Kürzlich hatte Präsident Valdis Zatlers dem Parlament ein verfassungsrechtlich zweifelhaftes Ultimatum gestellt, um einige von ihm konkret benannte Forderungen zu erfüllen, verbunden mit der Drohung, andernfalls die Parlamentsauflösung anzuregen.
Exkurs: In einem Gastvortrag an der Rigaer Privathochschule Turība sprach am Dienstag Marlis Prinzing aus dem schweizerischen Freiburg über die Veränderungen in der Presselandschaft angesichts der sich rasant entwickelnden Möglichkeiten der elektronischen Medien.
Was hat dies mit der Demokratie in Lettland zu tun?
Während der anschließenden (schleppenden) Diskussion behaupteten einige Studenten, die Presse in Lettland sei nicht frei, in den Zeitungen stünde nicht die Wahrheheit und überhaupt dürfe man sich in Lettland nicht frei äußern – freilich ohne, daß jemanden aufgefallen wäre, daß in diesem Moment ja eben dies geschah.
Daß die Studenten des Programmes Öffentlichkeitsarbeit den Umstand verurteilten, Parteien und Politiker kauften die Publikation, überraschte, schließlich ist PR-Experte exakt, was die Studenten zumindest der Studienfachwahl nach beabsichtigt hatten.
Abgesehen davon, daß die Weisheit von der Abwesenheit einer allgemeingültigen Wahrheit trivial ist, fehlt vielen Letten das Wissen und Verstāndnis von der Eigentümerschaft im Medienwesen. Außenpluralität ist gerade gedacht, für eine Kakophonie der Meinungen zu sorgen, was im Rundfunk eben lange nicht möglich war. Also hat selbstverständlich jedes Blatt eine politische Richtigund, die taz ist nicht die FAZ, le monde nicht libération.
Doch zurück zur Ausgangsfrage. Eine fehlende Meinungs- und Pressefreiheit in Lettland zu konstatieren, ist schon ziemlich weit hergeholt. Ganz andere Dinge, die im Lande vor sich gehen, geben Anlaß zu Bedenken.
So haben nunmehr die Fraktionen begonnen, die Koordination der Parlamentsarbeit dem Präsidenten zu übertragen. Nach der Geschäftsordnung der Saeima beschließt das Präsidium über die Tagesordnung der Debatten. Die Parteien ziehen es jedoch plötzlich vor, darüber gleich in der Rigaer Burg mit dem Präsidenten zu diskutieren.
Dies gilt auch für die Verhandlungen über die Bildung einer neuen Regierung, während die alte noch im Amt und nicht etwa zurückgetreten ist und überdies über eine Mehrheit verfügt, was Innenminister Mareks Segliņš lakonisch klarstellte, gleichzeitig jedoch die Offenheit für andere Konstellationen bekundete.
Der Präsident übernimmt damit Aufgaben, die der Verfassungs nach Legislative und Exekutive obliegen. Das Präsidentenamt in Lettland ist bereits mit für eine parlamentarische Demokratie überraschend vielen Rechten ausgestattet. Jetzt aber befindet sich das politische Alltagsgeschäft nicht mehr auf dem Boden der Verfassung.
In Lettland sehen das einige gelassen, verlangt doch der Präsident in der Krise das, was schon lange die Hausaufgaben der Politik gewesen wäre. Aber eine Demokratie muß sich gerade in der Krise beweisen, so wie beispielsweise mit dem Impeachment gegen Rolandas Paksas in Litauen vor wenigen Jahren.
Exkurs: In einem Gastvortrag an der Rigaer Privathochschule Turība sprach am Dienstag Marlis Prinzing aus dem schweizerischen Freiburg über die Veränderungen in der Presselandschaft angesichts der sich rasant entwickelnden Möglichkeiten der elektronischen Medien.
Was hat dies mit der Demokratie in Lettland zu tun?
Während der anschließenden (schleppenden) Diskussion behaupteten einige Studenten, die Presse in Lettland sei nicht frei, in den Zeitungen stünde nicht die Wahrheheit und überhaupt dürfe man sich in Lettland nicht frei äußern – freilich ohne, daß jemanden aufgefallen wäre, daß in diesem Moment ja eben dies geschah.
