18. Februar 2020

Lettische Butter aus Deutschland?

Auch Lettinnen und Letten sind stolz auf ihre regional erzeugten Produkte: Honig aus Saldus, Sprotten aus Salacgriva, Kartoffelchips aus Ādaži. Bei vielen Produkten ist die Definition nicht so einfach: Die Frühstücksmarmelade kommt manchmal aus Pūre, enthält aber weit mehr als nur Früchte aus Lettland.

Nun entdeckte ein Team des lettischen Fernsehens Butter der lettischen Marke "Trikāta" - ein Markenname, der ziemlich "urlettisch" klingt, da der Ort schon in der "Livländischen Chronik" als Stammsitz des legendären Latgalenhäuptlings Tālivaldis bezeichnet wurde. Sicherlich setzte einst auch der Hersteller der "Trikāta"-Butter auf diesen "ur-lettischen" Ruf dieser Bezeichnung. Doch nun schaute das Fernsehteam mal genau hin, und staunte: lettische Butter, hergestellt in Deutschland? Da entsteht unwillkürlich die Frage: wird hier Milch aus Lettland nach Deutschland transportiert, um dann zurück als Butter auf dem lettischen Markt zum Verkauf angeboten zu werden?

Am Anfang stand die “Trikata GmbH” (Trikata SIA), eine Molkerei gibt es in dem kleinen Ort seit dem Jahr 1896. Nach der Wirtschaftskrise vor 10 Jahren gelangte der kleine Betrieb jedoch in den Besitz von "Latvijas Piens"; die Produktion wurde nach Jelgava verlagert, dem Hauptsitz des Unternehmens. 2013 wurde die Molkerei in Trikata geschlossen.
2017 feierte der Markennamen “Trikātas piens” aber Auferstehung: die Brüder Rolands und Kaspars Putniņš übernahmen die Initiative, nachdem sie die Überreste der alten Firma in einer öffentlichen Versteigerung erworben hatten (Dienas bizness).
Sie entwickelten eine neue Produktreihe: nun wird auch Biomilch produziert, verbunden mit dem Versprechen: "100% Milch aus Vidzeme".

Seitdem existieren aber auch zwei beinahe identische Marken nebeneinander: "Trikātas pienotava", als Familienunternehmen der Brüder Putniņš, mit insgesamt sechs Angestellten, und "Trikata" als Marke im Besitz von "Latvijas piens". - "Als wir zur Bank gingen um einen Kredit zu beantragen, stießen wir zunächst auf Unverständnis," erzählte Rolands Putniņš der lettischen Regionalpresse (valmieraszinas). "Es war ja Käse der Marke 'Trikātā' bereits in den Supermärkten zu finden. Und auch heute müssen wir uns noch bemühen, den Kunden die Unterschiede zwischen beiden Firmen zu erklären."

Was in Deutschland wohl längst in einem Streit vor Gericht geendet hätte, scheint in diesem Punkt in Lettland normal. Vanda Davidanova, Präsidentin des lettischen "Käseclubs" (Siera clubs), drückt es poetischer aus: "Trikāta war eine heiß umworbene Braut" (lsm).

Auch bei "Latvijas Piens" gab es 2017 große Veränderungen, nachdem die Firma im Jahr zuvor kurz vor dem Bankrott gestanden hatte. Das deutsche Unternehmen  "Fude + Serrahn Milchprodukte" - vielmehr dessen Tochtergesellschaft "Eximo Agro-Marketing" mit Sitz in Hamburg - erwarb 75,1% der Anteile an dem Unternehmen. Mit einem Umsatz von 740 Millionen Euro und einem Handelsvolumen von 800.000 Tonnen im Jahr rangiert "Fude + Serrahn" derzeit auf Platz 10 der größten deutschen Molkereiunternehmen.

"Wir kaufen auch schon mal die Ausgangsstoffe von den Nachbarländern Estland oder Litauen", gibt Kaspars Malcenieks, Produktionsleiter bei "Latvijas piens", zu. (jelgavniekiem) Als Grund für die lettische Butterproduktion in Deutschland gibt er an: "Die Käseproduktion lässt eine Menge Sahne entstehen, die wir bisher am heimischen Markt verkauft haben. Inzwischen, dank der Kooperation mit den deutschen Partnern, haben wir jetzt die Möglichkeit geschaffen, dort Butter daraus herzustellen." (lsm)

Inzwischen gibt es auch eine Aussage von Baiba Graube vom Lettischen Patentamt zu diesem Fall der "Trikata-Verwirrung". Sie meint: "In diesem Fall scheinen sich beide Firmen mit einer friedlichen Koexistenz abzufinden." (lsm)

6. Februar 2020

Euro-Bio, lettisch Eko

Vom lettischen "Hunger nach Biolebensmitteln" berichtete jetzt die "Latvijas Avize" in einem aktuellen Beitrag. Grundlage ist dabei eine Umfrage von "Danonki Latvija" (lettischer Ableger der polnischen Tochter von "Danone"). Dieser zufolge meinen nur etwa die Hälfte der Befragten Waren in den lettischen Supermarktregalen richtig einschätzen zu können: sind es ökologisch, biologisch, höherwertig erzeugte Lebensmittel, oder doch nicht?

40% der Einwohner*innen Lettlands nutzen regelmäßig Bio-Lebensmittel, 71% würden es gerne öfter tun - so die erwähnten Umfrageergebnisse. Allerdings ist das Bio-Kennzeichen, das europäische Ökolabel - ein stilisiertes grünes Blatt - nur 28% der Befragten in Lettland bekannt. In den Nachbarländern sieht dies durchaus anders aus: in Estland ist das EU-Zeichen 47% der Befragten bekannt, in Litauen sogar 51%.

34% der Lettinnen und Letten halten allerdings auch den "grünen Löffel" (Zaļā karotīte) ein gemeinsames Vermarkungslabel lettischer Produkte, für ein Kennzeichen für Ökoprodukte. Und ein Viertel der Befragten meint die Ökoprodukte sogar unter dem Zeichen des lettischen grünen Punktes" (“Latvijas Zaļā punkts") suchen zu können - dabei ist hier, in diesem Fall eine ähnliche Bezeichnung wie in Deutschland - nur die Abfalltrennung gemeint.

Dabei müsste es eigentlich leichter zu erkennen sein: das lettische Ökolabel, Kleeblatt und Hufeisen ("Latvijas ekoprodukts"), wird von dem lettischen Verband für biologische Landwirtschaft (“Latvijas Bioloģiskās lauksaimniecības asociācija” LBLA) verliehen.

Beim LBLA ist nachzulesen, wo die Aktivitätszentren der Öko-Landwirtschaft in Lettland sind: 53% der landwirtschaftlichen Flächen in Jaunpiebalga, 42% in Koknese und 40% in Vārkava sind zertifizierter Ökolandbau - in Lettland insgesamt sind es 11% (nach neuesten Zahlen sogar 14%, topagrar). Allerdings gibt es in ganz Lettland bisher nur 20 zertifizierte Bioläden oder Marktstände - da ist sicher noch Nachholbedarf, um auch die Kenntnis bei den Verbraucher*innen über die nach kontrollierten Kriterien erzeugten Lebensmittel in Lettland noch zu verbessern.