27. April 2007

Mit Puck in der Höhle des Bären

Heute beginnt in Moskau die Eishockey-Weltmeisterschaft. Eine Sportart, die nicht nur von Russen wie Letten höchst emotional betrieben wird. Angesichts der aktuellen Ereignisse in Tallinn können die Sportfans wohl froh sein, dass Estland in Moskau kein Teilnehmer ist. Im Gegenteil: mit ihrem JA zur Unterzeichnung des Grenzvertrags mit Russland hat sich Lettland momentan nicht nur sportpolitisch eine etwas günstigere Position verschafft.

Die lettische Botschaft in Moskau hat eine kleine Handreichung für alle "Mitfühler" vorbereitet, die nach Moskau anreisen ("līdzjūteji" - wörtlich übersetzt "Mitfühler" wird von lettischen Sprachpuristen gern dem Fremdwort "Fan" vorgezogen). Botschafter Andris Teikmanis zeigt sich dabei wie selbstverständlich im Eishockey-Fandress, wie eigentlich jede/r lettische Politiker/in bei ähnlicher Gelegenheit.
Auch einen Fanklub der lettischen Mannschaft (Treffpunkt in Moskau) gibt es während der WM: Treffpunkt "Izmailovo", Izmailovskoje 71 (U-Bahnstation Partizanskaja, ehemals Izmailovoskij Park). Hier sollen auch Großbildfernseher aufgestellt werden, und die lettische Popgruppe "Labvēlîgais tips" wird live aufspielen.

Sportliches Ziel dürfte sein, Ähnliches wie im vergangenen Jahr bei der WM in Riga zu erreichen: das Überstehen der Vorrunde. Das ist immerhin mehr als es die diesmal aufgestiegene deutsche Mannschaft verkündet: die Deutschen wollen erstmal nur den Wiederabstieg in die B-Gruppe vermeiden. Zwei Testspiele Deutschland-Lettland hatten als Vorbereitung zur WM gezeigt, dass beide Teams sich sportlich aber auf ziemlich gleicher Höhe befinden.

Die Termine der lettischen Mannschaft in der Vorrunde:
Samstag, 28.April 2007 - 16.15 Uhr: Schweiz-Lettland
Montag, 30.April 2007 - 20.15 Uhr: Lettland-Schweden

Mittwoch, 2.Mai 2007 - 20.15 Uhr: Italien-Lettland

Weitere Infos:
- Seite zu den Spielen der Eishockey-WM (russ./engl.)
- Lettische Botschaft in Moskau
- Daten zu den Mitgliedern des lettischen Nationalteams
- Infos des lettischen Eishockeyverbands (nur lettisch)
- Infoseite des deutschen Eishockeybunds

10. April 2007

Vairas letzte Ehrenrunden

Zwei Amtzeiten war sie Lettlands höchstes Staatsoberhaupt, errang ernormes Ansehen auch international, hielt ihre Entscheidungen politisch unabhängig und souverän, und scheute sich auch nicht, für den höchsten Posten der Vereinten Nationen (UN) zu kandidieren: Vaira Vīķe-Freiberga, in Lettland auch unter dem Namenskürzel VVK bekannt.

Ende diesen Jahres wird sie 70 Jahre alt sein, und sicherlich vorerst auf ein erfülltes Leben zurückblicken können. Nur wenige hätten im Juni 1999, als sie überraschend als "Seiteneinsteigerin" zur Präsidentin Lettlands gewählt wurde voraussehen können, dass sie dermaßen prägend für ein steigendes Ansehen Lettlands und eine selbstbewußte Politik ihres Landes stehen würde. Aber in knapp zwei Monaten ist die Amtszeit um, und fast erscheint es so, als ob Lettland es noch nicht richtig glauben könne: relativ hilflos werden nach wie vor eine Vielzahl verschiedener Namen in die Debatte geworfen, aber eine gebührende Nachfolgerin oder ein Nachfolger ist immer noch nicht in Sicht. Keine wochenlangen Debatten wie etwa in Frankreich, oder klare politische Absprachen wie in Deutschland prägen das Bild.