Daß die Studenten des Programmes Öffentlichkeitsarbeit den Umstand verurteilten, Parteien und Politiker kauften die Publikation, überraschte, schließlich ist PR-Experte exakt, was die Studenten zumindest der Studienfachwahl nach beabsichtigt hatten.
Abgesehen davon, daß die Weisheit von der Abwesenheit einer allgemeingültigen Wahrheit trivial ist, fehlt vielen Letten das Wissen und Verstāndnis von der Eigentümerschaft im Medienwesen. Außenpluralität ist gerade gedacht, für eine Kakophonie der Meinungen zu sorgen, was im Rundfunk eben lange nicht möglich war. Also hat selbstverständlich jedes Blatt eine politische Richtigund, die taz ist nicht die FAZ, le monde nicht libération.
Doch zurück zur Ausgangsfrage. Eine fehlende Meinungs- und Pressefreiheit in Lettland zu konstatieren, ist schon ziemlich weit hergeholt. Ganz andere Dinge, die im Lande vor sich gehen, geben Anlaß zu Bedenken.
So haben nunmehr die Fraktionen begonnen, die Koordination der Parlamentsarbeit dem Präsidenten zu übertragen. Nach der Geschäftsordnung der Saeima beschließt das Präsidium über die Tagesordnung der Debatten. Die Parteien ziehen es jedoch plötzlich vor, darüber gleich in der Rigaer Burg mit dem Präsidenten zu diskutieren.
Dies gilt auch für die Verhandlungen über die Bildung einer neuen Regierung, während die alte noch im Amt und nicht etwa zurückgetreten ist und überdies über eine Mehrheit verfügt, was Innenminister Mareks Segliņš lakonisch klarstellte, gleichzeitig jedoch die Offenheit für andere Konstellationen bekundete.
Der Präsident übernimmt damit Aufgaben, die der Verfassungs nach Legislative und Exekutive obliegen. Das Präsidentenamt in Lettland ist bereits mit für eine parlamentarische Demokratie überraschend vielen Rechten ausgestattet. Jetzt aber befindet sich das politische Alltagsgeschäft nicht mehr auf dem Boden der Verfassung.
In Lettland sehen das einige gelassen, verlangt doch der Präsident in der Krise das, was schon lange die Hausaufgaben der Politik gewesen wäre. Aber eine Demokratie muß sich gerade in der Krise beweisen, so wie beispielsweise mit dem Impeachment gegen Rolandas Paksas in Litauen vor wenigen Jahren.
24 Kommentare:
Ist Demokratie die beste Staatsform?
Dazu hat sich bereits Winston Chirchill sehr treffend geäußert: "Democracy is the worst form of government, except for all those other forms that have been tried from time to time." (from a House of Commons speech on Nov. 11, 1947) Ich pflege hinzuzufügen, daß ich eine Diktatur unter einer Bedingung befürworte: Ich bin der Diktator.
Ist die Demokratie die beste Staatsform für Lettland?
Sollte Lettland die Demokratie abschaffen, wird es Probleme mit der NATO geben, aber noch mehr mit der EU. Ich werde dann sofort emigrieren.
Wo ist die Grenze zwischen Demokratie und Anarchie?
Anarchie ist ein Begriff, der historisch zur Beschreibung verschiedener Zustände bewertet wurde und von Theoretikern sogar bis zur Ideologie ausgebaut wurde. Eigentlich beschreibt das Wort die Abwesenheit von Herrschaft. Die aber gibt es nicht einmal in den sogenannten failed states wie Somalia. Da herrscht zwar die Regierung nicht, dafür aber Warlords. Erweitert man das Verständnis von Anarchie bis hin zum Chaos, dann fiele Somalia wieder darunter. Demokratie kommt aus dem griechischen und bedeutet Regierung des Volkes. In den Polis der Antike, in denen nicht wie heute jeder wahlberechtigt war, ließ sich das umsetzen. In Millionen Menschen umfassenden Staaten gibt es eine repräsentative Demokratie. Einzig in der Schweiz werden mitunter noch Landgemeinden zelebriert: das Volk versammelt sich auf dem Dorfplatz und stimmt durch Handzeichen ab – hier allerdings kann man nicht behaupten, das Wahlgeheimnis sei gewährleistet.
Ich habe diese Frage gestellt, weil Platon darüber nachdachte, ob die Demokratie in einer Anarchie übergehen könnte. Na ja, die Demokratie in den Polis war ganz anderes, als das Demokratievertändnis seit der Neuzeit.
Ja, damals war es im Grunde die Oligarchie einer Elite, der Reichen. Seit langem gilt one man one vote, und seit 50 bis 100 Jahren, je nach Land, haben sogar Frauen das Stimmrecht.
Na ja, ich habe ein wenig Ahnung von der Geschichte, Soziologie, Literatur und Philosophie, aber keine Ahnung von der Politik... :)
Es gibt doch das deutsche Sprichwort, jedes Volk hat die regierung, die es verdient hat. Zu LV meine deutschen und lettischen Publikationen zum download auf der Homepage www.infobalt.de/reetz.html
Dann htten Deutsche auch das Nazi-Regime verdient?
Die Menschen haben die Nazis massenhaft gewahlt und Hindenburg zum Prasidenten gemacht, obwohl sich alle demokratischen Parteien hinter Wilhelm Marx gestellt hatten. Die Weimarer Koalition der Demokraten hatte nur einmal, in der Weimarer verfassungsgebenden Versammlung eine Mehrheit.
Die Russen haben Putin und Medwedew auch gewahlt.
Ich habe nur die Gültigkeit des Satzes nach den Grundprinzipien der Logik, die schon seit Aristoteles gelten, überprüft:
„Jedes Volk hat die Regierung, die es verdient.“
Deutschen sind ein Volk.
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Deutschen hatten die Regierung, die sie verdient hatten.
Ist das nicht so, oder gilt die Aussage nicht?
Nach meinen Kenntnisse stammt der Spruch von einem Politiker wahrend der franz. Revolution. Hier geht es weder um Wissenschaft noch um Philosophie. Die Deutschen haben die NSDAP und Hindenburg gewahlt. Dieser hat Hitler am 30.1.33 zum Reichskanzler ernannt - der Verfassung entsprechend. Auch das Ermachtigungsgesetz wurde demokratisch verabschiedet. Die Weimarer Republik ist gescheitert, weil die Deutschen nicht demokratisch ngenug waren, sie zu verteidigen. Das ganz ging dann bis zu Goebbels Rede im Berliner Sportpalast: Wollt Ihr den totalen Krieg! - Es folgte Jubel.
P.S.: Welche Staamtsform sollte besser sein als die Demokratie.
Die beste Staatsform? Modifizierter und emanzipierter Platons idealer Staat, ausgenommen den Sklavenstand, und gemeinsame Ehepartner und Kinder bei dem Herrscherstand. :))
P.s. Wieso haben dann die Letten die Regierung, die sie verdienen? Sind die Letten wirklich so schelcht?
Die Letten? Das werde ich jetzt liebr nicht hier diskutieren. Aber daruber habe ich genug publiziert.
Das Platonsche Modell kenne ich nicht. Aber lasst es sich, wenn es denn so bevorzugenswert ist, in die Postmoderne ubertragen?
Der Platon wusste auch selbst, dass sein idealer Staat eine Utopie ist. Die zweit beste Variante nach Meinung Platons - nur der Herrscher muss ein Philosoph sein. Aber das hatten wir schon im 18. Jh.in Europa, der als aufgeklärter Absolutismus bekannt wurde (Friedrich II, Katharina II. und Joseph II).
Ja, und jetzt? Wo ist dann die Antwort auf die Eingangsfrage?
Die Antwort ist: nein, das lässt sich nicht in der demokratischen Staaten der Postmoderne übertragen. In meinen Model ist die Rede von einem professionellen Herrscherstand, in dem alle Menschen die Möglichkeit haben zum Herscherstand aufzusteigen.
Aber das ist dann doch die Demokratie.
Wenn man nach Lettland guckt, dann sind es doch nicht die Besten, die das Land regieren...Vielleicht können sie nur am schönsten Reden.
In Lettland regieren gewiss nicht die besten. Aber sie wurden vom Volk gewahlt! Ich erinnere an das Sprichwort...
Ich sage es ungerne, aber diese Diskussion dreht sich im Kreis.
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