Erstaunlicherweise ist in Lettland zu pandemischen Zeiten die Gesamtmenge an Haushaltsabfällen erheblich gestiegen - so bilanziert es Journalistin Laura Laķe für die Zeitschrft "IR", und beruft sich dabei auf Zahlen des lettischen Zentrums für Umwelt, Geologie und Meteorologie (Latvijas Vides, Ģeoloģijas un Meteoloģijas Centrs LVGMC). Dem zufolge waren es 2019 insgesamt 840.413 Tonnen Hausmüll, im Jahr 2020 dann 908.960 Tonnen, und 2021 869.285 Tonnen. Wie Statistiken von Eurostat zeigen, wurde noch 2014 in Lettland pro Einwohner 318 kg Hausmüll erzeugt - bis 2019 stieg das auf 437 kg an. Und es muss gleichzeitig gesagt werden, dass dieser Anstieg ja wohl nichts mit einem Anstieg der Bevölkerungszahl zu tun haben kann - eher im Gegenteil.
Anders gesagt: in einer Statistik aller 38 Mitgliedsorganisationen der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung (OECD) belegt Lettland, gemessen an der durchschnittlichen Hausmüllmenge, den 22. Platz. Somit produziert
Lettland etwa doppelt so viel Müll pro Jahr pro Person wie die Menschen in den Ländern
mit dem größten Aufkommen an Hausmüll. Und das
Abfallaufkommen pro Einwohner in Lettland war auch höher als
beispielsweise in den anderen baltischen Staaten oder in Polen. Zudem liegt die Recyclingquote in Lettland nur bei 23% (Zahlen von 2021, Deutschland 68%)
2022 war das Jahr, als Lettland endlich ein Rücknahmesystem für Pfandflaschen einführte. Aber beim Thema Müllvermeidung sei man noch nicht sehr weit gekommen, so urteilen lettische Umweltfachleute. Befragt nach den Gründen, warum sie das Pfandrücknahmesystem nutzen, nannten die meisten (59%) die 10Cent als Motivation, die jede Flasche oder Dose einbringt. Nur 37% nannten "Sorge um die Umwelt" als Auslöser (lsm)
Kaspars Zakulis, Chef von "AS Latvijas Zaļais punkts” (Grüner Punkt Lettlands) sieht es so: "Im Jahr 2011 haben nur 34% der Befragten gesagt dass sie Mülltrennung vornehmen, und auch 2020 lag das nur bei 60%" (lsm) "Kunststück!"- möchte man da dazwischenrufen: wenn Lettland erst 2022 eine systematische Flaschenrücknahme einführt - warum sollte es auch vorher jemand erst trennen (und dann zusammen mit dem anderen wegschmeißen?). Zakulis redet auch vom "Vorbild Deutschland", begründet das aber so: "das liegt ja auch schon in der Mentalität dieser Nation. Diese Ordnung, einerseits. Und andererseits war eben Deutschland nach dem 2.Weltkrieg auch total zerstört, da spielten Sekundärmaterialien wie Metall und Glas immer schon eine wichtige Rolle." - Über "lettische Mentalität" sagt Zakulis an dieser Stelle nichts.
Das lettische Parlament brachte nun eine Entscheidung auf den Weg, aus bisher zehn verschiedenen Regionen fünf Abfallverwertungszentren zu entwickeln (lsm). So soll zum Beispiel die Wiederverwertung von Gebrauchtreifen sichergestellt werden, und auch für Textilien und Schuhe soll es neue Regelungen und ggf. spezielle Rücknahmecontainer im ganzen Land geben.
Aber auch das, was in Deutschland als "Biomüll" verstanden wird, landet bisher in Lettland noch zu bis zu 60% im Haushaltmüll - so bemängelt es eine Untersuchung des staatlichen Rechnungshofs (bnn) Landesweite Stellen, die Biomüll nicht nur entgegennehmen, sondern daraus auch qualitätsgeprüften Kompost herstellen und zugänglich machen, gibt es bisher nicht.
Ein weiteres Problem ist die gegenwärtige Beliebtheit von leichten Kunstofftragetaschen in Lettland. Einer neuen europaweiten Erhebung zufolge benutzt jeder Lette und jede Lettin pro Jahr 229 solcher leichten Plastiktüten, in denen ja gern so manches Einkaufsgut verschwindet (2018 waren es sogar schon mal 327 !). Nur Litauen hat da mit aktuell 294 Tütchen einen noch höheren Verbrauch. In Deutschland sind es 45 pro Einwohner/in - was multipliziert mit 80 Millionen Menschen allerdings auch wieder einen stattlichen Müllberg verspricht.
Schon seit Jahrzehnten galt in Lettland der Name "Getliņi" als Synonym für den größten lettischen Müllberg. Aber in 5 bis 7 Jahren wird hier Schluss sein müssen, sagen Experten: die 80ha-Deponie nahe des Ortes Ropaži ist voll. Eine Erweiterung ist dann nicht mehr möglich. Auch hier wird geschätzt, dass allein die getrennte Aussortierung von Biomüll eine Volumenersparnis um 40% bringen könnte (lsm).
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