Was bringt uns die Europawahl? Vielleicht hoffen die europafreundlichen Deutschen weiterhin auf lettischen Optimismus. Andere schauen genau hin: welche politischen Forderungen hätten in den kommenden Jahren eine Chance auf Realisierung?
Da wäre die Möglichkeit der Einführung eines europäischen Mindestlohns. Lettischen Pressemeldungen zufolge, hoffen zumindest die Neuen Konservativen ("Jaunā konservatīvā partija JKP"), die "Progressiven" (“Progresīvie”) und auch die Vereinigung der Russen (“Latvijas krievu savienība”) auf einen europaweiten Mindestlohn (LA). - In dieser Koalition werden sie es aber nicht erreichen können: wollen die einen doch Gesetze nach christlichen Werten ausrichten, die anderen streichen liberale Werte und Gleichberechtigung für alle heraus, und die dritten sehen Lettland von faschistischen Tendenzen beherrscht. So liegen die Forderungen der JKP auch ziemlich niedrig: 200 Euro Mindestlohn, und 500 Euro Mindestrente (lsm). Die Progressiven fordern auch eine europäische Arbeitslosenversicherung, besonders für den Fall von Massenarbeitslosigkeit.
Vier weitere Parteien halten einen europäischen Mindestlohn für eher unrealistisch: die "Grünen und Bauern" ("Zaļo un zemnieku savienība ZZS"), die "Lettische Regionalpartei" ("Latvijas Reģionu apvienība"), "Wem gehört der Staat" (“KPV LV”) und "Für Entwicklung" (“Attīstībai/Par!”). Aber auch unter diesen "Schwestern im Geiste" sollte ziemliche Uneinigkeit herrschen: kommt der Mindestlohn nicht, weil von der EU sowieso nichts Gutes zu erwarten ist, oder weil es einen stärkeren Wirtschaftsaufschwung behindert? Allerdings wird niemand den Spruch "Weiter so wie bisher" bzw. "Wir wollen rein, auch wenn es nichts bringt" auf die Plakate schreiben - auch wenn manche in diese Richtung denken. Ähnlich aber die Forderungen der Parteien dieser Gruppe nach besseren Bedingungen für Investitionen und Unternehmen, und mehr EU-Gelder für schlecht entwickelte Regionen.
Zumindest die "Latvijas Avize" ordnet in ihrer Darstellung die “Saskaņa”, die sich ja gern "sozialdemokratische Partei Saskaņa” nennt, gesondert ein: EU-Vereinbarungen für den sozialen Ausgleich ja, aber keine Aussage über die Erreichbarkeit konkreter Forderungen. Ähnlich wie die Vereinbarungen zur Finanzdisziplin müsse ein Pakt zum sozialen Fortschritt geschlossen werden.
Die "Neue Einigkeit" (“Jaunā Vienotība”), die ja unter dem Namen “Vienotība” 2014 gleich vier Abgeordnete ins Europaparlament brachte (cvk), meint alle Entscheidungen zur Sozialgesetzgebung sollten im Verantwortungsbereich der Mitgliedsstaaten bleiben. Da sich Lebensstandard und Preisniveau von Land zu Land zu stark unterscheiden, seien auch Forderungen nach Ausgleich sozialer Unterschiede zu früh. Ähnlich denken übrigens auch die "Vaterländer" der "Visu Latvijai!" (hier war ja auch schon zu hören: "Hauptsache, die Einwanderer und Flüchtlinge bekommen nicht mehr als die Letten!"). Na, da sind sie dann doch wieder: die lettischen Optimisten!
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