21. Dezember 2009

Weihnachtsnachrichten

Was kann es erfreuliche Nachrichten geben zur lettischen Weihnacht? Im Unterschied zu Deutsch- land werden ja keine "Wachstumsbeschleunigungsanreize" oder "Abwrackdoping" eingeführt, kein Gedanke an Lohnerhöhungen verschwendet. Nein, vielmehr ist von Lettinnen und Letten zu hören, dass auch kurzfristige Auslandsaufenthalte nun von Freund/innen und Bekannten nun wie selbstverständlich ganz anders interpretiert werden: nun, Du auch schon? - Lettland befindet sich im Ausverkauf - so jedenfalls der an aktuellen Schlagzeilen orientierte Titel eines Theaterstückes, das in diesen Tagen von Studierenden der lettischen Kulturakademie im Schwarzhäupterhaus gespielt wird ("Latvia for sale")

Was gibt es Positives zu vermelden? Nun, die Strassenpreise für Weihnachtsbäume seien gegenüber vergangenem Jahr um ein Drittel gefallen, melden TvNet und NRA

Das lettische Verfassungsgericht hob heute einen Beschluss der Regierung auf, nachdem die Renten für diejenigen Rentnerinnen und Rentner, die noch einer Beschäftigung zur Verbesserung ihres Lebensunterhalts nachgehen, um 70% gekürzt wurden (für alle übrigen um 10%). Der oberste Gerichtshof Lettland urteilte, der Staat müsse soziale Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger garantieren. Das Verfassungsgericht hatte über 9.000 Klagen von Rentnerinnen und Rentnern gegen die neu eingeführten Kürzungen erhalten. Sozialminister Uldis Augulis schätzt die Höhe der den Rentnern nun rückzuerstattenden Gelder auf etwa 100 Millionen Lat (ca. 140 Millionen Euro).

Weniger vielversprechend dagegen klingen die Ankündigungen des lettischen Finanzministers Einars Repše, der auch 2010 Steuererhöhungen für unumgänglich hält.

Und genauso wenig positiv entwickelt sich die Kälte um die Weih- nachtszeit für diejenigen Truckerfahrer, die mit ihren Transporten die Grenze zwischen Lettland und Russland überwinden müssen: rund 900 LKWs stauen sich gegenwärtig am Grenzübergang Terehova (LETA). Alle erinnern sich mit fröstelndem Gruseln an den Weihnachtsabend 2007, als über 2000 LKWs an gleicher Stelle eine schier endlose Warteschlange bildeten.

Auf der Straße erfroren sind in Lettland in den vergangenen Tagen mehrere Menschen. Etwa 70 Menschen musste der Erste-Hilfe-Dienst bei Erfrierungen helfen, 50 davon in Riga. Das prominenteste Frostopfer ist der lettische Schriftsteller, Journalist, Dichter und Lebenspartner der Schriftstellerin Amanda Aizpuriete, Andris Bergmanis. Am vergangenen Samstag stürzte er auf der Straße, fiel auf den Kopf und wurde später erfroren aufgefunden (NRA). 

Untätigkeit gegen Arbeitslosigkeit und soziale Not wirft eine Gruppe Protestierender der lettischen Regierung vor, die seit über 2 Wochen trotz Kälte und Schneedirekt vor dem lettischen Ministerkabinett an der Brivibas iela in Zelten campieren. Drei von ihnen mussten bereits in Krankenhäuser eingeliefert werden, aber die Aktivisten haben bisher jeglichen Versuchen von Seiten der Politiker widerstanden, ihre Aktion abzubrechen. 

Warum erinnert mich das alles bloß an die 90er Jahre - als die Unterschiede zwischen Lettland und Deutschland so absurd erschienen, von der Währung über die durchschnittlichen Einkommen bis hin zu den ökonomischen Möglichkeiten? Eigentlich dachten wir doch, wir leben jetzt alle in der Europäischen Union, und da haben alle gleiche Rechte und Möglichkeiten? 

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