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| Regale, Bücher und Lesende |
Eine schöne Aktion kam in diesem Jahr von der Lettischen Nationalbibliothek: "Schickt uns ein Foto, ein Selfie mit eurem Bücherregal!" ("Mans grāmatplaukts") Gefeiert werden 500 Jahre lettischsprachige Bücher. (siehe auch: Posterausstellung)
Die Geschichte dieser angeblich ersten lettischen Bücher ist jedoch spannend. "Eine unvollendete Detektivgeschichte" nennt Historiker Thomas T. Müller es in einem Interview mit der Zeitschrift "IR". (siehe auch: Luthermuseen)
Was meint er damit?
Lettisch als Schriftsprache - damals illegal
Vor 500 Jahren wurden im Hafen von Lübeck Bücher gefunden, soviel ist einer knappen Notiz von Johannes Brandes zu entnehmen, der damals Dekan des Domkapitels von Lübeck war. Ein Fass mit verbotenen lutherischen Büchern sei gefunden worden, darunter solche "in livonischer, lettischer und estnischer Sprache". Auch wenn Brandes diese Notiz sogar mit einem Datum versah - es soll am 8. November 1525 passiert sein - so gibt es eben außer diesem Dokument keinen Nachweis, dass es damals wirklich Bücher in lettischer Sprache gab. Und bei der Angabe "livonisch" steht noch mehr in Zweifel, was damit gemeint sein könnte: Livisch? Oder doch eher niederdeutsch?
Die erwähnten Bücher gibt es heute nicht mehr - zumindest hat niemand sie je wieder gesehen. In sofern schlussfolgert Historiker Müller, es sei noch viel zu tun, um hundertprozentig zu beweisen, dass es diese angeblich lettischsprachigen Bücher wirklich gegeben habe. Und außerdem habe in Lübeck 1525 ziemlich sicher niemand Bücher dieser damals "seltsamen Sprachen" lesen können.Seltsame Sprachen, aufwändige Bücher
Die Reformationsbewegung habe damals versucht, ihre Botschaft auch in den Sprachen der Völker, die missioniert werden sollten, zu verbreiten, so heißt es. Bücher für alle, die lesen konnten - nicht nur für Geistliche. "Es waren deutschsprachige Reformatoren wie Silvester Tegetmeier und Andreas Knöpken, die in der St.-Jakobs-Kathedrale bzw. in der St.-Petri-Kirche tätig waren", meint Historiker Müller. "Aber auch der Prediger Melchior Hofmann, der kurz vor der Veröffentlichung dieser Bücher noch in Wittenberg gewesen war und zusammen mit Luther einen Brief an die Livländer veröffentlicht hatte, der ebenfalls gedruckt wurde." Historiker Müller hält es ebenfalls für möglich, dass damals Studenten aus Livland in Wittenberg gewesen seien, die Lettisch beherrschten. Denn auch Prediger Hofmann habe Reisegefährten gehabt, die sich mit der estnischen Sprache auskannten. "In der Druckerei in Wittenberg, wo diese Bücher gedruckt worden sein könnten, müsste man mal nachsehen, ob dort Buchstabenformen gefunden werden könnten die auf den Druck lettischer Bücher hinweisen – das könnte eine neue Forschungsrichtung sein." (IR)Und schließlich: es ist nicht bewiesen, dass die 1525 aufgefundenen Bücher auch wirklich verbrannt wurden. Einzelne Buchseiten könnten wiederverwertet worden sein, als Umschlag zu einem anderen Buch zum Beispiel. Wer also noch entsprechend alte Bücher im Archiv haben sollte, könnten mal nachsehen.
































