9. Juli 2018

Viktors neuer Job: wer ist hier das Investitionsobjekt?

Gründen wir mal einen Fußballclub

Dmitrijs Ribolovļevs (Dmitri Jewgenjewitsch Rybolowlew) gilt nicht nur als einer der reichsten Unternehmer Russlands, sondern auch einer der reichsten Menschen der ganzen Welt. Sein persönliches Eigentum wird auf einen Wert von 9,5 Milliarden US-Dollar geschätzt. 2011 erwarb er 67% der Anteile am Fußballklub AS Monaco, mit Einverständnis des Besitzers der restlichen Anteile, Prinz Albert II (der gleichzeitig die restlichen Anteile hält).
Lettisches Charity-Projekt:
würden Sie diesen Jungs
das Training bezahlen?
2016 erwarb Ribolovļevs auch den lettischen Fußballklub "FC Riga". Der "FC Riga" entstand erst am 1.1.2014 durch den Zusammenschluß von "Caramba Riga" und "Dinamo Riga", war unter dem Namen "Caramba/Dinamo" 2015 in die oberste lettische Liga aufgestiegen, indem das Team 27 von 30 Spielen gewann (dreimal unentschieden). "Caramba Riga" hatte Geld für die Trainingskosten noch als "Crowndfunding-Aktion" (LNK) suchen müssen - klar, dass hier neue Finanzgeber sehr willkommen waren. Der neue Club hatte sich zunächst "Riga Football Club" nennen wollen - dagegen hatte aber die Stadt Riga mit der Begründung Einspruch erhoben, eine rein englische Bezeichnung könne auf "Unverständnis in der Gesellschaft" stoßen (Diena).Es blieb die Abkürzung FC.

Mit den nun wesentlich höheren Investitionssummen stiegen auch die Ansprüche. Mit Kaspars Gorkšs, Kapitän der lettischen Nationalmannschaft, Mittelfeldspieler Artūrs Zjuzins und Stürmer Valērijs Šabala wurden etablierte Spieler geholt. Als nach den ersten vier Spielen der Saison 2017 nur ein Sieg dabei heraussprang, musste Trainer Vladimirs Volčeks gehen. Veteran Gorkšs allerdings war da auch bereits 36 Jahre alt, spielt inzwischen nur noch "zum Spaß" beim zweitklassigen FC Auda; es gelang ihm, sich am 27. April 2018 zum neuen Präsidenten der lettischen Fußballverbandes wählen zu lassen, trotz mancher Schwierigkeiten (11Freunde).

Reise von Grün nach Hellblau:
Werder Bremens einstiger Erfolgstrainer Viktor Skripnik -
was ihn wirklich von Riga überzeugte, blieb vorerst unklar

Das Trainerkarussel

Im April 2017 übernahm dann also der Russe Jevgeņijs Perevertailo das Amt des Cheftrainers beim "FC Riga" von seinem Vorgänger Volčeks. Von Perevertailo war zu lesen, er habe sich erst über das Internet informieren müssen, was das eigentlich für ein Klub in Riga sei (rigafc). Die Zuversicht dauerte nur ein paar Wochen. Schon Ende Juli war auch für den Neuen schon wieder Schluß: nach einem verlorenen Pokalendspiel gegen Ventspils und einer Niederlage gegen die Konkurrenz aus Liepāja (diena). Bis zum Saisonende übernahm der Slowene Slavišs Stojanovičs mit den Worten: "Weniger reden, mehr arbeiten" (rigafc). Nach einigen Wochen war gab er folgendes zu Protokoll: "Ich wundere mich, dass es in den Stadien so ruhig ist. Alles friedlich. Keine großen Emotionen, wenn wir verlieren - da wo ich herkomme, wäre gleiches eine Tragödie. Hier bleibt alles ruhig." (sportazinas)

Riga 2016: der Slovene
 Slavišs Stojanovičs hofft auf
"langfristige Verträge"
Auch der slowenische Ansatz ging nur bis Saisonende gut. Ab dem 27. Januar 2018 betreute dann der Mazedonier Goce Sedloski das Team. Dieser sprach aber weder Englisch noch Russisch, und bekam vermutlich nicht nur deshalb in Riga Kommunikationsschwierigkeiten - schon am 25. Mai 2018 verkündete die Geschäftsführung seine Entlassung: nach vier Siegen, vier Niederlagen und einem Unentschieden (sportacentrs).

Nun also der "Skripniker" aus Vācija. Immerhin trifft der neue Trainer bei seinem neuen Team unter den Spielern mehrere Landleute an: Vladimirs Bajenko, Valērijs Fedorčuks, und
Bohdan Kovalenko. Dazu noch Ivans Jeņins, ein Russe geboren im ukrainischen Cherson in der Nähe des Schwarzen Meeres.
Insgesamt leben in Lettland, nach Auskunft der ukrainischen Vereine, etwa 45.000 Menschen die sich der Ukraine zugehörig fühlen. Die einzige staatlich finanzierte ukrainische Schule außerhalb der Ukraine ist ebenfalls in Lettland zu finden.(Diena)

Und sogar im Bereich der virtuellen Fußballturniere (e-sport) ist der "Riga FC" bereits aktiv: im Oktober 2016 schloss mein einen Vertrag mit dem damals 15-jährigen Schüler Gints Pidiks (momentan 17-jährig) aus Babite bzw. Jurmala. Eine Entlohnung von 2000 Euro wurde ihm für Hilfe beim Aufbau einer entsprechenden e-Fußball-Abteilung vertraglich zugesichert (sportacentrs).

Fußball mit Perspektive?

Bliebe noch der Blick auf Stadion und Fans. Die Spiele des "FC Riga" werden von durchschnittlich 400-600 Zuschauern pro Spiel besucht. Gespielt wird im Stadion "Skonto", im Jahr 2000 eröffnet und benannt nach dem jahrelang dominierenden Club "Skonto Riga", der 2016 Zahlungsunfähigkeit anmelden musste und aufgelöst wurde. Das Fassungsvermögen beträgt aber weniger als 10.000 Personen. Es gibt zwar Flutlicht, aber keine Rasenheizung. Wegen ungeklärter Kreditschulden wurde das Stadion 2011 "privatisiert": zunächst war eine "Reverta AS", dann "SSA GmbH" und schließllich "Mani Group GmbH" Eigentümer - ein Geschäftsgang, bei dem offenbar Steuern im erheblichen Maße hinterzogen werden konnten - nicht 12,5 Millionen, sondern 35 Millonen Euro sollen beim Verkaufsvorgang geflossen sein (lsm / delfi). Kurz nach Abwicklung des Verkaufs hatte sich die "Mani Group" in "Adventika Group" umbenannt, und hatte den gesamten Vorstand ausgetauscht. Inzwischen liegen mehrere Kläger im Rechtsstreit mit dem im Ministaat Belize registrierten Unternehmen "Adventika"; es geht um Einzelheiten der Stadionnutzung und der Einrichtung. Fazit: auch von dieser Seite könnte dem Fußball Ungemach drohen. Belize steht übrigens auf der "schwarzen Liste" der EU-Kommission zur Bekämpfung von Steuerflucht.

Für Beobachter außerhalb Lettlands bietet die höchste Fußballliga der Männer manchmal schon wegen ihres Namens Raum für Irritiationen: drei Jahre lang hieß der Meisterschaftswettbewerb "SMSKredit"-Liga, seit 2016 nun "SynotTip"-Liga (Vertrag ebenfalls über 3 Jahre). Und auch "LMT-Liga" war schon mal gebräuchlich. Wer soll da international noch richtig einordnen, dass es sich hier um die Meisterschaft Lettlands geht?

In den deutschen Medien wurde der Trainerjob beim "FC Riga" ja auch schon mal als "Schleudersitz" bezeichnet, und gleichzeitig bezweifelt, dass ausgerechnet hier für den "netten Viktor", den "Skripniker", der zuvor nichts anderes als die "Werderwelt" kannte, der richtige Platz wäre (NDR). Der Slowene Stojanovičs wurde übrigens, kurz nach seiner Entlassung beim "FC Riga", beinahe noch zum Nationaltrainer Lettlands ernannt (sportacentrs).

Oder doch lieber Frauenfußball? 

Celia aus Deutschland, zusammen mit Nina Travkina,
Chefin des lettischen Frauenfußballverbands
Vor einigen Tagen zeigte sich ein weiteres aus der deutschen Fußballszene bekanntes Gesicht in den lettischen Medien: Célia Šašič. Die Ex/Torschützenkönigin der Frauenfußball-Bundesliga und zweifache Europameisterin hielt sich am 29. Juni im Auftrag der UEFA einen Tag in Lettlland auf (LFF). Es gab auch Geschenke: die lettischen Gastgeberinnen versäumten es nicht, Celias Geburtstag (27.Juni) nachzufeiern. Sogar ein eigenes Video wurde gedreht, die Dokumentation von Besuchen auch in international weniger bekannten Orten wie Staicele. Vielleicht ist ja auch noch ein Traineramt frei? Na, wie wär's, Celia?

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