfreut und war auch im Ausland angesehen. Sie brachte es bis zur Kandidatin für das UNO-Generalsekretariat und die Präsidentschaft des EU-Rates. Immer wieder wurde über neuerliche innenpolitische Ambitionen gemunkelt. Doch die 1937 geborene ehemalige Professorin für Psychologie verweigerte sich dem, was sich wohl mancher in Lettland gewünscht hätte.
Angesichts der großen Schwierigkeiten der Eurozone seien viele Länder derzeit gar nicht unglücklich, daß sie der Europäischen Währungsunion nicht angehörten. Sie beglückwünsche die Esten für ihre Erfolge einschließlich der bevorstehenden Einführung des Euro, doch daheim sagten viele „Thanks God“, daß Lettland die Maastricht-Kriterien nicht erfüllt habe. In ihrem Referat wiederum erwähnte sie, daß sie während ihrer Amtszeit eine ähnlich vorsichtige Politik in Lettland angemahnt habe wie in Estland.
Kommentar: Währungspolitik ist ein Thema, das gewiß neben 50% Weisheiten der Wirtschaftswissenschaften ebenso 50% aus der Psychologie enthält. Neben ökonomischen Daten ist Vertrauen wichtig. Oft genug ist erwähnt worden, wie problematisch eine gemeinsame Währung für eine Gruppe von Staaten ist, die keine gemeinsame Wirtschafts- und Sozialpolitik betreiben. Neben Griechenland stecken auch die anderen sogenannten PIIGs-Staaten in Schwierigkeiten. Dennoch handelt es sich bei Griechenland und eine sehr kleine Volkswirtschaft. Zum Vergleich: In den USA, die ebenfalls nur eine Währung haben, ist das unvergleichlich wichtigere Kalifornien quasi pleite.
Folglich hätte die Ablehnung der Aufnahme eines Landes in die Währungsunion, welches die Maastricht-Kriterien im Gegenteil zu vielen bereits in der Zone befindlichen Staaten die Kriterien ad absurdum geführt. Darüber hinaus ist es fraglich, wer in der Welt in eine Währung Vertrauen entwickeln soll, deren ausgebende Nationen ihr offensichtlich selbst nicht vertrauen.
Daß die Einführung des Euros in Estland nicht nur erfreuliche Folgen für die Durschschnittsbevölkerung zeitigen wird, mag zutreffen. Aus den Worten der lettischen Ex-Präsidentin hingegen spricht offenbar auch Neid. Jene Politik, die über Jahre hinweg in Tallinn mit dem Ziel des Eurobeitritt betrieben wurde, hält sie für richtig, den Beitritt jedoch für falsch. Wer also jahrelang auf etwas spart, daß er sich lange gewünscht hat, soll es nicht kaufen, wenn er es sich leisten kann?
15. August 2010
Sommernachrichten - heiß oder zu heiß?
Angesichts vieler Arbeitssuchender kommt lettischen Kommentatoren merkwürdig vor, dass ausgerechnet beim Bau der neuen lettischen Nationalbibliothek - einem nationalen Prestigeprojekt - vermehrt Arbeiter aus anderen Ländern eingesetzt werden. "Wo ist der versprochende Patriotismus geblieben, dass dieses stolze Objekt die Letten selbst bauen sollen?" fragt der Kommentator der "Latvijas Avize". Drei lettische Baufirmen sind hier mit der Durchführung beauftragt ("RBSSKALS", "Skonto būve", "Re & Re"). Ein Sprecher der Baufirmen sagte dazu, dass Arbeiter aus vielen Staaten am Bau beteiligt seien, darunter Italiener, Spanier und Bulgaren, die besonders als Spezialisten für die Betonierungsarbeiten benötigt würden. Da gleichzeitig viele lettische Bauspezialisten gut bezahlte Arbeit in anderen Ländern suchten, sei der Bedarf hier entstanden.
Näheres ist in der Wirtschaftszeitung DIENAS BIZNESS nachzulesen: die in der lettischen Bauwirtschaft herrschende Personalnot sei teilweise durch Bankrott lettischer Firmen sowie durch Baustopp und Finanzmangel bei vielen Projekte verursacht. "Nun müssen wir Wege suchen, unsere Facharbeiter wieder zurückzuholen," sagt Māris Saukāns vom Verband der lettischen Bauunternehmen.
