19. Januar 2020

Bald ist wieder Schattentag

Parlamentarier rufen dazu auf, sie zu beschatten - nein, keine Ansprache an den landesweiten Sicherheitsdienst, sondern die Schülerinnen und Schüler der 1. bis 12. Klassen werden sich wieder auf diesen Tag freuen: den Schattentag. Der "Ēnu diena" soll dem Ausprobieren dienen: reinschnuppern, sich orientieren, Berufswirklichkeit testen. Und lettische Firmen nutzen den Tag durchaus auch einfach für ein wenig Eigenwerbung. Die Veranstaltung wird in Lettland durchgeführt von Verein "Junior Achievement Latvija" (JA) - diesmal am 12. Februar 2020.

Die Vermittlung zwischen "Schatten-Geber" und "Beschatter" wird durch ein Internetportal geregelt. Allerdings darf noch lange nicht jede oder jeder mitmachen: nach Auskunft der Veranstalter stellten im vergangenen Jahr 1545 Firmen oder Organisationen Plätze zur Verfügung, insgesamt waren es 8664 (delfi/ db). Dem gegenüber gab es 2019 aber etwa 34.000 Schüler*innen und Jugendliche, die mitmachen wollten.

Und eine "Hitliste" der am meisten nachgefragten Berufe gibt es ebenfalls: Programmierer (341 Anfragen), Physiotherapeut (273), Pilot (260) und Flugbegleiter (250) - auf diese vier Bereiche konzentrierten sich die meisten Anfragen im verganenen Jahr. Auch bei den Angeboten gibt es eine Rangfolge: am meisten Möglichkeiten gab es als Feuerwehrmann / -frau (279 Angebote), Arzthelfer/in (222), oder Mitarbeiter/in in der Öffentlichkeitsarbeit (207).

"Ēnu diena" in Lettland: Sänger Lauris Reinis nimmt
nicht teil - und muss sich dafür entschuldigen
Jānis Krievāns, Vorsitzender bei "JA Latvija", erklärte zur diesjährigen Kampagne, es seien in Zusammenarbeit mit dem lettischen Wirtschaftsministerium besonders für die Zukunft wichtige Berufe in den Fokus gerückt worden. (LA) Es sei auch keine Seltenheit, dass bei der späteren Arbeitssuche auf die Praxis am "Schattentag" zurückgegriffen werde.

"JA Latvija" ist Mitgliedsorganisation bei "JA Europe". Die Organisation bilanziert, europaweit mit 39.175 Schulen zusammenzuarbeiten, mit der Hilfe von 143.159 Lehrerinnen und Lehrern und 139.108 Freiwilligen, um insgesamt 4.263.738 Millionen Schüler*innen und Studierenden in insgesamt 40 Ländern Angebote machen zu können. - In Deutschland wird das Projekt, das von der Europäischen Union erheblich mitfinanziert wird, vom Institut der Deutschen Wirtschaft unterstützt, heißt "JUNIOR Schülerfirma" und hat im deutschsprachigen Raum bisher lange nicht die landesweite Bekanntheit erreicht wie Lettlands "Schattentag".

Lauris Reiniks, einer von Lettlands populärsten Schlager- und Popsängern, musste sich kürzlich per Twitter sogar entschuldigen: "Danke für das Interesse, mein Schatten zu sein, aber ich nehme nicht teil."
Ja, beim "Schattentag" machen in Lettland auch bekannte Persönlichkeiten mit, eben auch Politiker*innen. Das lettische Parlament, die Saeima, ist sogar einer der beliebtesten Orte, um "Schatten" zu sein für Lettlands Volksvertreter*innen. Der Pressedienst der Saiema weist aber darauf hin, es gelte auch Jurist*innen, Übersetzer*innen oder Protokollführer*innen zu "begleiten" (Saeima).

8. Januar 2020

Riga zu Fuß

Wer in Riga eigentlich regiert, scheint ja momentan durchaus unsicher (Blogbeitrag). Das hindert die Stadtverwaltung aber offenbar nicht, längst beschlossene Maßnahmen nun im Jahr 2020 umzusetzen. Nachdem die vielen Mängel der Neugestaltung an der Barona iela durchaus umstritten waren, gibt es im Umfeld der nördlichen Innenstadt nun ein Experiment: die Schließung von Straßenteilen für den Autoverkehr.

Die Maßnahme könnte jedoch zu neuer Verwirrung führen: mal Fußgängerzone, mal doch wieder nicht - das ist Realität zur Zeit auf der Terbatas iela. Erstmals war ein Teil der Straße geschlossen am 4. Januar - aber nur zwischen 10 Uhr morgens und 20 Uhr abends, und nur für diesen einen Tag.Geöffnet bleibt die Straße allerdings für Radler/innen, und auch für den durchfahrenden Busverkehr - sich ganz "traumwandlerisch" zu Fuß dort zu tummeln war (und ist) also wenig ratsam.

Auch in der lettischen Presse ist diesbezüglich lediglich von einem "Experiment" die Rede (lsm / NRA / LA). Leider können die Stadtpassant/innen nicht so schnell auf Wiederholung hoffen: die Stadt möchte ihre "Experimente" an jedem ersten Samstag im Monat in einer anderen Straße ausprobieren: im Februar wird es die Blaumana iela, im März voraussichtlich ein Teil der Barona iela sein, der stundenweise geschlossen wird.

Foto (Ausschnitt): Latvijas Avize
Wie die lettischen Stadtplaner/innen nun hier "Erfolg" oder "Misserfolg" bewerten wollen, bleibt dabei unklar. Nach Anzahl der Beschwerden? Nach Zählungen mittels Zählpersonal? Laut eigener Pressemitteilung sollen Umfragen unter den Einwohner/innen gemacht werden. Diejenigen Fußgänger, die am 4.Januar von der Presse befragt wurden, äußern sich natürlich erfreut (lsm). Wie aber sieht es mit mutigeren stadtplanerischen Entscheidungen aus? Riga den Fußgängern? Das ist vorerst kaum zu erwarten. "Wir müssen ja gar nicht weit schauen, um gute Anregungen zu finden", lässt sich Architekt Oto Ozols in der Presse zitieren (lsm), "in Vilnius ist der Gediminas prospekt an jedem Wochenende für Autos gesperrt und frei für Fußgänger." Ozols vertritt auch die Initiatiave „Pilsēta cilvēkiem” (Die Stadt den Menschen").
Die Besitzerin eines Blumenladens im betroffenen Straßenbereich äussert sich kritischer: persönlich gefalle ihr die Ruhe ja, aber aus der Business-Sicht eher nicht.

Die nur kurzzeitige und wenig vorhersehbare Straßensperrung brachte es übrigens mit sich, dass die Maßnahme sich nicht auf geänderte Verkehrszeichen verlassen wollte: der Straßenabschnitt war mit Absperrbaken versperrt und mit Polizeiwagen gesichert - um dann aber doch immer wieder die Busse durchlassen zu müssen.

Die Intiative „Pilsēta cilvēkiem” jedenfalls hat bereits Hinweise für Fußgänger/innen und Radfahrer/innen vorbereitet, wie Verstösse gegen Verkehrsregeln am schnellsten den zuständigen Behörden gemeldet werden können - und hat für die Qualität ihrer Arbeit auch bereits  Anerkennungsschreiben anderer Behörden bekommen. Auf dass die alltägliche Realität in Riga zukünftig nicht nur von endlosen Verkehrsstaus geprägt wird!