Wer kommt nach Mr. U.?
Am 6. Dezember 2019 entschied Juris Pūce, als Minister für Umweltschutz und Regionalentwicklung auch zuständig für die Gemeindeaufsicht, dem lettischen Parlament die Auflösung des Rigaer Stadtrats vorzuschlagen. Im Parlament muss allerdings noch ein “Rīgas domes atlaišanas likums” beschlossen werden (ein Gesetz, dass die Modalitäten einer solchen Auflösung regelt).
Gestritten wurde zuletzt im Stadtrat vor allem über die Abfallentsorgung der Stadt, die einer Neuregelung bedarf. So argumentiert auch der gegenwärtig amtierende Bürgermeister Burovs: durch Auflösung und Neuwahlen würde nur eine schnelle und dringliche Lösung in diesem Bereich behindert. "Der Stadtrat ist demokratisch gewählt. Die Gesetzesvorlage zur Entlassung ist völlig unzureichend begründet," meint auch Saskaņa-Abgeordneter Vjačeslavs Dombrovskis.
Ehemalige Amtsträger: Ušakovs verschwand nach Brüssel, Stellvertreter Ameriks musste erst wegen Korruptionsvorwürfen zurücktreten und folgte dann seinem Chef auf einen Sessel im Europaparlament |
Präsident, Volk und Verfassung
Aber auch das lettische Parlament kann in dieser Sache nicht allein entscheiden. Zwar wurde am 19. Dezember in erster Lesung eine entsprechende Änderung im Parlament beschlossen (Diena) - aber gegen deren Inkraftsetzung erhoben mehr als 1/3 der Abgeordneten Einspruch beim Präsidenten. Laut lettischer Verfassung muss Präsident Egils Levits in diesem Fall ein Gesetz für 2 Monate "auf Eis" legen - er setzt offiziell dessen Veröffentlichung für zwei Monate aus.
Damit eröffnet sich nun eine weitere Möglichkeit: falls sich 1/10 aller Wahlberechtigten dafür aussprechen, muss über dieses neue Gesetz sogar per Volksabstimmung entschieden werden - das wären momentan 154 868 notwendige Unterschriften. Selbst die Botschaften im Ausland und die militärischen Einheiten sind nun gehalten, Möglichkeiten zur Unterschriftensammlung für eine solche Volksabstimmung bereitzuhalten. (cvk) Beginnend mit Anfang Januar muss nun also erst mal zwei Monate lang abgewartet werden, ob genügend Unterschriften zusammenkommen. Bis zum 23.2. sind jetzt die Ämter allein schon damit beschäftigt, den technischen Rahmen für eine Unterschriftensammlung bereitzustellen. Falls es Neuwahlen des Rigaer Stadtrats geben wird - dann wohl nicht früher als Mai 2020.
Wird denn das neue Gesetz besser werden als das bisher gültige? Auch dazu gibt es sehr verschiedene Ansichten. Auch die neuen Regelungen wären sehr trickreich: dann könnte im Fall, dass ein Stadtrat aufgelöst wird, nach einer notwendigen Neuwahl der neue Stadtrat sowohl die Zeit bis zum eigentlich regulären Wahltermin, wie auch die gesamte nächste Amtszeit weitermachen - im Falle einer Neuwahl 2020 stünden dann die nächsten Wahlen erst wieder im Jahr 2025 an.
Es könnte also sein, dass auch das lettische Verfassungsgericht in dieser Sache noch angerufen wird. Ex-Regierungschef Māris Kučinskis (ZZS) warnte bereits vor ernsthaften Folgen für die lettische Gesetzgebung, wenn dann dieses eilig beschlossene neue Gesetz sich als nicht verfassungsgemäß herausstellen sollte (LA).
Zunächst mal meldete, wie erwähnt, Präsident Levits seine Bedenken an, die vorgesehenen Gesetzesänderungen könnten eine Amtszeit des Stadtrats von mehr als fünf Jahren ergeben (lsm).
Und, als ob es nicht schon der Irrwege genug wäre: als juristische Grundlage für eine Auflösung des Stadtrates benannte Minister Puce das angebliche Unvermögen der Stadt, die Abfallentsorgung neu zu regeln. Am 16. Januar wird aber das Ergebnisses einer dementsprechenden Ausschreibung bekannt werden. Sollte sich dann also doch plötzlich eine Lösung auftun - wären die Gründe zur Auflösung des Stadtrats vielleicht auch wieder hinfällig.(LA)
Also kein Wunder, wenn es allen in Riga momentan schwerfällt zu erklären, wer nun eigentlich zur Jahreswende 2019/ 20 im Rathaus das Sagen hat.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen