Vor einigen Wochen beschloss des Parlament des Nachbarlandes Estland ein Verbot der Pelztierzucht ab 2026 (siehe Beitrag). Lettland geht offenbar einen anderen Weg. Das lettische Landwirtschaftsministerium gab jetzt bekannt, die lettischen Pelztierfarmen in Zukunft rund um die Uhr per Kamera überwachen zu lassen (Diena). Sandra Vilciņa vom lettischen Pelztierzüchterverband (Latvijas Zvēraudzētāju asociācija LZA) erklärte dazu, dass Videoüberwachung in Zukunft obligatorisch für alle Zuchtfirmen in Lettland sein soll und damit auch das Wohlergehen der Tiere überwacht werde. In diesem Sinne befürworten auch das lettischen Landwirtschaftsministerium und der Veterinärdienst die Maßnahme.
Vielleicht denken ja manche eher an Kameras am Eingang, als Schutz gegen militante Tierschützer/innen. Oder auch Umweltaktivisten - denn viel Energie - verbunden mit CO2-Ausstoß - kostet es, die Pelztiere
in beständig gleichbleibender Umgebung zu halten: bei 5 Grad Celsius
und 80% Luftfeuchtigkeit. Die Züchter halten dagegen, dass Pelz
schließlich ein reines Naturprodukt sei, das, anders als Plastikstoffe,
am Ende der Nutzungsdauer wieder der Natur überlassen werden kann.Und schließlich gehe man ja auch bei Daunenjacken oder bei Schafswolle nicht von einer freiwilligen Spende seitens der Tiere aus.
90% dessen, was die lettischen Pekztierzüchter/innen erzeugen, geht in den Export, erzählte Zuchtverbandssvorsitzender Arnis Veckaktiņš der "Latvijas Avize" (LA) und meint gleichzeitig: "die 10%, die wir in Lettland verkaufen, das geschieht meist im Rahmen von Rabatten und Preisnachlässen." Aber auch Angestellte internationaler Botschaften kaufen lettische Pelze, so der Verbandschef, denn vergblichen mit dem internationalen Markt seie sie relativ preiswert (delfi). Der Verband vertritt gegenwärtig noch 10 Mitglieder mit insgesamt 500 Arbeitsplätzen (losp). Von diesen zehn sind offenbar acht Nerzfarmen (Diena). Auch die Zeitschrift "IR" hatte Veckaktiņš schon mal befragt und dabei erfahren, dass viele der Pelze nach China gehen. Anfang der 1990iger Jahre habe es noch 24 Pelzfarmen gegeben, heißt es hier, davon haben nur sechs überlebt. Der größte lettische Erzeuger sei "Gauja AB" mit 100.000 Nerzfellen und 3.000 Silberfuchsfellen.
2017 brachen Tierschützer/innen bei "Gauja AB" ein und entließen 41 Nerze (von insgesamt 15.000) in die vermeintliche "Freiheit" - ein Verfahren, dem auch Naturschützer wegen der zu erwartenden ökologischen Ungleichgewichte ablehnend gegenüber stehen.
Gegner der Pelztierzucht ist zum Beispiel der Verein "Tierfreiheit" ("Dzīvnieku brīvība"), die in einer Petition an das lettische Parlament bereits 40.000 Unterschriften für das komplette Verbot der Pelztierzucht sammelte. Drei Argumente sind hier zu lesen: Erstens sei Pelz grundsätzlich ein umweltschädliches Material, da die Produktion mit einem hohen Ressourcenverbrauch und dem Einsatz giftiger Stoffe verbunden sei. Zweitens seien Pelztierfarmen potentielle Herde von Krankheitserregern einschließlich Covid-19 (wie auch das Beispiel Dänemark zeige - siehe Tagesschau). Und drittens sei die Art, wie die Tiere auf den Farmen getötet werden, nicht hinnehmbar: mit Strom oder mit Gas.
Manchen Lett/innen und Letten gehen die als radikal empfundenen Aktionen solcher Organisationen auch zu weit. So sei es gerade die dreijähige Kampagne von "Dzīvnieku brīvība" mit über 50 Aktionen gewesen, die dem Rigaer Zirkus ein trauriges Ende bereitet hätten. Ohne Tiere bestehe der Zirkus inzwischen nur noch auf dem Papier, meint Imants Vīksne vom Portal "Pietiek.com".
Die Idee mit der Kamerapflicht sei dem Ministerium nach der Auswertung von Kontrollen einiger Pelztierfarmen gekommen, meinen die zuständigen Behörden. Die Situation habe aber sich von Jahr zu Jahr verbessert, meint Māris Balodis, Chef des lettischen Veterinärdienstes (Pārtikas un veterinārais dienests, PVD). Im Zusammenhang mit den Kontrollen gab es auch neue Fakten zu lesen: in Lettland gebe es jetzt noch neun Pelztierfarmen, vier davon seien aber gegenwärtig nicht bewirtschaftet. Nun gibt es noch "Larix Silva", "Lemo Latvija", "Vērgales" Tierzucht, "Baltic Devon Mink" und "Gauja AB". In drei der Betriebe seien Mängel festgestellt worden.
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