7. Juli 2024

Den Hut nehmen

In Lettland Medizin zu studieren - auch für Deutsche eine schon länger bekannte Option. Interessierte werden vorab mit deutschsprachigen Informationen zum Studium an der "Rīgas Stradiņa universitāte" (RSU) und ausführlichen deutschsprachigen Webseiten versorgt. "Bildungsflucht ins Baltikum" nannte es der "Spiegel" schon vor einigen Jahren. 

Deutsche Flüchtlinge

"Studimed" zitiert den Stand von 2023:  2.900 internationale-Studierende aus 65 verschiedenen Ländern (28% der gesamten Studentenschaft), davon 2.500 im Bereich Medizin. Laut Webseite der RSU sind es gegenwärtig (Juli 2024) 10.467 Studierende, davon 2.501 internationale (also 23,9%).  Die Universitäten von Berlin, Münster, Lübeck, Dresden, Würzburg, Halle, Gießen und Köln unterhalten partnerschaftliche Kontakte zur RSU. 

Studierende erwartet eine sechsjährige akademische Ausbildung (12 Semester) mit einem Abschluss als „Medical Doctor“ (MD). Dieser "Doktorhut" wird jedoch nur selten im Land der Ausbildung, also in Lettland genutzt. Lettische Medien nahmen die Ausgabe von 166 Abschlussdiplomen am 5. Juli zum Anlass, mal aus lettischer Sicht Bilanz zu ziehen: "Die meisten ausländischen Medizinstudenten der RSU verlassen Lettland nach ihrem Studium" (lsm). 

Keiner - oder einer

Letztes Jahr blieb niemand in Lettland, dieses Jahr weiß ich von einem deutschen Student der in Lettland bleiben will - das ist doch schon mal ein Fortschritt“, meint Rektor Aigars Pētersons. Das lettische Gesundheitssystem könne eben nicht mit Systemen so wie in Deutschland oder Schweden konkurrieren.

Manche der Absolventinnen und Absolventen planen auch, nach sechs Jahren Studium erst einmal eine Pause einzulegen, berichtet LSM. Aber fast alle verbinden ihre Zukunftspläne mit einem anderen Land als Lettland. Eine Absolventin aus Finnland begründet ihre Pläne so: „Ich denke, ich werde Lettland zumindest noch einmal besuchen. Aber ich spreche weder Lettisch noch Russisch so gut, deshalb könnte ich hier nicht arbeiten.“ Auch eine Kollegin aus Norwegen begründet es ähnlich: "Der Hauptgrund ist die Sprachbarriere, das ist ein großes Problem. Und die wirtschaftlichen Bedingungen- aber der Rest wäre in Ordnung." Außerdem habe auch das Land Norwegen die Kosten des Studiums übernommen - also sei auch die Rückkehr eine logische Konsequenz. Und Hanna, eine Doktorantin aus Schweden, beschreibt die Situation so: "Es ist ziemlich schlimm, die Leute müssen in Lettland auch in Restaurants arbeiten und zwei oder drei Jobs haben, um sich die Miete und solche Dinge leisten zu können. Ich denke, das ist ein wichtiger Grund, warum die Leute nicht bleiben.“ 

Mehr Lächeln, weniger online

Von Anne Schönell kommt noch ein schöner Vergleich mit der Universität Ulm: dort fänden alle Vorlesungen in Präsenz statt, während in Riga alles auch online aufgezeichnet zur Verfügung stehe.(thieme)

Eine detaillierte Meinungsäußerung, abseits aller anderen Gründe nicht in Lettland zu bleiben, ist von Luisa Krahnen aus Leupzig zu lesen (bewerbungsrenner.de). In Lettland werde wenig gelächelt, der Unterricht sei "ein wenig verschult". Und, als Antwort auf die Frage nach Englisch als Unterrichtssprache: "Ich habe mein Abi in Kanada gemacht, insofern war mir das ganz lieb. Ich hatte mich auf ein internationales Umfeld gefreut, aber wir waren fast nur Deutsche, das fand ich traurig." Die Studiengänge der Letten und Deutschen seien strikt getrennt, in soforn sei unter den Deutschen auch die Motivation zum Lettischlernen nicht sehr hoch. 

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