Fliegen und Geld verdienen
Mehrfach in den Schlagzeilen war die lettische Fluggesellschaft "Air Baltic" in der vergangenen Woche. Einerseits deshalb, da bei den lettischen Wettbewerbswächtern Protest eingelegt wurde gegen ein immer noch geltendes "Sonderabkommen" des lettischen Staates mit dem Billigflieger "Ryanair". Ein Sprecher des Flughafen Riga erläuterte dazu in der lettischen Presse (Apollo /LETA), 2004 sei ein Abkommen mit dem irischen Billigflieger geschlossen worden, das 2007 durch ein vertrauliches Protokoll ergänzt worden sei. Diese Verträge, die bis 2014 laufen, könne der Flughafen Riga nicht ändern. Gegenwärtig zahle AIR BALTIC etwa doppelt so viel an Gebühren pro abgefertigten Passagier als RYANAIR.
Eine andere Schlagzeile war diese Woche, dass die Namensrechte für die Marke "AIR BALTIC", zusammen mit einigen damit zusammenhängenden weiteren Firmen, Dienstleistungsgesellschaften und Infoportalen, im Dezember 2009 von "Baltic Aviation Systems" (BAS) aufgekauft wurden - also nicht mehr dem lettischen Staat gehören. BAS besitzt einen Anteil von 47,2% der Anteile an AIR BALTIC, beschäftigt mehr als 1200 Angestellte und hat 31 Flugzeuge im Einsatz. Berthold Flick, ehemals als Wirtschaftsberater nach Lettland gekommen und heutiger Geschäftsführer bei AIR BALTIC, ist mit seiner gegenwärtigen Pressepräsenz vielleicht der in Lettland momentan bekannteste Deutsche. Aber von illegalem Handeln war in dieser Sache nicht die Rede - eher von flexiblen Maßnahmen zur Überwindung der Wirtschaftskrise. So erzeugt allein die Feststellung, dass eine vermeintlich "nationale" Marke sich nicht in lettischen Händen befindet, für etwas sommerliche Aufregung.
Vierzigtausend auf Pilgerfahrt
Tausende Menschen zieht es jedes Jahr zum 15.August (Mariä Himmelfahrt) nach Aglona in Lettlands Osten. 40.000 sollen es dieses Jahr gewesen sein, und ihnen wurde vor allem empfohlen viel zu trinken und schattige Orte aufzusuchen - auch hier waren Temperaturen über 30 Grad Hauptgesprächsthema. Weitere Besonderheiten: es gab auch eine Messe auf Latgalisch, und das neue Oberhaupt der katholischen Kirche in Lettland, Zbigņevs Stankevičs, dessen Amtseinführung als Nachfolger von Kardinal Jānis Pujats unmittelbar bevorsteht.
6. August 2010
13 Wahllisten zur Parlamentswahl im Oktober
Von den 13 Listen sind sieben Listen von einzelnen Parteien aufgestellt, der Rest sind Vereinigungen verschiedener Parteien. Den Anstoss zur Tendenz, sich gemeinsam zur Wahl zu stellen, gaben vielleicht die Wahlergebnisse der Kommunalwahl in Lettland 2009: zum wiederholten Male war das lettische Parteienspektrum derart zersplittert, dass teilweise nur wenige Parteien die Hürden (die zumeist bei 5% liegen) für den Sprung in in die Ortsparlamente schafften - am auffälligsten war dieser Effekt im Stadtrat Riga; dort sind nun nur noch 4 Parteien im Stadtrat vertreten und die Partei "Saskaņas centrs" (Deutsch meist übersetzt mit "Harmonie-Zentrum oder "Zentrum des Ausgleichs") konnte mit einem Ergebnis von 34,29% der Stimmen 26 von 60 Stadtratssitze übernehmen (also im Verhältnis etwa 43% der Sitze) und den einflußreichen Posten des Rigaer Bürgermeisters dazu.
Dieser Art "Harmonie" hätten andere Interessenvereinigungen wohl auch gern: daher ist abzuwarten, wie lange die verschiedenen Zusammenschlüsse nach den Wahlen halten werden.
1. PCTVL (für Menschenrechte in einem einigen Lettland)
2. Vienotība (Einigkeit)
3. Ražots Latvijā (erzeugt in Lettland)
4. Saskaņas centrs ("Harmonie-Zentrum")
5. Tautas kontrole (Volkskontrolle)
6. Zaļo un Zemnieku savienība (Vereinigung der Grünen und Bauern)
7. Par prezidentālu republiku (für eine präsidentiale Republik)
8. Par labu Latviju (zum Guten Lettlands)
9. Atbildība (Verantwortung)
10. Daugava – Latvijai (Daugava - für Lettland)
11. Pēdējā partija (Letzte Partei)
12. Visu Latvijai! - TB/LNNK (Alles für Lettland! + Vaterlands-undFreiheitspartei)
13. Kristīgi demokrātiskā savienība (Christlich demokratische Vereinigung)
Mehr Infos: Lettisch / Englisch