Im Haus am Rigaer Domplatz wird derzeit Geburtstag gefeiert - 95 Jahre ist es her seit der Gründung von "Latvijas Radio".
Der Aufbau einer lettischen Radiostation ist eng mit dem Namen des Ingenieurs Jānis Linters verbunden. Er wird heute als eine Art "Vater des
lettischen Radios" bezeichnet, denn er hatte zuvor den Parlamentarier*innen
des lettischen Parlaments (Saeima) höchstpersönlich erklären müssen, wie ein Radioempfangsgerät überhaupt
funktioniert. Dabei soll es einige gegeben haben, die technisch sehr
grundlegende Fragen an Linters stellten, etwa ob man um
elektromagnetische Wellen empfangen zu können, daheim Türen und Fenster
öffnen müsse.
Eingerichtet wurde das neue "Post- und Telegrafenamt"
zunächst unweit des Opernhauses - darauf weist noch heute die Bezeichnung der kleinen
Straße am Rigaer Stadtkanal hin: "Radio iela". Technische Unterstützung bei der Ausrüstung kam damals aus Frankreich.
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Sendetürme der 1930iger Jahre in Riga. Zunächst 45m hoch, später auf 76m erweitert. Reste davon wurden erst 1994 demontiert. (Bildquelle: Zudusi Latvija)
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Ab März 1925 gab es dann zunächst 15-minütige Probesendungen. Ein Jahr zuvor, am 28. März 1924, hatte das lettische Parlament 140.000 Lat bewilligt zum Aufbau eines lettischen Radiosenders. "Einen Radioapparat nutzen dürfen alle Personen die mindestens 18 Jahre alt sind", so informierte die Zeitung "Rīgas Ziņas" im Oktober 1925 ihre Leser*innen. Die Polizei ihrerseits war damals auf der Jagd nach "Funkhasen" ("
radio zaķi"), die illegale Empfangsgeräte betrieben und nicht bereit war
en, die geforderten Gebühren zu zahlen (mit "Hase" wird in Lettland so manches bezeichnet, so auch "Schwarzfahrer*innen" - was wohl damit zu tun hat, dass Hasen schnell rennen können müssen, falls sie erwischt werden ...)
Zunächst war das Programm nur in Riga und Umgebung zu hören. 1932 bekamen die Einwohner*innen von Liepāja ebenfalls eine eigene Radiostation, und pünktlich zum 18. November desselben Jahres auch Madona (genauer gesagt: mit einem Standort in Aiviekste, wo zwei 116 Meter hohe Türme für die Antennen errichtet wurden). Ab 1934 wurde dann auch Kurzeme versorgt.
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Früher der Stolz sowjet-lettischer Geräteproduktion, heute eher im Museum zu finden: ein Radio der Marke VEF (Valsts elektrotehniskā fabrika) |
Am 1. November 1925 begann "Latvijas Radio" den regulären Sendebetrieb
mit einer Übertragung der Oper "Madame Butterfly". 330 Besitzer*innen
von Empfangsgeräten lauschten den ersten Sendungen - ein Jahr später
waren es bereits 9000. “
Rīga dimd”, der Erkennungsjingle des Senders, erklang in immer mehr Wohnstuben. Fünf Jahre lang war ein Dichter und Schriftsteller leitender Direktor beim Lettischen Radio: Jānis
Akuraters.
Und allen, die 1990/91 beim Lettischen Radio arbeiteten ist noch gut in Erinnerung, wie wichtig das Radio als Informationsquelle war zu Zeiten zwischen der Unabhängigkeitserklärung Lettlands im Mai 1990 und dem Scheitern des Putsches in Moskau Ende August 1991.
Heute ist "Latvijas Radio" mit 35,4% Marktanteil weiterhin der beliebteste Radiosender des Landes, obwohl eine Menge privater Sender hinzugekommen sind (siehe Übersicht: alle Radiosender Lettlands). Wie Umfragen ergeben, hören etwa 770.000 Menschen in Lettland täglich diesen öffentlich-rechtlichen Kanal (lvportals). Im Nachbarland Estland nehmen die öffentlich-rechtlichen Sender lediglich 28,2% Marktanteil ein, in Litauen sogar nur 13,4%.
Inzwischen liegt "Latvijas Radio 2" mit seinem Werbeslogan "der einzige Radiosender der Welt, der nur lettische Musik spielt" ganz vorn in der Hörer*innen-Gunst. Latvijas Radio 3 sendet vorwiegend klassische Musik, Latvijas Radio 4 bietet Programme auch in anderen Sprachen, und Latvijas Radio 5 wird als "pieci.lv" auch multimedial ausgebaut. Der rechtliche Rahmen für die öffentlich-rechtlichen Medien bedarf allerdings der Überarbeitung - im Parlament wird gerade eine neue Fassung des Mediengesetzes diskutiert.