Die Journalistin Jana Altenberga wagt sich für die Zeitschrift "IR" an eine Zwischenbilanz der Windenergie in Lettland. Bisher wurden Windparks mit einer Kapazität von 136 MW installiert, schreibt sie - das ist fast fünfmal weniger als in Litauen (671 MW) und nur halb soviel wie in Estland (320 MW). Im Jahr 2021 wurde nur 2,5 % der gesamten Strommenge durch Windkraft erzeugt.
Dass Windenergie nun auch in Lettland stärker in den Fokus gerückt wird, liegt an den erhöhten Energiekosten, meint Toms Nāburgs, Vorsitzender der lettischen Windenergieverbands. "Durch die technologische Entwicklung und den Anstieg der Strompreise ist eine Förderung von Strom aus Windenergie nicht mehr erforderlich - die Kosten von rund 40 Euro pro Megawattstunde können endlich mit den Marktpreisen konkurrieren. Aber bisher sind auch unsere Staatsoberhäupter zu diesem Thema noch nicht über ein paar schöne Reden hinausgekommen."
Dem Bericht von Altberga zufolge plant der private Netzbetreiber "Augstsprieguma Tīkls AS" Projekte von insgesamt 6.287 MW, davon 1346 MW für Windenergie. Offenbar ist der für Solarenergie vorgesehene Anteil deshalb größer, weil bei Windenergieanlagen die Umweltverträglichkeitsprüfung in Lettland wesentlich umfangreicher ist. Zudem gab es bisher einige Beschränkungen und Verbote, die die verfügbaren Flächen für den Bau von Windparks erheblich einschränken. So durften zum Beispiel Anlagen von mehr als 2 MW nicht näher als 800 Meter von Wohngebäuden und öffentlichen Gebäuden entfernt sein.
Auch ein neues Unternehmen, die "lettische Windpark GmbH" (“Latvijas vēja parki”), gemeinsam gegründet am 22. Juli 2022 von der Verwaltung der lettischen Staatswälder (Latvijas valsts meži) und dem lettischen staatlichen Energieversorger "Latvenergo" deutet wohl darauf hin, dass in Zukunft auch in Gebieten mit Staatswald gebaut werden soll. Bis 2030 sollen so Anlagen von 800 MW entstehen. Das hat zur Folge, dass offenbar eine Diskussion darüber begonnen hat, "welchen Investoren der Wald zuerst geöffnet wird" - naturfreundlich klingt anders. Raimonds Čudars, gerade frisch im Amt als "Minister für Energie und Klima", scheint vor allem Wert auf gleiche Wettbewerbschancen der verschiedenen Firmen zu legen. Ilvija Boreiko, Vorstandschefin bei "Latvijas vēja parki", gibt sich gut vorbereitet: "Wir führen zur Zeit verschiedene ökologische Studien durch, ornothologisch, zu Fledermäusen und anderen Tier- und Pflanzenarten, damit durch Windparks möglichst die biologische Vielfalt nicht beeinträchtigt wird." Diese Studien seien nicht auf Kurland und die Küste nördlich von Riga beschränkt. "Es geht uns nicht darum, wo die stärksten Winde wehen, sondern uns interessiert der Wind in 200-300m Höhe; darauf bezogen ist das Potential in ganz Lettland etwa gleich. Ich denke, wir können bis zu 120 Windturbinen produzieren." Die ersten fertigen Anlagen sollen demnach 2026 in Betrieb gehen. (latvenergo) Dem gestiegenen Interesse entspricht auch, dass Lettland im April 2023 Gastgeber der "WindWorks" sein wird, der bisher größten Zusammenkunft von Expertinnen und Expertinnen der Windenergie in den baltischen Staaten.Für den Bau von Windenergieanlagen auf See (offshore) sieht sich Lettland allerdings derzeit noch nicht vorbereitet. Bisher gibt es nur ein einziges Projekt von "Elwind", einem estnisch-lettischen Joint-Venture. Weitere ähnliche Projektanträge wurden vom zuständigen Ministerium bisher abgelehnt. Minister Čudars erklärt das mit noch fehlenden entsprechenden Verordnungen, nach welchen Regeln solche Küstengebiete für Windenergieanlagen freigegeben werden könnten. Das Ministerium arbeite daran. (IR)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen