Lettland hat eine neue Imagekampagne. Noch nichts davon gehört? Nun gut, die Reklameclips erscheinen nur bei CNN und TV5, und es werden Plakate in der Londoner U-bahn sein. Also nichts Deutschsprachiges vorläufig - leider. Und beinahe hätte es auch die Lettinnen und Letten selbst gar nicht bemerkt - wenn da nicht eine Internetseite wäre. "Sie werden es nicht glauben, bis Sie es sehen" - genau das ist auch das Motto dieser Kamapgne.Und schon ist in Lettland selbst eine Debatte ausbrochen, um die vorgezeigten Themen und Motive denn dem gewünschten Außenbild von "Maija & Janis Musterlette" entspricht. "Es sollten doch die Dinge gezeigt werden, auf die wir selbst stolz sind," so Erna Bērziņa aus dem Bezirk Cēsis, befragt für die "Latvijas Avize" (Ausgabe 16.2.2007), und denkt dabei ganz praktisch: "das Freilichtmuseum, das Sängerfest und das Freiheitsdenkmal sollten gezeigt werden, damit die Auländer auch wissen, dass sie da nicht dranpissen sollen!"
Tatsächlich hatte es schon Fälle gegeben, wo ausländische Gruppen in der Rigaer Altstadt randaliert hatten und verschiedenes zu Bruch ging. Anzeichen dafür, dass zumindest die lettische Hauptstadt keinesfalls unter Gästemangel leidet. Wer aber die Äußerungen der Befragten in der lettischen Presse weiterliest, wird mit verschiedenen Wunschzetteln konfrontiert: "Mit den weltbekannten Menschen aus unserem Land sollten wir werben," sagt Zigurds Mežavilks aus dem kleinen Ort Svitene, "wo bleibt denn zum Beispiel Gidon Kremer, oder die Schwestern Skride? Oder die Wälder Lettland, die sind doch unser ganzer Stolz!"
Was Vorstellungen und Wünsche angeht, so besteht Lettland offensichtlich aus Unterschieden.
Was tatsächlich auf den lettischen Internetseiten gezeigt wird - auch für Lettland-Kenner eher ungewöhnlich. Fliegende Menschen gibt es da und blaue Kühe. Vielleicht ist der kaum wahrnehmbare Unterschied zwischen Mythos, Märchen und gewagter Moderne gemeint? Ach ja - Deutsche sind als Zielgruppe offensichtlich erstmal uninteressant, die Webseite bietet Englisch, Französisch und .... Lettisch. Zum Aufbau des Selbstverständnisses?
Erstaunlich aber, dass außer dem erwähnten Zeitungsbeitrag sich auch eine bisher ungeahnte lettische Bloggerwelt auftut - die auch die lettischen Reklameclips bereits registriert hat. Unter der schönen Bezeichnung "patiesi" ("wahrhaftig") finden sich hier auch schon satirische Betrachtungen über die zur Werbung für Lettland auserkorenen Objekte. "Kuh verrät: blau sein ist nicht normal" - so die eifrigen Blogger über die leicht graublaue kurländische Kuhrasse, die jetzt werbetechnisch für Lettland eingesetzt wird. Hier wird die Kuh"Bārta" aus Nīca (ein Ort in Kurland) zitiert, die angeblich gesagt habe: "Wir braunen Kühe werden immer mehr herabgesetzt. Oder ist es etwa falsch, dass auf dem seit Jahrzehnten hergestellten Konfekt 'Gotina' eine braue Kuh dargestellt ist? Aber uns hat man komplett vergessen!" Und als weitere Zeugin stimmt Kuh Ledene zu: "Ich werde jedem einen dicken Strahl Milch ins Gesicht spritzen, der behauptet, blau zu sein sei normal in Lettland!"
Link: Sie werden es nicht glauben ...
Link: lettischer Satireblogger "patiesi"
16. Februar 2007
5. Februar 2007
Riga - der Chefsessel wankt ...
Den politischen Parteien in Lettland wird alles mögliche nachgesagt: Offenheit und Transparenz gehört meist nicht dazu. Ständig ist von neuen Tricks die Rede, mit denen möglichst viel Geld auf die Wahlkampfmaschinen gelenkt werden kann, Politiker wechseln ihre Parteizugehörigkeit wie die Hemden, und auch bestehende Koalitionen intrigieren gerne gegeneinander. Da keine Wahlen im Jahr 2007 anstehen, und die Parlamentswahlen 2006 eine Wiederwahl des bisherigen Regierungschefs brachte, sagten einige schon ein langweiliges politisches Jahr voraus.
