24. Juni 2020

Riga ungeführt

Warten auf die Riga-Touristen
Da war es wegen mehrfach verschobener Wahlen sowieso schon unklar, wer Riga derzeit wirklich führt, und dann auch noch das: werden bald auch die Gästeführerinnen und Gästeführer verschwunden sein? 450 "Guides" mit amtlichem Zertifikat gab es bisher in Riga - die meisten von ihnen leben derzeit von "dīkstāves pabalsts" (die lettische Bezeichnung für "Corona-Nothilfe"). Wer führt in Riga?

Bis zum 1.Mai war in diesem Bereich das Einkommen bereits um 80% oder mehr gesunken. Eine Umfrage ergab, dass von 146 Betrieben der Branche 86 diese Unterstützung bekommen (70% des Normallohnniveaus), aber der Rest der Betriebe bereits Hunderte Angestellte entlassen haben (delfi). Und es ist auch klar: wer sein eigener Chef ist, bekommt gar nichts. "Live-Riga" listet allein für deutschsprachige Riga-Guides 87 Namen auf.

"Es verlangt sehr viel Erfahrung, um als Stadtführerin tätig zu werden," erzählt Gita Vigule, eine der Betroffenen, der lettischen Presse (lsm). "Und wer jetzt gezwungen ist, sich andere Arbeit zu suchen, kehrt wohl nicht so schnell zurück." - Eine kleine Erleichterung gibts vom Stadtrat: eigentlich muss jedes Zertifikal jedes Jahr verlängert werden, für eine Gebühr von jedes Mal 50 Euro. Das soll in diesem Jahr wegfallen (riga.lv). "In den 20 Jahren meiner Berufstätigkeit schien es im lettischen Tourismus immer nur bergauf zu gehen," meint Gita Vigule. "Aber es gibt auch Erkenntnisse in der Krise. Dieser ganze Massentourismus, der viele Menschen zu Reisen bringt, vielfach ohne wirkliches Interesse für die Gegend, wo sie sich gerade aufhalten - das war auch nicht immer gut."

Der Touristenstrom in Riga wird wohl nur langsam wieder ansteigen, so die Prognosen. Wenn in Zukunft die Gäste sich ihre Reiseziele etwas sorgfältiger aussuchen, meint die lettische Gästeführerin, dann hätte die Krise auch etwas Gutes gehabt.

Keine Kommentare: