Nach den politischen Turbulenzen der vergangenen Woche scheint vorläufig alles zur Ruhe gekommen zu sein. Unterschwellig zählen aber die Beobachter und die Medien die Tage, bis alles wieder von Neuem beginnen könnte. Und so manche Zeitungsschlagzeilen deuten darauf hin, dass die Menschen wohl nicht umsonst auf die Straße gegangen sind. Viele werden wiederkommen.
Die lettische Nachrichtenagentur LETA zitierte die Ausgabe von "Financial Times" vom vergangenen Mittwoch, der zufolge die politischen Unsicherheiten auch die wirtschaftliche Verletzlichkeit Lettlands am Weltmarkt verstärken könnte. Die derzeit im Haushalt für 2008 vorgesehenen Anti-Inflationsmaßnahmen der Regierung seien Schritte in die richtige Richtung, so wird Erki Rāsuke, Chef der Hansabank in Lettland, zitiert. Konsequent spekulieren daher einige Medien, der Rücktritt von Kalvitis könne auch noch nach der Verabschiedung des Haushalts im Parlament kommen, womit dann die finanzielle Stabilität zunächst erreicht sei.
Der von Regierungschef Kalvitis mit Entlassung bedrohte Chef der Anti-Korrutionsbehörde, Loskutovs, schätzte indessen in einem Fernsehinterview seine Chancen, doch noch im Amt zu bleiben, als 50:50 ein. Die Parlamentsabstimmung dazu steht noch aus.
Das Antikorruptionsbüro (lett. Abkürzung KNAB) gab indessen Zahlen zur Parteienfinanzierung in Lettland bekannt. Demnach haben zwei der Parteien die festgelegten Obergrenzen, die für Wahlkampfausgaben 2006 zulässig waren, weit überschritten. Zum einen ist das die Tautas Partija, die 529,980 Lat (ca. 750.000 Euro) für den Parlamentswahlkampf ausgab und damit die zulässige Grenze um 279.980 Lat (oder auch 190%) überschritten hat. Die "Pirma Partija" (Erste Partei, auch schon mal "Pastorenpartei" genannt) gab 401,610 Lats aus - bei nur 10 errungenen Mandaten sicher die am teuersten erkauften. Was nun wegen dieser Überschreitungen getan wird - es steht genauso in den Sternen wie die Schlagkraft des Chefs einer Anti-Korruptionsbehörde.
Nach dem Doppel-Rausschmiß aus "Tautas Partija" (Volkspartei) und Ministeramt für Aigars Štokenbergs ist nun auch der ehemalige Berater von Regierungschef Kalvitis, Jurģis Liepnieks, aus seiner Partei ausgeschlossen worden. Aigars Kalvitis und Andris Šķēle, Kopf und Geldsack der Partei, äußerten sich beide überzeugt, Štokenbergs und Liepnieks hätte schon seit Monaten über die Gründung einer anderen Partei nachgedacht. Näherer Beweise oder gar Taten bedurfte es da offenbar keine - bei dem gewichtigen Zeugnis dieser beiden Herren.
Für den 3.November hat eine neu gebildete Vereinigung "par tiesisku Latviju" (für ein rechtsstaatliches Lettland) zu einer Versammlung auf dem Domplatz von Riga aufgerufen. Diese Initiative, die eine Fortführung der Demonstrationen vom 18.Oktober sein möchte, als ca. 5.000 Menschen zusammen kamen, möchte nach den Worten der Filmemacherin Laila Pakalniņa "keine Show veranstalten, sondern gemeinsam überlegen, was getan werden kann um mehr Klarheit ins Parlament und Regierung zu bekommen."
Vielleicht eifern sie ja der Popularität von "Cūkmens" nach - einer lettischen Variante von "Batman". Cūkmens, mit eigener Webseite und Fernsehkampagne, soll als rosafarbener Held die Lettinnen und Letten zum Sauberhalten der Umwelt ermahnen. So in etwa gemäß dem "versaue Deine Umwelt nicht!". Doch "Schweine-Man" erinnert - durchaus auch wegen seines Aussehens - derzeit die Menschen eher an den ungeliebten Regierungschef, und so tauchen in der Hitze des Gefechts auch schon mal Plakate auf wie: "Weg mit Cūkmen!"
Den guten Wünschen für die Umwelt können wir uns nur anschließen.
Cūkmens Webseite
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