26. Oktober 2005

Lernen Sie Livisch!

Nicht verwechseln: Livisch ist für Letten eine Fremdsprache
Einst war es Imants Freibergs, der IT-Experte und Ehemann der heutigen lettischen Präsidentin Vike-Freiberga, der schon in den 60er Jahren daran ging, die lettischen Dainas elektronisch aufzubereiten und zu systematisieren. Spätestens mit der Wahl seiner Frau, die bekannt war und ist für ihre wissenschaftliche Beschäftigung mit der lettischen Kultur und besonders den Dainas, haben es diese durch die Jahrhunderte mühsam erhaltenen Zeugnisse lettischer Kultur auch heute wieder zu Anerkennung und Ehre gebracht.

Bei der Kultur der Liven ist das noch nicht ganz so. Selten weht die livische Flagge irgendwo (siehe oben), und als finno-ugrischer Sprachstamm weicht das Livische sehr stark auch vom Lettischen ab. Auch die alte Bezeichnung "Livland", geprägt von den Deutschbalten, der an die damals von Liven geprägte Gebiete des nördlichen Lettland und südlichen Estand erinnert, weist auf livische Kultur hin. Nur noch eine Handvoll Menschen bezeichnen sich heute noch als direkte Nachkommen der Liven, eine kleine Gruppe lebt heute noch im Bezirk um Ventspils. Zwar erkennen auch die Esten und Finnen ihre Beziehung zu den Liven auch heute an - Staatsbesuche aus Estland oder Finnland beziehen auch gern schon mal ein livisches Kulturfest ein - aber ansonsten führt diese Kultur und Sprache doch eher ein Schattendasein, international beachtet meist nur von Linguisten und Ethnologen.

Livisch im Netz
Mit einer Pressemeldung gab nun das lettische Aussenministerium nicht ohne Stolz bekannt, dass auch für die Öffentlichkeit nun eine neue Möglichkeit geschaffen wurde, sich mit der livischen Sprache auseinanderzusetzen. Auf einer neuen Webseite ist mit Unterstützung der lettischen Kulturkapital-Stiftng ein Livisch-Lettisch-Englisches Wörtberbuch entstanden, auf das kostenfrei zugegriffen werden kann. Die beiden Wissenschaftlerinnen Ieva Ernstreite und Valda Suvcane haben in mehrjähriger Arbeit ein 68-seitiges Heft geschaffen, was sehr ausführlich in die livische Sprache einführt und ausser einer allgemeinen Einführung in die livische Kultur auch eine große Zahl Satzbeispiele enthält. Anhand von Themenbereichen wie "zu Besuch", "Wetter, Jahreszeiten", oder "die Familie" kann Einblick gewonnen werden in die inzwischen selten gewordene Welt des Livischen - für Deutschsprachíge wenigstens mit Hilfe des Englischen. Das gesamte Heft ist online downloadbar.

Noch nicht ganz vergessen
Immerhin war auch bisher bereits das Livische im Internet nicht ganz vergessen. Die unter Web-Insidern berühmte Wikepeda-Enziklopädie pflegt eine eigene Seite, Die Seite "Vitual Livonia" (livisch/englisch) wird von Uldis Balodis gepflegt und enthält eine ganze Reihe weiterer Verknüpfungen mit interessanten Seiten. Ähnlich ist die Seite von Roberts Freimuts ausgelegt, ebenfalls Livisch / Englisch. Einige interessante Infos, und schöne Fotos, hat auch Heinz Wilhelm Pfeiffer auf seiner Webseite aufbereitet. Auch er bietet eine (sogar bebilderte!) Literaturliste an. Die Beschäftigung mit dem Livischen zumindest wird noch nicht so bald aussterben - Geschichte und kulturelle Eigenarten mehr zu erforschen: wer hier Gleichgesinnte sucht, wird im Internet einiges finden. Doch Vorsicht vor Generalisten - gerade im virtuellen Netz steht so einiges geschrieben, dessen Quellen und Wahrheitsgehalt unklar sind. Beispiel: Auf einer mit "finnourgische Sprachen" überschriebenen, und sachlich aussehenden Seite ist zum Beispiel zu lesen: "Livisch ist inzwischen ausgestorben,"..... "Der Begriff 'Livisch' wird bisweilen auf einen der Dialekte der lettischen Sprache angewandt." Um solche Missverständnisse zu vermeiden, ist vielleicht doch die neue bei ERAKSTI zu findende Infoseite sehr nützlich.



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