Beim Ostseeratsgipfel in Riga fehlten die russischen und die deutschen Regierungschefs in trauter Einigkeit. Die angeblich bereits fest ins Auge gefasste Reform der regionalen Zusammen- arbeit wird so weiterhin hinter verschlossen- en Türen von irgend- welchen hohen Staats- beamten zerredet. Was Deutschland von der Ostseekooperation hält, wo Deutschland mit den Nachbarn hinwill, bleibt unklar.
Statt dessen wird der anwesenden Weltpresse unter anderem einzureden versucht, kaum jemand in der baltischen Region habe noch etwas gegen die vom Ex-Kanzler Schröder protegierte Gaspipeline durch die Ostsee. - Und in Berlin wurde fast gleichzeitig stolz verkündet, dass Dmitri Medwedew seinen ersten ausländischen Staatsbesuch Deutschland widmete.
Und nun, liebe Kinder, ist die vielbeschäftigte Frau Bundeskanzlerin erstmal in Urlaub. Aber: "Alle sollen und wollen wissen, was die Kanzlerin macht. Nicht nur die, die sie gewählt haben, sind neugierig. Auch die Menschen, die sie nicht so gern mögen oder nicht gewählt haben, interessieren sich für sie." (Zitat Webseite der Bundeskanzlerin). Und da sich die Kanzlerin ja so sehr für die "Balten" interessiert, wird schon mal die Fortsetzung des Polittourismus angekündigt: am 25. und 26.August will Angela dann doch einmal, ganz in Ruhe und ungestört von anderen Staatschefs, nach Lettland, Litauen und Schweden fahren.
Drei Länder in zwei Tagen - na gut, ein Kurzbesuch. Was wird gefeiert? Wohl überlegt haben die Deutschen den lettischen Teil des "baltischen Kulturjahrs" ("Essentia Baltica", "Ohwatziehja") ja ausschließlich in den Mai verlegt - das wäre also schon vorbei. Die Amtszeit der lettischen Präsidentin Vīķe-Freiberga ist ja leider schon länger Vergangenheit - ein frauliches Tête-à-tête ist also auch ausgeschlossen. Und Prädent Zatlers hatte ja angeblich Straßenumbenennungen zur ersten Priorität dieses Jahres erkärt - also Hauptsache, die Staatskarossen finden die Deutsche Botschaft noch.
Was ist also los? Merkel wird den Litauern und Letten kaum einfach erklären, wie schön doch ihr Land sei. Dazu ist schon Außenminister Steinmeier durch den Sand der Kurischen Nehrung und durch die Altstadt von Riga gestiefelt. Oder vielleicht soll es Werbung für Atomkraft werden? Wenn schon Litauer und Letten nichts von der Gaspipeline haben, dann will Deutschland ihnen nun vielleicht den zukünftigen Atomstrom abkaufen? Endlich wieder "Baltikum"! Baltische Einheit durch Atomkraft? Mal sehen, wer sich mit strahlenden Gesichtern zusammenschweißen lässt. Schließlich gelten die deutsche E.ON (bzw. deren schwedische Tochter E.ON Nordic) als mögliche Großinvestoren für ein neues Ignalina. Ob sich sowas im Amtszimmer des lettischen EU-Kommissar für Energie, Andris Piebalgs, schon atomar ausgebrütet wird?
Klar ist aber auch, dass auch diesem Besuch eine Stippvisite in Russland vorausgehen wird. Diesmal wird Sotschi am Schwarzen Meer der Schauplatz sein. Am 15.August reist Merkel zunächst dorthin - aber es sollte doch wundern, wenn das Thema Energie im August bei allen diesen Anlässen NICHT Thema wäre.
P.S.: inzwischen wurden die Ankündigungen des Bundeskanzleramts präzisiert: Merkel besucht Ende August lediglich Estland und Litauen. Die Themen bleiben. Neben Georgien sollen die Energiethemen weiterhin auf der Tagesordnung stehen, so heiß es.
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