9. November 2023

Fahrer gesucht

Die Anzeige war ganz einfach formuliert: "Fahrer gesucht - mehrere Tausend Euro Verdienst pro Tag!" Die Aufgabenstellung: mit einem Kleintransporter in einen grenznahen Wald in Ungarn fahren, dort warten, nicht aussteigen! Es nähern sich Menschen, die hinten in den Frachtraum einsteigen. Ein kurzes Klopfen als Nachricht für den Fahrer - und los gehts. ("IR")

Die angeworbenen Fahrer ahnen manchmal gar nicht, dass sie nun Teil eines internationalen Netzwerks der organisierten Kriminalität geworden sind, durch Transport von Migrant/innen werden Millionen verdient. In letzter Zeit wuchs die Zahl der Litauer und Letten stark an, die sich als Schleuser für Flüchtlinge betätigen. Allein in Ungarn wurden von den Grenzbehörden inzwischen ein Litauer oder Lette pro Woche festgesetzt - im gesamten Jahr 2021 waren es 31 Litauer und 30 Letten. Inzwischen hat das lettische Außenministerium bereits Warnungen herausgegeben, sich nicht auf verdächtige Arbeitsangebote als "Fahrer" einzulassen. 

Wie "ReBaltica" berichtet, verkünde der ungarische Regierungschef Orban zwar lauthals ein rigoroses Vorgehen gegen Flüchtlinge, aber die Realität sehe anders aus. Ungarn stecke seit Jahren in einer Wirtschaftskrise. Die Polizei sie stark unterbesetzt, unterbezahlt und schlecht ausgerüstet. Sie sind offensichtlich nicht in der Lage, gegen die illegale Migration vorzugehen. Sowohl Einwanderer ohne Papiere als auch ihre Schleuser haben immer noch recht gute Chancen, das Land zu durchqueren. Verhaftete Schleuser aber, so wie Letten und Litauer, sollen schon, Schätzungen zufolge, bis zu 10% der Verhafteten in ungarischen Gefängnissen ausmachen. Wer erwischt wird, muss mit bis zu acht Jahren Gefängnis rechnen - und auch die ungarischen Anwälte nehmen ordentliche Honorare, in der Regel mehrere Tausend Euro. Aber Häftlinge kosten auch den ungarischen Staat Geld, so werden immer mal wieder Internierte einfach mal freigelassen. (rebaltica)

Geworben werden die Fahrer meist für einen Einsatz in Ungarn, Tschechien, Kroatien, Polen und Serbien - alles Länder aus der sogenannten "Balkan-Route", die Flüchtlinge als Durchgangsstation auf dem Weg nach Deutschland Station machen. Und vor Polizeikontrollen müsse man keine Angst haben, so versprachen die Auftraggeber - denn als Ausländer könnte niemand z.B. in Österreich bestraft werden. Eine Lüge.

In vielen Fällen kommt es anders. In der Zeitschrift "IR" wird auch das Beispiel eines 19-jährigen jungen Mannes genannt: er besuchte noch die letzte Klasse eines Gymnasiums, und wollte eigentlich Fotograf werden. Das müsse er jetzt wohl verschieben, denn die nächsten sieben Jahre werde er in einem Gefängnis in Österreich einsitzen müssen. (rebaltica)

In ungarischen Gefängnissen sitzen offenbar schon viele ein, die wegen Flüchtlingstransporten bestraft wurden. Einzelheiten dazu geben ungarische Behörden offenbar nicht einmal gegenüber den diplomatischen Vertretungen der betreffenden Länder heraus. Von litauische Grenzbehörden ist bekannt, dass dort im ersten Halbjahr 2023 schon 23 wegen solcher Transporte verhaftete Letten gemeldet wurden.

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