21. September 2016

Lettisches Präsidentenmodel, in Grün

Nun ja, vor wenigen Monaten noch mussten wir Sorge haben, dass der lettische Präsident Raimonds Vejonis sich gesundheitlich überlastet - er landete kurzfristig im Krankenhaus (siehe Blogbeitrag). Nun machte er durch ganz andere Dinge Schlagzeilen - von körperlichen Schwächen keine Rede mehr, im Gegenteil: zusammen mit seiner Frau wagte er sich auf den Laufsteg. Das präsidiale Paar stellte sich als Models für das italienische Modemaganzin ""Collezioni Haute Couture" und die Kreationen der lettischen Designerin Anna Omushkina zur Verfügung - unter der Überschrift: "Portraits von Träumern". Zumindest was die Reaktion in den Medien angeht, ein voller Erfolg.

Der Präsident habe sich wohl inspirieren lassen von seinem kürzlichen Zusammentreffen mit seinem italienischen Kollegen, schreibt lsm. Bisher habe Vejonis ja gerne damit gepunktet, der "normale Mensch aus Madona" zu sein, geerdet und eher zurückhaltend. "Jetzt kommt Vejonis zum einen als eine Art Riviera-Aristrokrat daher, dann wieder eher als Marcello-Mastroianni-Typ, dem nur noch der Sportwagen zum La Dolce Vita fehlt" (lsm).
Nein - nicht die neue
Stewardess bei
AIR BALTIC:
präsidiale Hutmode
Während diese Aussagen noch verhalten positiv ausfallen, gibt es auch Kritiker/innen: Ein Präsident als Model, dass entspricht nicht der Würde seines Amtes - meint Sozialwissenschaftlerin Skaidrīte Lasmane (Portal Delfi.lv). Unter den Leserreaktionen sind sogar solche wie diese: "So geht es eben, wenn man einen aus Latgale zum Präsidenten wählt" (lettisch "Čangalis" - womit oft auch ein "schlecht erzogener, benachteiligter Mensch" gemeint ist). Aber es gibt auch heftigen Widerspruch in der Netzgemeinde, so in der Art "was wollt ihr denn, er hat doch nicht für den Playboy posiert?" Oder auch weibliche Verdächtigungen: Diese Aktion habe sich bestimmt Vejonis' Frau Iveta ausgedacht. "Vielleicht will er auch einfach die 'yellow press' bei uns ein bischen füttern," meint Politologe Filips Rajevskis bei "bb-vesti.lv". Journalist Māris Zanders kommentiert für die "DIENA": "Das bloße Posieren kann man wohl nicht kritisieren - denn auch in der Politik ist das ja schon zur Gewohnheit geworden - die Leute schauen eben nur auf die 'Show', die Politiker machen, weil sie es inzwischen so gewohnt sind. Sollte es anders gemeint gewesen sein - wird es nicht beachtet."

Das Portal "Kas Jauns" zitiert Aija Strautmane, Ex-Konsulin und Dozentin für Etikette und Benimmregeln: "das ist ein Foto, wie es früher das Politbüro bestellt hat, um jemand einfach in der Öffentlichkeit vorzeigbar zu machen. Dabei weiss doch jeder: der Präsident und seine Frau sind eigentlich attrraktiv und sympatisch. Aber so - in dieser Form - sie sehen nicht gerade aus als ob sie Investoren ins Land holen könnten."

Dabei ist Vejonis nicht mal der erste lettische Politiker, der Omushkinas Kollektionen präsentiert: auch Rigas Vize-Bürgermeister Andris Ameriks brachte sie schon einmal mit neuem Outfit heraus.

Immerhin besteht Grund zu glauben, dass im Fall des Ehepaars Vejonis die "Models" mitbestimmt haben: der Hut von Frau Präsidentin wird auf Facebook als "Spezialanfertigung" ausgewiesen, auf Bestellung. Also: wer bei Familie Vejonis den Hut aufhat, ist schon mal klar. Man kann sich vielleicht die vorhergehende Diskussion vorstellen. "Raimonds, ich kaufe mit einen neuen Hut! - Na gut, Schatz, aber wenn, dann nur in Grün - schließlich bin ich in der Zaļa Partija!"

Vorläufig ist auch das lettische Büro zur Korruptionsbekämpfung (abgekürzt "KNAB") unerbittlich: es wurden Details zum Modeshooting beim Präsidenten angefordert (bnn); Pressemeldungen zufolge soll es vor allem um Fragen danach gehen, ob der Präsident in diesem Zusammenhang irgendwelche Geschenke angenommen hat. Eines ist sicher: das oben genannte Modejournal und auch die Designerin sind sicherlich zufrieden, auch mit der Wirkung in der Öffentlichkeit.

Keine Kommentare: