nun gut, ich habe das Thema unterschätzt. Nur weil irgendeine Zeitung in Österreich offenbar die drei baltischen Staaten nicht auseinander halten kann, muss der Vorschlag, Vaira Vīķe-Freiberga zur Präsidentin des EU-Parlaments (schrieb ich erst - korrekt muss es aber heißen: des Europäischen Rats) wählen zu wollen, noch nicht falsch sein.
Europäische Waschküche offenbar - stark gerüchtehaltig, neblig, undurchsichtig, wer hat da welche Karten im Spiel?
Das ZDF widmete sich heute nachmittag (Europa heute) ebenfalls dem Thema. Aber neben Claude Juncker und Tony Blair werden in der deutschen Presse bisher in diesem Spiel keine konkreten Namen genannt. Ist es nicht ähnlich wie beim Geschacher um den Posten des UN-Vorsitzenden, als viele die Kandidatur von Vike-Freiberga gut fanden, aber ihre tatsächlichen Wahlchancen als gering einschätzten?
Immerhin war die ehemalige lettische Präsidentin NIE Politikerin. Ethnologin, Psychologin, Europa-Freundin, reicht das?
Seit heute nachmittag gibt es auch eine Pressemitteilung der lettischen Nachrichtenagentur LETA dazu. Vīķe-Freiberga habe eingewilligt, als Kandidatin für den Posten der Präsidentin des EU-Parlaments zur Verfügung zu stehen, heißt es da. Regierungschef Dombrivskis habe ihr die volle Unterstützung durch die lettische Regierung zugesagt. Vīķe-Freiberga sei mit ihrem "Wissen, ihrer Erfahrung und ihre linguistischen Fähigkeiten" (sie spricht Lettisch, Englisch, Französisch, Deutsch und Spanisch) eine gute Kompromisskandidatin, da die EU-Staaten sich über die Besetzung des Postens noch nicht einigen konnten.
Daina Lasmane, die persönliche Sekretärin Vīķe-Freibergas, stellt es so dar: VVK sei "auf Reisen" von sehr vielen Einzelpersonen und auch Nichtregierungsorganisationen angesprochen und zu einer Kandidatur ermutigt worden. Der gegenwärtige Außenminister Māris Riekstiņš wiederum hatte gegenüber LETA lediglich "nicht ausgeschlossen", dass Lettlland auch eine/n eigene/n Kandidat/in nominieren könnte.
Gibt es noch andere Äußerungen dazu? "The Local" zitiert die schwedische EU-Kommissarin Margot Wallström mit der Aussage "es sollte eine Frau machen". In diesem Beitrag wird übrigens bestätigt, dass der Vorschlag zu Gunsten Vīķe-Freiberga tatsächlich von Seiten Litauens kam. Die Leser/innen-Diskussion auf derselben Seite zeigt aber nur, dass viele einen EU-Präsident Blair verhindern wollen. Manche schlagen sogar Angela Merkel als Kandidatin vor (aber keiner erwähnt Vīķe-Freiberga näher).
Baltic Times (ja, sie erscheint noch!), titelt heute "Vīķe-Freiberga sei bereit Präsidentin zu werden" (das muss sich für lettische Leser/innen doch fast als Witz verstehen, wer die EU-Postenschiebereien nicht so im Blick hat). Und hier wird nun auch Dalia Grybauskaite, die "echte" Präsidentin Litauens, nun auch als Unterstützerin dieser Kandidatur aufgeführt. Earth Times wiederum meint, auch der estnische Präsident Ilves sei schon mal als Kandidat genannt worden, und überhaupt spreche vielleicht ihr Alter inzwischen gegen Vīķe-Freiberga (sie wird am 1.Dezember 72 Jahre alt). Angeblich hätten sich die Polen besonders zu Gunsten von Ilves ausgesprochen.
Angela Merkel wurde heute als deutsche Kanzlerin erneut gewählt. Aber eine Frau an der Spitze von Europa? Eine Osteuropäerin, wenn auch eine "international angewärmte, auf einem Chefsessel in Brüssel? Schön um die Verwirrung allerseits, aber ich glaube es nicht. Jemand anderer Meinung?
Angela Merkel wurde heute als deutsche Kanzlerin erneut gewählt. Aber eine Frau an der Spitze von Europa? Eine Osteuropäerin, wenn auch eine "international angewärmte, auf einem Chefsessel in Brüssel? Schön um die Verwirrung allerseits, aber ich glaube es nicht. Jemand anderer Meinung?
3 Kommentare:
Man kann ja ruhig kritisieren, daß österreichische Journalisten Lettland und Litauen verwechseln. Den leicht arrogante Unterton des Bloggers mag man dabei noch hinnehmen, aber wenn der gleiche Blogger dann selbst die Institutionen der Europäischen Union nicht auseinanderhalten kann... Es geht zur Zeit nicht um die Besetzung des Postens des Präsidenten des EU-Parlamentes, sondern um den des Präsidenten des Europäischen Rates, eines mit dem Lissaboner Vertrag neu geschaffenen Postens. Einen neuen Präsidenten des Parlamentes gibt es bereits seit Juli diesen Jahres (übrigens ein Osteuropäer: Jerzy Buzek aus Polen). EU-Parlament und Rat zu verwechseln ist etwa so, als würde man Bundestag und Bundesrat verwechseln - oder eben Lettland und Litauen...
stimmt, haste Recht - verwirrungen in der europäischen Gerüchteküche. Ratspräsident war auch gemeint. aber ein blick in die verschiedenen Berichte wird offenbaren, dass da so manches durcheinandergeht. und ich möchte nicht noch weiter dokumentieren, was da angeblich an Posten zu besetzen ist ...
mein versuch, es zu sortieren, war unvollkommen, gebe ich zu. danke für die klarstellung.
inzwischen hat es auch die deutschen medien erreicht.
zweiter kommentar dazu: auch mein erster Eindruck in dieser Sache war falsch, wie ich mit dem zweiten Post auch eigentlich ausdrücken wollte. Die "Verwechslung" war wohl weniger durch einfache Unkenntnis hervorgerufen, sondern durch einen litauischen Vorschlag zur Postenbesetzung, der eine Lettin aufs Schild heben will - und Lettland selbst reagiert erst sehr viel später. Zumindest der Presse gegenüber.
Vielleicht hätte ich es da auch falsch berichtet ... (denn die österreichische Presse war sehr früh mit ihren Meldungen)
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