30. Dezember 2014

Titel errungen

Unter Sportinteressierten in Deutschland ist auch Martins Dukurs ein bekannter Name - der Skeleton-Pilot, seit 2009 fünfmal in Folge Weltcupsieger, mehrfacher Welt- und Europameister, zuletzt Silbermedailliengewinner bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi (wie schon 2010 in Vancouver). Es verwundert also nicht, dass Dukurs vor einigen Tagen bereits zum vierten Mal (2010, 2011, 2013 und 2014) zu Lettlands Sportler des Jahres gewählt wurde.
Mit Dukurs in seiner Popularität einigermaßen mithalten kann lediglich - aber besonders unter der Jugend - Māris Štrombergs, BMX-Radsportler, Goldmedailliengewinner 2008 in Peking und 2012 in London. Seine sensationellen Erfolge sorgten dafür, dass seine Heimatstadt Valmiera neue BMX-Bahnen baute. Allerdings gibt er auf seiner Webseite zu, in letzter Zeit manchmal mehr Golf gespielt zu haben als an seine BMX-Räder zu denken; vielleicht ist also Štrombergs' große Zeit auch schon ein wenig vorbei (Sportler des Jahres 2008 und 2012).
International bekannt sind auch Tennisspieler Ernests Gulbis sowie Andrejs Rastorgujevs, letzterer allerdings wohl nur deshalb, weil sein Sport, Biathlon, im deutschsprachigen Raum so extrem populär ist vor allem unter Fernsehzuschauern.Bei jungen Lettinnen und Letten zunehmend populär ist auch Reinis Nitišs, ein 19-jähriger Rallye-Cross-Fahrer.

Martins Dukurs, vierfacher lettischer Sportler des
Jahres - doch wer ist die Dame neben ihm?
Weit weniger geläufig werden die Namen der Sportlerinnen sein, die dieses Jahr in Lettland ausgezeichnet wurden. Unter dem Sportlerinnen-Nachwuchs ragt zum Beispiel die 17-jährige Aļona Ostapenko hervor, die sich von gegenwärtig Platz 271 der Weltrangliste langsam nach oben kämpft und 2014 das Jugendturnier in Wimbleton gewann. Schon 2011 verriet die ambitionierte Lettin einer lettischen Sportzeitung: "Ich will eine der drei besten Tennisspielerinnen der Welt werden!" Sportfans sollten sich nicht wundern, sie bei internationalen Turnieren als "Jeļena Ostapenko" starten zu sehen. Das ist der lettischen Bürokratie zuzuschreiben: da "Aļona"nicht als "lettischer Name" anerkannt wurde, ist "Jeļena" in ihrem Pass eingetragen. Nur ein kleiner Ausschnitt von den Schwierigkeiten die Russischstämmige in Lettland haben können - aber die Behörden müssen jetzt wohl damit leben, dass diese Geschichte mit zunehmender Bekanntheit der jungen Sportlerin sich immer weiter verbreitet.

Doch wer ist Anastasija Grigorjeva? Zum einen, neben Ostapenko, bereits die nächste erfolgreiche russischstämmige Lettin. Aber auch wer bisher meinte, sich einigermaßen mit den in Lettland populärsten Sportarten auszukennen (und aus diesen Kreisen werden ja auch in der Regel die Sportler des Jahres gewählt), wird sich neu orientieren müssen. Keine Speerwerferin, Weitspringerin oder Marathon-Läuferin gewann 2014 diesen Titel (in allen drei Sportarten gibt es bereits erfolgreiche Lettinnen: Speerwerferin Madara Palameika ist mit 66,12m lettische Rekordhalterin und 8. im Olympischen Finale in London 2012, Weitspringerin Ineta Radēviča war 2010 Europameisterin, und Jeļena Prokopčuka gewann den New-York-Marathon 2005 und 2006).
Nun, Anastasija Grigorjeva ist .... Ringerin. Also eine Sportart, der noch vor kurzem der Status eines olympischen Sports aberkannt werden sollte - und deren Berichterstattung auch in Deutschland inzwischen völlig untergegangen ist (wer entsprechende Berichte im deutschen Fernsehen sucht, wird lange suchen müssen). Sogar Lettisch-Lernende werden die Bezeichnung "cīkstone" (Ringerin) vielleicht im Lexikon nachschlagen müssen, weil noch nie gebraucht. Grigorjewa ist Freistil-Ringerin, stammt aus Daugavpils, ist 24 Jahre alt und wurde bei den Olympischen Spielen 2012 Neunte. Aber 2013 wurde sie in der Klasse bis 63kg Europameisterin, kletterte Anfang 2014 auf Platz 1 der Weltrangliste und wiederholte ihren Europameistertitel. Wer es übersehen haben sollte: Anastasija Grigorjewa war schon 2013 Lettlands Sportlerin des Jahres - man muss sich eben nur mal für Ringen interessieren.

