Lange genug hatte es gedauert, nachdem am 7. Dezember Regierungschefin Laimdota Straujuma zurückgetreten war; nein, die Zusammenstellung der Drei-Parteien-Koalition solle nicht geändert werden, wurde beteuert. Also ging es nur und ausschließlich um die Führungsperson: die Suche nach einer neuen Spitzenfrau oder einem neuen Spitzenmann. Weihnachten verging darüber, auch noch der ganze Januar. Erst am 11.Februar wurde das neu zusammengestellte Kabinett im lettischen Parlament, der Saeima, mit einer Mehrheit von 60 von 100 Stimmen bestätigt.
Die Hauptrolle in solchen Zeiten liegt, so hat es die lettische Verfassung vorgesehen, beim Präsidenten. Er kann Personen mit der Regierungsbildungs beauftragen, die er für mehrheitsfähig hält - schließlich gab es nach Parlamentswahlen in Lettland schon oft die Situation, dass keine der Parteien mehr als 30% der Stimmen auf sich vereinigt hatte, und auch für Insider die Voraussage einer tragfähigen Regierungskoalition nicht einfach war.
Daher war es auch nicht ohne Brisanz, dass am 20.Januar bekannt wurde, Vejonis sei ins Krankenhaus gebracht worden, und dort sogar eilig operiert worden. Was anfangs als eine schlichte Erkältung kaschiert werden sollte, entpuppte sich als massive Virusinfektion des 49-Jährigen. Eine Operation am Herzen war notwendig geworden, und die politischen Beobachter entdeckten schnell auch eine vermeintliche Lücke in der Verfassung: während in Estland festgelegt ist, dass ein neuer Präsident gewählt werden muss, falls ein Amtsinhaber länger als drei Monate nicht in der Lage wäre sein Amt auszuführen, hat die lettische Verfassung für solche Fälle nichts näher festgelegt. Zwar gäbe es eine Vertreterin - im konkreten Fall Parlamentspräsidentin Ināra Mūrniece - diese aber darf nur einfache Amtsvorgänge, in Abstimmung mit dem Präsidenten, vorübergehend ausführen.
Die Nation machte sich Sorgen - insbesondere, da eine zugesagte Pressekonferenz nach der Operation immer wieder verschoben wurde und erst am 2.Februar, zwei Wochen nach der Operation, stattfand. Inzwischen hat auch der Pressedienst des Presidenten wieder die Arbeit aufgenommen, und berichtet eifrig von Genesungsfortschritten. Bisher war der erst im Juni 2015 zum neuen Präsidenten Lettlands gewählt worden. Bisher fiel Vejonis in den ersten Monaten seiner Amtszeit unter anderem dadurch auf, dass er weiterhin auch bei vielen Basketballturnieren als Spieler mitwirkte, und sich in dieser Hinsicht keinerlei präsidiale Zurückhaltung auferlegte. "Bei Basketball-Turnieren war ich bisher immer dabei, und ihr sollt sehen, dass ich auch als Präsident dafür nicht verloren gehe," verkündete er letztes Jahr anläßlich eines Streetball-Turniers in Riga.
"Wo bist du, mein Präsident?" hatte Rapper Renārs Zeltiņš vor einiger Zeit in einem seiner Songs gefragt, und selbst Kriterien für einen guten Präsidenten aufgestellt: nicht einfach "irgendein weiterer Beržiņš" solle es sein, ich möchte nachts gut schlafen können wenn ich an meinen Präsidenten denke, meinte Zeltiņš. Ein Präsident müsse nicht unbedingt die neueste Mode tragen, oder Judo können - aber wenigstens gut Englisch sprechen müsse er können, meinte der Musiker, und seine Reden auch nicht nur vom Blatt ablesen.
Nun ja, gegen einen Basketball-spielenden Präsident Vejonis werden auch die lettischen Ghetto-Rapper nicht einzuwenden haben. Gewöhnlich wird ja gesagt, regelmäßige körperliche Betätigung sei gut für die Gesundheit. Vejonis wird im Jahr 2016 aber noch sorgfältiger nicht nur danach schauen müssen, einem Wunschbild der jungen Generation entsprechen zu wollen, sondern die tatsächlich anfallende Arbeitsbelastung auch realistisch einschätzen und überstehen zu können. Dafür sei ihm alles Gute gewünscht.