Nun deutet sich das an, was schon nach Bildung der neuen lettischen Regierung geahnt hatten: der Stuhl des Bürgermeisters von Riga wackelt. Tautas Partija (Volkspartei - TP), Tevzemei un brivibai ("für Vaterland und Freiheit" - TB), Pirma Partija ("erste Partei", Listenvereinigung zusammen mit "Lettischer Weg" - LPP) und "Zalo un Zemnieku Savieniba" (Listenvereinigung aus "Grüner Partei" und "Lettischer Bauernpartei" - ZZS) haben die Macht im Staate unter sich aufgeteilt, und "Jaunais Laiks" ("Neue Zeit" - JL) trotz gleichfalls konservativer Ausrichtung wie ein fünftes Rad am Wagen draußen gelassen. Da paßt es nicht ins Bild, dass Bürgermeister Aivars Aksenoks eben dieser JL angehört, und somit in keine Koalitionsabsprachen der gegenwärtigen lettischen Regierung einzubinden ist.
Vielleicht war die kalte Schulter, mit der die JL die Regierungspläne zum Neubau eines Konzertsaals in Riga in der ersten Lesung im Stadtrat hatte abblitzen lassen, der letzte Auslöser. Seit über eine Woche jedenfalls suchen die konservativen Parteien im Stadtrat Rigas neue Mehrheiten. "Stuhl des Bürgermeisters erstmals ernsthaft bedroht", meldete DIENA am 1.Februar. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich auch Jānis Dinevičs, Fraktionschef der sozialdemokratischen Arbeiterpartei (4 Sitze im Stadtrat) der Presse gegenüber als Unterstützer einer Veränderung beim Bürgermeisterposten gezeigt. Doch ohne die JL, wenn der bisherige strikte Grundsatz eingehalten wird, nicht mit den links gerichteten Parteien zusammenzuarbeiten, bleiben den "veränderungswilligen" Abgeordneten dennoch nur 26 von 60 Stimmen im Stadtrat. Dennoch verschärfen sich die Presseschlagzeilen: "Die Regierungszeit der JL im Stadtrat nähert sich dem Ende", hieß es schon am 3.Februar (TVNET). Nun distanzieren sich bereits alle drei Vice-Bürgermeister von Aksenoks und der JL: "zu viele Individualisten" und "Starrköpfigkeit" macht Janis Birks von der Vaterlandspartei in der JL aus, trotz vieler programmatischer Gemeinsamkeiten. Erstaunliches gibt Ivars Gatars, Fraktionschef der JL, vor der Presse bekannt: seine Partei könne auch mit einem anderen Bürgermeister weiterregieren (LETA. DIENA 2.2.). Offensichtlich hat die Verteilung des "Fells des Bären" auch in der eigenen Partei schon angefangen.
Am 5.Februar wird dann zunächst bekannt, dass die notwendigen 20 Stimmen für die Einberufung einer Sondersitzung des Stadtrats erreicht seien. Weiterhin geben die vier Parteien TP, TB, LPP und ZZS bekannt, sich auf Janis Birks (TB) als neuen Bürgermeister geeinigt zu haben, und dafür auch die Unterstützung der Sozialdemokraten von der LSDSP zu haben. Bis auf die Kandidatenfrage bedeutet das jedoch zunächst nichts Neues, denn weiterhin sind damit nur 26 von 60 Stimmen in der entscheidenden Abstimmung sicher.
Ein Lehrstück lettischer Politik? Oder Konzentrationsbestrebungen in der sonst so zersplitterten lettischen Parteienlandschaft? Am 6.Februar schließlich gab Bürgermeister Aksenoks, der vor seiner Amtszeit als Bürgermeister im Amt für Straßensicherheit, und kurzzeitig auch schon einmal lettischer Justizminister war, eine Pressekonferenz. Er erklärte, auf keinen Fall von sich aus zurücktreten zu wollen (LETA, TVNET, NRA, Delfi). Ausserdem behauptete er, einige seiner Parteikollegen der JL seien einem "gewaltigen Druck von außen" ausgesetzt - ohne aber Namen und angebliche Verursacher zu nennen.
Derweil geschieht weiter erstaunliches: die vier Parteien, die sich einig sind die Abwahl des Bürgermeisters einzureichen, tun nicht nur dieses, sondern unterzeichnen auch schon ein Koalitionsabkommen. Die Sondersitzung des Stadtrats muss innerhalb zwei Wochen nach Einreichung des Abwahlantrags stattfinden. Inzwischen haben sich angeblich 27 Abgeordnete diesem Abkommen angeschlossen - und die "Verschwörer" sind sich sicher, bei der Abstimmung einige Vertreter der Jaunais Laiks (also der Partei des Bürgermeisters) auf ihrer Seite zu haben.
