Weniger Fisch und Kartoffeln, Lettinnen und Letten essen mehr Käse - diese Bilanz zeigt ein Blick auf die aktuelle Berichterstattung zur Lebensmittelproduktion in Lettland.
Käse essen wird in Lettland als Teil einer gesünderen Lebensweise beworben. Käse ist aber auch sehr variabel einsetzbar für verschiedene Zielgruppen - sowohl als Beilage zum Wein, wie auch als Mitbringsel zum Picknick im Grünen.
Auf der Welt gibt es mehr als 3.000 Käsesorten, und Frankreich gilt gewöhnlich als Mekka der Käseliebhaber/innen. Aber auch in Lettland sind inzwischen bereits etwa 100 Käsesorten zu finden (Frankreich 700). In allen drei baltischen Staaten stieg der Käseverbrauch zwischen 2007 und 2016 an - in Lettland um 6,8 kg, Litauen 5,1 kg, und in Estland um 2 kg. Vanda Davidanova zufolge, bereits vierfach wiedergewählte Präsidentin des lettischen "Siera Klubs" ("Käse-Klub"), verzehrt jede Lettin und jeder Lette pro Jahr 20,2 kg Käse - das bedeutet eine Verdreifachung seit dem Jahr 2002.
48.300 t Käse wurden 2018 produziert, davon 25.600 t für den Export. In insgesamt 73 Länder der Welt wird in Lettland hergestellter Käse exportiert und daraus ein Umsatz von 81 Mill. Euro erzielt - auch wenn dem deutschen Verbrauer ein lettisches Käseangebot bisher wohl kaum ins Auge gefallen sein wird. Und auch der Tourist benötigt beim lettischen Warenangebot vielleicht ein paar Tipps. Am häufigsten, und preisgünstigsten, werden die beiden Sorten "Holandes siers" ("Holland-Käse") und "krievijas siers" (Russland-Käse) angeboten. Aber werden diese überhaupt nach einheitlichem Rezept hergestellt?
Während die Bezeichung "Russischer Käse" ganz klar aus der Sowjetzeit stammt, und auch die Rezeptur eine Übernahme aus Uglitsch an der Wolga sein soll ("Käse-Hauptstadt Russlands!"), hat der "Holländer-Käse" in Lettland eine längere Tradition - so erzählen es jedenfalls die lettischen Käseproduzenten. Der Herstellung von Edamer Käse sei bis ins 15. Jahrhundert zurückzuverfolgen. "In den 1930iger Jahren wurden beide Käsesorten in fast jeder Käserei in Lettland hergestellt," berichtete "Käsepräsidentin" Davidanova (LTV). Heute habe jede Firma ihre eigene Rezeptur. In der Regel enthalte der "russische" aber 50%, der "holländische" 45% Fettanteil.
Wer nur zwischen diesen beiden Sorten wählt, der bleibt auch in Lettland geschmacklich wohl in der Tradition der russisch dominierten Käseproduktion - denn auch russische Quellen beanspruchen gern die "Edamer-Legende" für sich - und beschreiben die "verfeinerte Rezeptur" so: "der Gollandskij-Käse hat einen Milchgeruch und ist im
Geschmack ein wenig säuerlich und etwas scharf" ("russia beyond").
Zum Vergleich der "Russland-Käse": "Sein Geschmack ist etwas säuerlich. Beim Aufschneiden des Käses wird ein
gleichmäßiges Muster aus kleinen Löchern sichtbar. Die Löcher bilden
sich während der Entwässerung der Käsekörner." ("Russia beyond") Auf demselben Portal lässt sich nachlesen, warum lettischer Käse aber doch ziemlich anders schmecken könnte als der in Russland hergestellte: in Russland benutzen „viele Käseproduzenten so gut wie keine natürliche Milch,
sondern verwenden Milchpulver aus Weißrussland mit viel Wasser und
Palmöl aus Vietnam." - Na dann: wohl bekommt's!
In Lettland ist zur gegenwärtigen Jahreszeit - Mittsommer - erst mal eine andere Käsesorte dran: der "Jāņu siers" ("Johannis-Käse"). Der wird von vielen selbst hergestellt, hausgemacht, mit ordentlich viel Kümmel natürlich. Noch einmal die Statistik: allein 186.700 t "Jāņu siers" wurden 2017 in Lettland produziert (delfi) - sechs lettische Molkereien haben in Lettland die Lizenz dazu (lsm). Diese Sorte wird nach einheitlichen EU-Verordnungen als "garantiert traditionelle Spezialität" hergestellt, mit ungefähr dieser Rezeptur: 28-50 Liter Magermilch, 10-13 kg Magermilch-Quark, 1-1,2 kg Butter mit 82% Fett oder 2,5 Liter süße Sahne mit 35% Fett, 600-1000 g Eimasse, 40-50 g Kümmel und 100-120 g Salz. Das Rezept stammt vom "Käse-Klub". Also: Gutes Gelingen! "Sieru, sieru Jāņamāte!"
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