Das Handelsblatt titelte jüngst, die lettische Wirtschaft sei im freien Fall. Das der Staat bankrott ist und ein politisches Vakuum besteht, wurde – auch an dieser Stelle – bereits erwähnt.
Am Montag hat der Fraktionsvorsitzende der Union aus Grünen und Bauern, Augusts Brigmanis, den Wunsch geäußert, den Vorstandsvorsitzenden der Hypothekennank, Inesis Feiferis, mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Damit machte der Politiker seine Ablehnung zum Ausdruck, den derzeitigen Ministerpräsidenten weiter zu unterstützen. Und das nur vier Tage nach einer erfolgreichen Abwehr eines Misstrauensotums der Opposition!
Dies geschah unmittelbar nach einer Sitzung, in welcher sich die Koalitionsparteien nicht einigen konnten, welche Ministerien liquidiert und gegebenenfalls mit welchen Portfolios zusammengelegt werden sollen.
Dies läßt auf den offensichtlich erheblichen Einfluß schließen der grauen Eminenz der Partei schließen. Und das ist der Bürgermeisters von Ventspils, Aivars Lembergs. Warum sonst sollte sich diese Partei in so kurzer Zeit zu einer diametralen Meinungsumkehr entscheiden?
Die Koalitionsparteien demonstrieren damit, daß selbst in der Krise die Konflikte zwischen Personen (und Seilschaften) wichtiger sind als das Regieren.
In diesem Moment wäre es im Interesse der Staatsräson Aufgabe des Präsidenten, eine Entscheidung zu treffen und statt verfassungrechtlich bedenklicher Ultimaten die Anregung zur Auflösung des Parlaments auszusprechen. Das Land bleibt sonst de facto ohne Regierung, auch wenn allmorgendlich ein Amtsinhaber das Gebäude der Ministerien betritt.
Lettland steht am Scheideweg. Die Bürger Lettlands, nicht nur die politische Elite müssen sich nun entscheiden, ob sie ihren Staat überhaupt woollen, weil sich einstweilen der lettische Patriotismus auf Sängerfest und die Natur beschränkt. Die Volkspartei, welche nach ihrer Grundung im ersten Wahlkampf 1998 noch mit der Losung warb: Wir lieben diesen Staat (nicht Land), ist bereits klinisch tot.
Jüngst war eher aus Jux ein Internetportal eingerichtet worden, in dem Unterschriften unter einen Aufruf an Schweden gesammelt wurden, das Land zu besetzen. Ein anderer Vorschlag ging an einen russischen Millionär, der das Land bitte kaufen möge.
Eine Annexion durch Schweden wie auch der Kauf durch russische Schwerreiche ist wenig realistisch. Und welches andere Interesse als den Zugang zum mehr sollte Russland als Staat an Lettland haben? Und dieser läßt sich auch kaufen, ohne gleich ein bankrottes Staatswesen übernehmen zu müssen, deren Einwohner gerade ebenfalls zu Hauf in die Privatinsolvenz schlittern.
Bliebe das Modell Kosovo. Vor Ort sitzt ein Administrator, der das Vertrauen Brüssels genießt, während das Land de facto von dort gelenkt würde. Da der Lat als nationale Währung ebenfalls eigentlich nicht mehr existent ist, könnte wie in dem genannten territorialen Gebilde auf dem Balkan ebenfalls gleich der Euro als Zahlungsmittel verwendet werden.
5 Kommentare:
>Bliebe das Modell Kosovo.
Sie haben noch die KFOR-Truppen vergessen.
Es ist bemrkenswert, wie Sie innerhalb eines Jahres sich vom Paulus zum Saulus gewandelt haben, vom Verfechter der Demokratie, zum Befuerworter von diktatorischen Massnahmen. Im Unterschied zu Kosovo droht in Lettland kein Buergerkrieg, oder taeusche ich mich da?
Die Gefahr eines Bürgerkrieges sehe ich nicht. Aber was ist mit KFOR im Kosovo, Kloty. Ich habe diesen Vergleich gewählt, um zuzuspitzen. Welche dikatorischen Maßnahmen habe ich befürwortet? Ich glaube, hier wurde etwas grundlegend falsch verstanden.
Sorry, dass ich Ihre Zuspitzung nicht erkannt habe, KFOR war jedenfalls als Zuspitzung gemeint. Damit ist der Spruch mit diktatorischen Massnahmen ebenfalls hinfällig. Ich dachte schon, Sie haben ernsthaft die Einsetzung eines nicht gewählten Verwalters aus Brüssel für Lettland vorgeschlagen, der ermächtigt wäre aus seiner Sicht notwendige Entscheidungen zu fällen, ohne die Rücksicht auf politische Kräfte des Landes zu nehmen. Aber ich sehe Sie haben es nicht so gemeint, deswegen nehme ich den Vergleich zurück.
In der Tat war das nicht als Vorschlag gemeint, sondern als unausweichliche Konsequenz, wenn die Letten sich zu keiener Regierung durchringen. Dabei möchte ich dahingestellt sein lassen, ob nicht im Zweifel ein nicht gewählter Administrator für Lettland besser wäre als das derzeitige Oligarchenkar(uss/te)ll.
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