Was bleibt weiter zu kommentieren? Fortsetzung folgt - "in diesem Theater". Laut Umfrage des lettischen Radios halten übrigens die meisten Einwohner die gewaltigen Verkehrsprobleme der Stadt mit den täglichen Staus für das gegenwärtig größte Problem. Wer da Bürgermeister ist, sei weniger wichtig - denn weder von dem gegenwärtigen Amtsinhaber noch von einem möglichen Nachfolger werden positive schnelle Lösungen erwartet.
Nun deutet sich das an, was schon nach Bildung der neuen lettischen Regierung geahnt hatten: der Stuhl des Bürgermeisters von Riga wackelt. Tautas Partija (Volkspartei - TP), Tevzemei un brivibai ("für Vaterland und Freiheit" - TB), Pirma Partija ("erste Partei", Listenvereinigung zusammen mit "Lettischer Weg" - LPP) und "Zalo un Zemnieku Savieniba" (Listenvereinigung aus "Grüner Partei" und "Lettischer Bauernpartei" - ZZS) haben die Macht im Staate unter sich aufgeteilt, und "Jaunais Laiks" ("Neue Zeit" - JL) trotz gleichfalls konservativer Ausrichtung wie ein fünftes Rad am Wagen draußen gelassen. Da paßt es nicht ins Bild, dass Bürgermeister Aivars Aksenoks eben dieser JL angehört, und somit in keine Koalitionsabsprachen der gegenwärtigen lettischen Regierung einzubinden ist.
Vielleicht war die kalte Schulter, mit der die JL die Regierungspläne zum Neubau eines Konzertsaals in Riga in der ersten Lesung im Stadtrat hatte abblitzen lassen, der letzte Auslöser. Seit über eine Woche jedenfalls suchen die konservativen Parteien im Stadtrat Rigas neue Mehrheiten. "Stuhl des Bürgermeisters erstmals ernsthaft bedroht", meldete DIENA am 1.Februar. Zu diesem Zeitpunkt hatte sich auch Jānis Dinevičs, Fraktionschef der sozialdemokratischen Arbeiterpartei (4 Sitze im Stadtrat) der Presse gegenüber als Unterstützer einer Veränderung beim Bürgermeisterposten gezeigt. Doch ohne die JL, wenn der bisherige strikte Grundsatz eingehalten wird, nicht mit den links gerichteten Parteien zusammenzuarbeiten, bleiben den "veränderungswilligen" Abgeordneten dennoch nur 26 von 60 Stimmen im Stadtrat. Dennoch verschärfen sich die Presseschlagzeilen: "Die Regierungszeit der JL im Stadtrat nähert sich dem Ende", hieß es schon am 3.Februar (TVNET). Nun distanzieren sich bereits alle drei Vice-Bürgermeister von Aksenoks und der JL: "zu viele Individualisten" und "Starrköpfigkeit" macht Janis Birks von der Vaterlandspartei in der JL aus, trotz vieler programmatischer Gemeinsamkeiten. Erstaunliches gibt Ivars Gatars, Fraktionschef der JL, vor der Presse bekannt: seine Partei könne auch mit einem anderen Bürgermeister weiterregieren (LETA. DIENA 2.2.). Offensichtlich hat die Verteilung des "Fells des Bären" auch in der eigenen Partei schon angefangen.
Am 5.Februar wird dann zunächst bekannt, dass die notwendigen 20 Stimmen für die Einberufung einer Sondersitzung des Stadtrats erreicht seien. Weiterhin geben die vier Parteien TP, TB, LPP und ZZS bekannt, sich auf Janis Birks (TB) als neuen Bürgermeister geeinigt zu haben, und dafür auch die Unterstützung der Sozialdemokraten von der LSDSP zu haben. Bis auf die Kandidatenfrage bedeutet das jedoch zunächst nichts Neues, denn weiterhin sind damit nur 26 von 60 Stimmen in der entscheidenden Abstimmung sicher.
Ein Lehrstück lettischer Politik? Oder Konzentrationsbestrebungen in der sonst so zersplitterten lettischen Parteienlandschaft? Am 6.Februar schließlich gab Bürgermeister Aksenoks, der vor seiner Amtszeit als Bürgermeister im Amt für Straßensicherheit, und kurzzeitig auch schon einmal lettischer Justizminister war, eine Pressekonferenz. Er erklärte, auf keinen Fall von sich aus zurücktreten zu wollen (LETA, TVNET, NRA, Delfi). Ausserdem behauptete er, einige seiner Parteikollegen der JL seien einem "gewaltigen Druck von außen" ausgesetzt - ohne aber Namen und angebliche Verursacher zu nennen.