Doch es scheint eine Agenda zu geben, die VVK die letzten Wochen ihrer Amtzeit gerne noch "abarbeiten" möchte. Das lettisch-russische Grenzabkommen, das nun endlich doch noch von beiden Parlamenten ratifiziert werden soll, würde sicher einen guten Abschluß bilden - vielleicht kommt auch noch ein Besuch in Moskau dazu. Von lettischer Seite wird es keine "Zusatzabkommen" oder Erklärungen von der Art geben, die nahelegen könnten, Lettland hebe sich Gebietsansprüche auf das Gebiet Abrene für später auf (das Gebiet gehörte bis zum 2.Weltkrieg zu Lettland).
Und zu ein
em nachösterlichen "Elefantentreffen" versammelt Vīķe-Freiberga am 10. und 11.April im Rigaer Schloß gleich sieben weitere Präsidenten: Tarja Halonen aus Finnland, Giorgio Napolitano aus Italien, Heinz Fischer aus Österreich, Anibal Cavaco Silva aus Portugal, Lech Kaczynski aus Polen, Laszlo Solyom aus Ungarn und Horst Köhler aus Deutschland.
Zwar findet gerade auch in Riga mit viel Aufsehen der "französische Kulturfrühling" statt, aber für Jaques Chirac lag der Termin wohl unpassend - dabei wäre er doch genauso "Auslaufmodell" wie seine potentielle Gastgeberin.
Nein, über die "Zukunft Europas" soll diskutiert werden, so, als ob nicht gerade zur deutschen EU-Präsidentschaft Ähnliches versucht worden wäre. In Riga geht es allerdings etwas gemächlicher zu, mit weniger Absperrungen und Sicherheitszäunen, sondern Treffen mit jungen Leuten und Studierenden stehen für die Präsidenten auf dem Plan. Die Präsidentin hatte eigens eine "Kommission für strategische Analysen" gebildet, die nun auch dieses Ereignis mit vorbereitet hat und ein Papier "Europas Zukunft aus lettischer Sicht" vorbereitet hat. Neben der lettischen Europabewegung und dem Jugendring steht die Veranstaltung vor allem im Zeichen der Zusammenarbeit mit verschiedenen Hochschulen des ganzen Landes.

Den präsidentialen Gästen wird ein umfangreiches Kulturprogramm geboten: Chor- und Orgelmusik in der Johanniskirche, Ausstellungen bildender Kunst und von Textilkunst, sowie ein Gang durch den "Berga Bazars" (mit Einkehr beim Chocolatier).

Pressemeldung LETA
Informationen der Kanzlei der Staatspräsidentin
Offizielle Fotos des Treffens sind HIER zu beziehen

Dazu paßt vielleicht auch noch ein Artikel in der FRANKFURTER RUNDSCHAU vom 11.4.07 zum Thema "Lettische Präsidentin und ihr Kampf gegen die Oligarchen"
Auch ein Ausdruck dessen, dass sich momentan noch niemand vorstellen kann, was nach VVK kommt ...

7. April 2007

Mühsames Wohnen

Steigende Preise, bleibende Sorgen
Wohnen in Lettland wird eine immer teurere Angelegenheit, besonders in der Hauptstadt Riga.
Die Immobilienpreise in der Hauptstadt Riga sind längst soweit in die Höhe geschossen, dass viele Wohnungen in stadtnaher Lage zum Objekt gieriger Spekulanten geworden sind. Zudem haben die meisten mit einem unzulänglichen Erhaltungszustand ihrer Wohnung zu kämpfen - das zeigte jetzt auch eine Befragung des lettischen staatlichen Statistikamts af der Grundlage von 3843 Haushalten, deren Ergebnisse kürzlich veröffentlicht wurden. 63% der Befragten lebten in mehrstöckigen Häusern mit 10 und mehr Wohnungen. In der Hauptstadt Riga steigt dieser Anteil sogar auf 85%.