23. Dezember 2014

Blauäugig

"Es war im August. Das Essen mit ihr dauerte volle zwei Stunden. Mich hatte es überrascht, wie sehr sie sich mit Osteuropa identifiziert. Für sie sind es 'die unsrigen'; wir, die im Sowjetsystem groß geworden sind, werden bis zum Lebensende diese Brille nicht loswerden, mit der wir auf die Welt schauen. Es hat mich auch überrascht, wie gut sie Russisch spricht - wir haben teilweise miteinander Russisch gesprochen wenn wir wollten, dass uns niemand versteht. Sie kann auch die russische Mentalität nachfühlen, die Sowjetmentalität. Daher sieht sie alle Ereignisse auch von der irrationalen Seite. Es ist wichtig dass die Menschen, gegenwärtig abhängig von der Sicherheit Europas, auch die irrationale Umwelt fühlen und verstehen können - womit die Westler oft Probleme haben. Sie versuchen sich das immer logisch, pragmatisch aufzulösen - aber rein logische Erklärungen gibt es in Wirklichkeit nicht. Mich hat überrascht wie sehr, sehr schöne Augen sie hat: hellblau. Natürlich, sie ist eine sehr charismatische Person."

Das sagte der lettische Regisseur und Theatermacher Alvis Hermanis über ein Treffen mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel im August 2014 in Salzburg, nachzulesen in der Ausgabe der Zeitschrift "IR" vom 3.Dezember 2014

13. Dezember 2014

Zum Abschluß großes Kino

Der Europäische Filmpreis - manche nennen ihn "Felix", andere den "europäischen Oskar" - wird seit 1988 von der Europäischen Filmakademie (EFA) verliehen. Die Preisverleihung findet seit Ende der 1990er Jahre in allen ungeraden Jahren in Deutschland statt - jetzt bildet sie eines der letzten Highlights des Kulturhauptstadtjahres 2014 in Riga. Die Preise werden in Anwesenheit von sechs Kulturministern verliehen: Josef Ostermayer (Österreich), Urve Tiidus (Estland), Dace Melbārde (Lettland), Šarūnas Birutis (Litauen), Małgorzata Omilanowska (Polen) und Memli Krasniqi (Kosovo). Lettland wird gegenwärtig durch acht Filmexpertinnen und Experten bei der Europäischen Filmakademie vertreten: die Filmkritikerinnen Daira Āboliņa und Dita Rietuma, Produzent Uldis Cekulis, die Regisseure Andrejs Ēķis, Vilnis Kalnaellis, Ināra Kolmane, Ivars Seleckis, Kameramann Gints Bērziņš und Animationsfilmemacher Jurģis Krāsons.

Wim Wenders in Riga - allein das ist sicher ein Foto wert. Aber auch lettische Filmemacher nahmen die illustre Gästeliste aus ganz Europa zum Anlaß, auch die Verleihung des "Lielais Kristaps" (des lettischen Filmpreises) ebenfalls in den Dezember (2.-12.Dezember) zu legen. Als Lettlands beste Filme wurden dieses Jahr prämiert:

Bester Spielfilm: „Mammu, es tevi mīlu” ("Mamma ich liebe dich", Regie Jānis Nords)
Bester Dokumentarfilm: “Uz spēles Latvija” ("Lettland auf dem Spiel", Regie Pēteris Krilovs)
Bester Animationsfilm: “Akmeņi manās kabatās” (Steine in meinen Taschen, Regie Signe Baumane)
Bestes Filmdebut: “Modris” (Regie Juris Kursietis)

Den Titel als "bester europäischer Film" erhielt am 13.Dezember Pawel Pawlikowski’s “Ida” der eine junge katholische Nonne zur Hauptperson hat, die entdeckt dass ihre Eltern Juden waren die in Polen während der Besetzung durch die Nazis ermordet wurden (siehe "Spiegel", "Die Zeit", "The Telegraph", "The Economist").

Liste der Preisträger / Katalogübersichten aller nominierten Film (als PDF) / Aufzeichnung des Lettischen Fernsehens LTV / Zusammenfassung 14.12. bei ARTE