10. Juni 2021

Brasilianisches Niveau

Als Lettland das Fußball-Länderspiel gegen Deutschland mit 1:7 verlor, scherzten noch manche: "Nun seid ihr genauso gut wie Brazilien!" (ein Hinweis auf das deutsche 7:1 gegen die Seleção im Rahmen der WM 2014). Kurz danach erweist es sich, dass die UEFA eine gewisse Höflichkeit an den Tag legte, um lettische Fußballskandale erst einige Tage danach offiziell zu verkünden. 

Am 9. Juni 2021 entschied der Europäische Fußballverband UEFA den Verein FK Ventspils von allen Spielen des Europacups für die nächsten sieben Jahre - also bis 2028 - auszuschließen. Der Vorwurf: Korruption, Bestechung und Beeinflussung von Spielen und Ergebnissen und damit Verstoß gegen die Statuten der UEFA. Darüber hinaus beschloss die UEFA, Nikolajs Djakins, Manager des FK Ventspils, für 4 Jahre von jeglichen Tätigkeiten in Zusammenhang mit offiziellen Fußballspielen auszuschließen - aus denselben Gründen. Und damit nicht genug: Adlans Šišhanovs, Ex-Präsident des FK Ventspils, wird lebenslang von jeglicher Tätigkeit als Funktionär ausgeschlossen, noch dazu wird die FIFA gebeten, diesen Bann auf weltweite Tätigkeiten auszudehnen (bnn-news). 

Auch der russische Schiedsrichter Sergei Lapochkin wurde bestraft, da er über den Versuch der Beeinflußung des Europa-League-Spiels vom 26. Juli 2018, an dem der FK Ventspils beteiligt war, der UEFA nicht berichtet habe. Der lettische Fußballverband LFF bestätigte seinerseits, die UEFA während der Untersuchungen vollständig und vorbehaltlos unterstützt zu haben. "Das ist ein schwarzer Tag für den lettischen Fußball," kommentierte LFF-Präsident Vadims Ļašenko. "Noch trauriger ist es für die echten Fußballfans in Ventspils, denn dies ist einer der bekannteren Bestandteile der lettischen Fußballfamilie und der Geschichte des lettischen Fußballs." 

In der obersten lettischen Fußball-Liga der Männer, die aus neun Mannschaften besteht, belegt der FK Ventspils gegenwärtig Platz 8. Da der FK Ventpils eine Aktiengesellschaft ist, wurde Adlans Šišhanovs 2018 auch von der Aktionärsversammlung 2018 zum Präsidenten ernannt. (FB). Am 11.April 2021 wurde dann bekannt, dass Šišhanovs den FK Ventspils verlässt (Sportacentrs) und auch seine Eigentumsanteile verkaufen will. Er hoffe, so Šišhanovs damals, dass es bei dem Klub "noch wahre Fans" gäbe, und nicht nur solche die "mit Lügen und mit Schreibmaschine arbeiten". Im August hatte er sich schon einmal über das lettische Innenministerium beklagt, das dem aus der russischen Republik Inguschetien stammenden Šišhanovs die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis in Lettland verweigert habe (delfi). Vor seinem Engagement in Lettland war Šišhanovs Eigentümer von "Dacia Chișinău" in Moldawien; der Club gewann einmal die Meisterschaft Moldawiens, wurde dann aber des Steuerbetrugs angeklagt und löste sich 2017 auf (delfi).
Auch beim deutschen Klub "Carl Zeiss Jena" soll Šišhanovs vor einigen Jahren schon mal ein Angebot der finanziellen Unterstützung unterbreitet haben (pravda / transfermarkt / netstudien)

Die beiden lettischen Sportjournalisten Uldis Strautmanis ("Delfi") und Agris Suveizda (Sportacentrs.com) haben sich durch die umfangreichen Anklageunterlagen der UEFA gearbeitet und berichten, dass es um vier Spiele aus den Jahren 2018 und 2019 gehe, Gegner waren "Luftëtari" aus Albanien, Bordeaux aus Frankreich, "Teuta" aus Albanien und "Gżira United" aus Malta.Dabei soll der deutlichste Versuch der Einflußnahme durch Šišhanovs beim Spiel gegen Bordeaux nachweisbar gewesen sein (sportacentrs); Šišhanovs soll dabei 100.000 Euro für einen Sieg seiner Mannschaft angeboten haben (delfi). 

Die beiden eifrigen lettischen Journalisten haben außerdem auch genau benannt, wer gegenwärtig die Eigentümer der "Fußball Klub Ventspils GmbH" (SIA "Futbola kluba Ventspils") sind: 50,09% der Anteile gehören einer "SIA Ventspils futbola sabiedrība" (Ventspils Fußballgesellschaft GmbH), Eigentümer von 34,31% ist die Firma "VK Tranzīts", ebenfalls eine GmbH, 11,23% der Anteile sind im Besitz der Stadt Ventspils, 2,5% der Firma "AS Kālija parks" und die verbleibenden 1,88 % gehören der Aktiengesellschaft "Ventspils tirdzniecības osta" ("Handelshafen Ventpils"). 

Ja, da fragten sich doch die deutschen Reporter bei der Kommentierung des Spiels gegen Lettland, warum Fußball dort nicht so beliebt ist ...

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