27. Oktober 2009

Österreichs Lettlandkennerinnen

Auch zwei Jahre nach Ende ihrer Amtszeit ist die ehemalige lettische Präsidentin Vaira Vīķe-Freiberga immer noch international bestens bekannt. Sollte man meinen. Oder vielleicht sollten speziell die Mitmenschen aus Österreich doch mal wieder ein paar Leserbriefe schreiben an ihre Zeitungen. Zum Beispiel an den KURIER, der in der heutigen Ausgabe folgendes zur Frage der Vergabe der Spitzenpositionen bei der Europäischen Union Folgendes meldet:  

"Für den Ratspräsidenten hat einer offen Interesse geäußert: Der dienstälteste Regierungschef in der EU, Luxemburgs Ministerpräsident Jean-Claude Juncker, würde die Rolle übernehmen. Juncker: "Wenn alles passt und wenn der Wunsch an mich herangetragen würde, würde ich nicht von vornherein Nein sagen. Aber das Profil muss passen."   Neben Juncker hat der frühere britische Premier Tony Blair intern erkennen lassen, den Job gerne zu machen. Öffentlich hat er sich selbst dazu aber noch nicht geäußert. Genannt werden zudem der niederländische Premier Jan Peter Balkenende oder der frühere finnische Premier Paavo Lipponen. Litauen hat seine ehemalige Präsidentin Vaira Vike-Freiberga vorgeschlagen."  Zitat Ende. 

Na ja, wer blickt schon bei der EU so richtig durch? Ich bin mal gespannt, ob es jemand korrigiert. Wo doch erst vor wenigen Tagen Österreichs Außenminister Spindelegger seinen Kollegen Vygaudas Ušackas traf (Pressemeldung), und diesem versicherte, die gegenseitigen Beziehungen seien "ausgezeichnet und von vielen Gemeinsamkeiten gekennzeichnet". Da darf spekuliert werden, mit welchem Land aus baltischer Sicht Österreich dann zu verwechseln wäre? Sind die eigentlich unabhängig? 

Oder vielleicht wurde die berichterstattende Journalistin einfach an den falschen Ort geschickt? Gerade heute hält Vaira Vīķe-Freiberga nämlich einen Vortrag. Thema: "Die Herausforderung eines wirklich geeinten Europas". Vortragsort: Lugano. Auch ein europäisches Nachbarland Österreichs. 

Ergänzung, 28.10.: offensichtlich hat diese Meldung zwei weitere österreichische Varianten, aus denen der Grund für den "Flüchtigkeitsfehler" auch erahnt werden kann.  
Die "Kleine Zeitung" brachte zum gleichen Thema: "Außenminister Spindelegger bestätigte indes das Interesse Österreichs an einem der beiden verbleibenden EU-Spitzenposten, nannte aber weder Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) noch Außenministerin Ursula Plassnik (V) namentlich, die im Gespräch sind. "Sie werden bald eine längere Menü-Liste sehen", sagte der litauische Außenminister Vygaudas Usackas. Und mit der lettischen Ex-Präsidentin Vaira Vike-Freiberga bereicherte er das EU-Postenkarussell um einen weiteren Namen."

Die Neue Züricher Zeitung NZZ schrieb dazu: "Der britische Aussenminister Miliband forderte einen «starken» Ratspräsidenten, ein Kriterium, das der frühere Premierminister Blair zweifellos erfüllt. Milibands Amtskollege aus Litauen, Usackas, sprach sich für die ehemalige lettische Präsidentin Vike-Freiberga aus."


Was lernen wir daraus? Österreichs Journalisten entdecken ein Thema. Vielleicht sollte ein Außenminister damit rechnen, dass ausländische Journalisten sein kleines Land nicht so genau kennen, und lieber nur von seiner eigenen Präsidentin sprechen?

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