Die Erhebung zeigt, dass entweder relativ viele Menschen in einem Haushalt wohnen, oder Alleinstehende in immer kleineren Wohnungen leben: nur 2,4 Räume pro Haushalt machen den Durchschnitt aus, und auf ein Haushaltsmuitglied kommt etwas weniger als ein Raum (0,94). Nur insgesamt 13% leben in Wohnungen mit 4 und mehr Räumen (auf dem Lande 22,5%, in den Städten 9%). Gelichzeitig haben fast die Hälfte aller Einwohner (49%) eines der folgenden Probleme:
- schadhafte Dächer, feuchte Wände oder Grundmauern, verrottete Fensterrahmen (38%)
- Staubbelastung oder Umweltprobleme in der Nähe der Wohnung (26,1%)
- Sorgen über Gewalt und Kriminalität in Wohnungsnähe (22,5%)
- Lärmbelastung durch Nachbarn, Treppenhaus, Industrie oder vorbeiführende Straßen (21,3%)
- Wohnung ist sehr dunkel (15,2&)

Durchschnittlich muss jeder lettische Haushalt 17% des (Durchschnitts-)Einkommens für Kosten im Zusammenhang mit der Wohnung ausgeben (im Schnitt 44 Lat).

Immobilien als Geldanlage für die Vermögenderen
Die Entwicklung des Immobilienmarkts in der Hauptstadt Riga ist dabei immer noch stark in Bewegung. Einem Bericht der Tageszeitung DIENA zufolge steigen gerade Wohnungsmieten in Innenstadtlage immer noch so stark an, dass Käufer mit diesem Anstieg der Mieteinkünfte auch Kredite bei den Banken bedienen können (DIENA 19.3.07). Bei den Mietern findet sich in diesem Bericht einer der Gründe, warum die meisten Wohnungen eher klein sind: Bedarf ist meist bei Menschen, die kein Geld hätten Wohnungen zu kaufen, zum Beispiel Studenten. Daher sind günstigere Ein- oder Zweiraumwohnungen stark nachgefragt. Auf der anderen Seite soll es auch Hausbesitzer geben, die wegen der steigenden Preise in Versuchung kommen, ihre Wohnungen aus Geldmangel zu verkaufen - ohne Alternativen zu haben.

Umfrageergebnisse des lettischen Statistikamts

3. April 2007

Riga zwischen Seoul und New York

"Großstädte im globalen Vergleich" - das ist der Titel einer gemeinsamen Studie der US-amerikanischen Rudgers-University und der südkoreanischen Universität Sungkyunkwan, deren Ergebnisse die Zeitschrift "Kommune 21" auf ihrer Internetseite veröffentlicht. Aus den e-government-Angeboten von 100 Städten weltweit wurde ein "E-government-Performance-Index" erstellt, nach 2003 bereits zum zweiten Mal (mit Untersuchungsergebnissen aus dem Jahr 2005). Das koeanische Seoul führt hier die Liste an, Berlin liegt auf Platz 23, Riga erreichte einen erstaunlichen Platz 10 und erzielte überraschende Ergebnisse.

Besonders gute Ergebnisse erzielte Riga in den Bereichen Nutzerfreundlichkeit (Platz 5), Qualität der Inhalte (ebenfalls Platz 5 - 2003 nur Platz 51!) und Bürgerbeteiligung (Platz 6). Verbesserungsbedürftig erscheint dem gegenüber der Punkt "Serviceleistungen", hier liegt Riga nur auf Platz 27.

2003 hatte Riga in diesem Ranking noch auf Platz 62 gelegen. Tallinn übrigens fiel von einem Platz 14 aus dem Jahr 2003 nun auf Platz 26 zurück - offensichtlich wachsen auch im sonst so IT-begeisterten Estland nicht alle Bäume in den Himmel.

Zusammenfassung der Gesamtergebnisse (PDF)

ausführlicher Untersuchungsbericht (PDF)

Portal der Stadt Riga lettisch englisch