Derweil geschieht weiter erstaunliches: die vier Parteien, die sich einig sind die Abwahl des Bürgermeisters einzureichen, tun nicht nur dieses, sondern unterzeichnen auch schon ein Koalitionsabkommen. Die Sondersitzung des Stadtrats muss innerhalb zwei Wochen nach Einreichung des Abwahlantrags stattfinden. Inzwischen haben sich angeblich 27 Abgeordnete diesem Abkommen angeschlossen - und die "Verschwörer" sind sich sicher, bei der Abstimmung einige Vertreter der Jaunais Laiks (also der Partei des Bürgermeisters) auf ihrer Seite zu haben.
Was bleibt weiter zu kommentieren? Fortsetzung folgt - "in diesem Theater". Laut Umfrage des lettischen Radios halten übrigens die meisten Einwohner die gewaltigen Verkehrsprobleme der Stadt mit den täglichen Staus für das gegenwärtig größte Problem. Wer da Bürgermeister ist, sei weniger wichtig - denn weder von dem gegenwärtigen Amtsinhaber noch von einem möglichen Nachfolger werden positive schnelle Lösungen erwartet.
1. Februar 2007
Erstes Urteil gegen lettische Rassisten
In Lettland sind in dieser Woche zwei junge Männer wegen einem rassistisch motiviertem Überfall zu einer Gefängnisstrafe von sechs bzw. acht Monaten verurteilt worden. Es war dies das erste Strafverfahren dieser Art des unabhängigen Lettland nach 1991, das mit einer Gefängnisstrafe endete (DIENA 31.1.07).
Die beiden Männer, Andris Z. und Romans V., hatten im Juni 2006, an einem Samstag abend, den aus Ruanda gebürtigen Pjers D. auf der Straße mit einer Flasche niedergeschlagen, als dieser unbeeindruckt von ihren Beschimpfungen und Beleidigungen an ihnen vorbeigehen wollte. Das Opfer ist Mitglied von AfroLat, einer Organisation von in Lettland lebenden und aus Afrika stammenden Menschen. Die Tat war an einem Samstag abend begangen worden, und die beiden Täter hatten nicht unerhebliche Mengen Alkohol zu sich genommen. Die Angeklagten hatten im Prozeß die Tat nur ihrem Alkoholrausch zugesprochen, und erklärt, sie würden jeden angreifen, der über sie lache ("ob groß oder klein, ob schwarz oder weiß").
Diesen Behauptungen glaubte das Gericht aber nicht, denn einerseits seien die Herabsetzungen und Beschimpfungen eindeutig auf die Hautfarbe des Opfers bezogen gewesen, und andererseits seien dem einen der Angeklagten Beziehungen zu lettischen Skinheadgruppen nachzuweisen gewesen.
Der Fall war vor Gericht gekommen, weil der Vorfall von einem lettischen Polizeischüler beobachtet worden war, der dem Opfer zunächst zu Hilfe eilte und dann die Polizei rief. Die Staatsanwaltschaft hatte für beide eine Freiheitsstrafe von einem Jahr gefordert, da "es solche Vorfälle in Lettland häufiger gebe, und solche Taten eine reale Strafe verdienen".
Die beiden Männer, Andris Z. und Romans V., hatten im Juni 2006, an einem Samstag abend, den aus Ruanda gebürtigen Pjers D. auf der Straße mit einer Flasche niedergeschlagen, als dieser unbeeindruckt von ihren Beschimpfungen und Beleidigungen an ihnen vorbeigehen wollte. Das Opfer ist Mitglied von AfroLat, einer Organisation von in Lettland lebenden und aus Afrika stammenden Menschen. Die Tat war an einem Samstag abend begangen worden, und die beiden Täter hatten nicht unerhebliche Mengen Alkohol zu sich genommen. Die Angeklagten hatten im Prozeß die Tat nur ihrem Alkoholrausch zugesprochen, und erklärt, sie würden jeden angreifen, der über sie lache ("ob groß oder klein, ob schwarz oder weiß").
Diesen Behauptungen glaubte das Gericht aber nicht, denn einerseits seien die Herabsetzungen und Beschimpfungen eindeutig auf die Hautfarbe des Opfers bezogen gewesen, und andererseits seien dem einen der Angeklagten Beziehungen zu lettischen Skinheadgruppen nachzuweisen gewesen.
Der Fall war vor Gericht gekommen, weil der Vorfall von einem lettischen Polizeischüler beobachtet worden war, der dem Opfer zunächst zu Hilfe eilte und dann die Polizei rief. Die Staatsanwaltschaft hatte für beide eine Freiheitsstrafe von einem Jahr gefordert, da "es solche Vorfälle in Lettland häufiger gebe, und solche Taten eine reale Strafe verdienen".
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