28. August 2014

Ukraine, Rußland und das Baltikum – Angela Merkel in Riga

Schon 2008 während des kurzen Krieges zwischen Georgien und Rußland, haben die baltischen Staaten Partei ergriffen für die kleine kaukasische Republik, obwohl damals zweifelsfrei deren Präsident den ersten kriegerischen Schritt unternommen hat. Seit nun in der Ukraine Aufständische russischer Nationalität offensichtlich vom großen Nachbarn Unterstützung erfahren, herrscht Angst im Baltikum, insbesondere nach der Annexion der Krim. Gemeinsam mit Polen wünscht man sich daher, daß nicht nur irgendwelche Fliegerkräfte vor Ort für Sicherheit sorgen, sondern möglichst eine Basis der NATO in einem der genannten Staaten etabliert wird. Dahinter stellen sich sowohl Poens Präsident Bronisław Komorowski als auch der lettische Verteidigungsminister Raimonds Vējonis. Die Ministerpräsidentin Norwegens, Erna Solberg, wiederum äußerte sich in diesem Punkt kritisch. Sie wie auch verschiedene deutsche Experten einen solchen Schritt für eine Provokation Rußlands halten.

Bundeskanzlerin Merkel besuchte am 18. August Riga und hielt eine kurze Ansprache vor dem Freiheitsdenkmal gemeinsam mit ihrer lettischen Amtskollegin Laimdota Straujuma. Sie versicherte den baltischen Staaten vor dem Hintergrund der Ereignisse in der Ukraine die Solidarität Deutschlands und des Westens. Die NATO werde künftig in den östlichen Mitgliedsstaaten eine viel stärkere Präsenz zeigen als bisher. Stützpunkte der Allianz in Osteuropa lehnte Merkel mit Hinweis auf Versprechungen an Rußland aber erneut ab. Dieses Abkommen von 1997 habe Rußland mit seiner Annexion der Krim bereits gebrochen, entgegnete dem bereits vor Monaten der estnische Außenminister Urmas Paet. Immerhin gibt es verstärkte Militärmanöver in Lettland, an denen mindestens zehn Staaten der NATO beteiligt sind. Dazu kommt die Entsendung von Marineinfanteristen aus den USA. Diese Aktivitäten können nicht darüber hinwegtäuschen, daß die baltischen Staaten Teil der NATO sind, deren 5. Artikel – der Bündnisfall – und der entsprechende Beistand der Bündnispartner auch für Estland, Lettland und Litauen gilt.

Für viele Beobachter, darunter auch den Autor dieser Zeilen, sollte das im Gegenteil zur Ukraine und auch zu Georgien, die noch 2008 von Deutschland und Frankreich als mögliche Bündnispartner gegen George Bush den jüngeren abgelehnt wurden, daß eine akute Gefahr für einen Angriff Rußlands auf die baltischen Staaten nicht gegeben ist. Richtig. Es gibt eine große russische Minderheit gerade in Lettland und Estland, deren öffentliche Meinung durch das russische Fernsehen rpo-Putin beeinflußt wird. Es sollte aber auch nicht vergessen werden, daß eine Entscheidung zugunsten der Assoziierung mit der EU, die im Frühjahr zu Massendemonstrationen in Kiew geführt haben und in der Absetzung der amtierenden Regierung endeten, die Aufstände im Osten der Ukraine ausgelöst haben. Vergleichbare Aufstände gab es auch in mehrheitlich russisch besiedelten Gebieten Lettlands und Estlands nicht einmal, nachdem 2004 beide Staaten der EU und der NATO beitraten. Zweifelsohne hat Rußland auch andere Möglichkeiten der Einflußnahme. Seit langem werden von reichen Personen aus Rußland Immoblien besonders im Badeort Jūrmala nahe Riga erworben. Außerdem trifft die Landwirtschaft der baltischen Staaten die Reaktion Rußlands auf die Sanktionen des Westens wegen der Ukraine-Krise ein Boykott von Lebensmitteln. Dennoch, am Rathaus der litauischen Hauptstadt Vilnius hängt eine Tafel mit einem Versprechen von George Bush dem älteren, daß nämlich, wer sich Litauen zum Feinde mache, automatisch die USA als Feind habe.

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