Estlands frisch gewaehlter Praesident Toomas Hendrik Ilves zeigte ungewohnte pro-baltische Neigungen, als er seinen ersten Auslandsbesuch bei seiner lettischen Kollegin Vike-Freiberga in Riga machte. "Lettland liegt mir am Herzen", zitierte ihn die heimische Presse.
Dass Ilves in Lettland sogar noch vor dem traditionellem Besuch beim "grossen Bruder" Finnland Station machte, fand auch in der lettischen Presse ausfuehrlichen Wiederhall. "Estlands erster Praesident, der auch mit Laptop und Handy unterwegs ist", schrieb DIENA am 13.Oktober, nicht ohne zu erwaehnen, dass Ilves als eine seiner ersten "Amtshandlungen" auch das Grab des verstorbenen estnischen Praesidenten Meri besucht habe. "Er war mir ein grosses Vorbild und sehr guter Freund. Ich wollte ihm nur sagen, dass ich versuchen werde, ein so guter Praesident zu sein wie er es einer war." (Ilves ueber Meri, zitiert nach DIENA).
Eine weitere Anekdote wird von der Pressekonferenż Ilves in Riga berichtet. Journalisten hatten das schon die vergangenen Monate beliebte "Baerenthema" aufgegriffen: auf der estnischen Insel Ruhnu war im Fruehsommer ein Baer gesichtet worden, von dem es damals hiess, er habe sich mit auftauendem Eis aus Lettland auf die estnische Insel gerettet. Inzwischen ist das Pelztier aber vor den Reporteraugen erneut geflohen und ward nicht mehr gesichtet. Lettischen Lokalzeitungen zufolge seien jetzt ueberraschend Baerenspuren nahe dem kurlaendischen Dundaga aufgetaucht. - Hat man aber schon mal den estnischen Prasidenten vor sich, kann man ihn ja auch mal in dieser Sache befragen. "Keine Angst, in Estland haben wir aber doch gar kėinen Lacplesis" (lettische Sagengestalt = Baerenreisser) so Ilves zur lettischen Presse - und hatte die Sympathien auf seiner Seite (und gleichzeitig die Beweise fuer Kenntnisse in lettischer Befindlichkeit).
Land ohne Regierung - aber mit hoechsten Staatsgaesten
Auch morgen wird schon wieder ein Staatsgast erster Guete in Riga erwartet: die britische Koenigin Elisabeth II besucht, aus Litauen kommend, auch Riga. Auch dies hat einigen symbolischen Wert, beeilt sich die lettische Presse zu betonen (DIENA). Neu hervorgekehrt werden dabei Bezuege Rigas zum Vereinigten Koenigreich: so war der Schotte George Armisted 1901 bis 1912 Buergermeister von Riga und veranlasste u.a. den Bau von Schloss Jaunmoku bei Riga, damals zur Feier des 700-jaehrigen Staedtegeburtstages.
Britisch/englische Anteile an der Erlangung der lettischen Unabhaengigkeit 1918 sind natuerlich ebenso unvergessen.
Derweil spekulieren die politischen Auguren immer noch ueber die Zusammensetzung der neuen lettischen Regierung. Drei Parteien (Tautas Partija, Pirma Partija/Latvijas Cels und die Gruene Bauernliste) wollen so gut wie sicher weiterarbeiten in der Regierung und haben 51 von 100 Stimmen im lettischen Parlament sicher. Ob es eine erweiterte Koalition entweder mit den national gesinnten von "Tevzemei un Brivibai" oder mit "Jaunais Laiks" (JL) geben wird, scheint sehr weitgehenden politischen Verhandlungen ueberlassen. Sollte dabei die Repse-Partei der JL aussen vor bleiben, spekulieren einige Medien bereits mit Veraenderungen auch im Stadtrat von Riga - einem beliebten Objekt von Machtspielchen aller Parteien. Obwohl dort Jaunais Laiks mit 14 Sitzen den weitaus groessten Einfluss hat, vermuten nach dem erfolgreichen Wahlkampf der Tautas Partija unter Regierungschef Ainars Kalvitis einige einen erhoehten Machtanspruch aus dieser Richtung. Da bleiben auch Gedankenspiele der Kooperation mit den Sozialdemokraten oder sogar dem "Saskanas Centrs" im Rigaer Stadtrat nicht tabu. Wahrscheinlich ist das jedoch nicht sehr - zu gross ist die Auswahl moeglicher politisch nahestehenderer Partner fuer Kalvitis. Aber die lettische Presse hat immer schon gern mal zu beweisen versucht, dass sie mit Spekulationen und Geruechten gut Seiten fuellen kann ...
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen