Wer in Lettland zum Beispiel zu "Riču raču" eingeladen wird, sollte nicht voreilig sagen "Kenne ich nicht!". Denn was in Deutschland am ehesten dazu geegnet erscheint, sich und andere zu ärgern (Mensch, ärgere dich nicht!), das wird lettisch zum "Ritschen und Ratschen" genommen. Was Deutschland (so weit ich weiß) nicht zu bieten hat ist die Verfilmung und Vertonung der Spielidee, so wie es das sowjetlettische TV in Riga im Stil der frischen 60er Jahre fertig gebracht hat (siehe hier). Das Filmchen und auch die Aufnahme dieses Liedchens in das Repertoire so manchen Schulchores wurde kurzfristig dem Ziel gerecht, dem sonst tristen Sowjetalltag mehr Schwung zu verleihen - und vielleicht auch von anderen musikalischen Tendenzen von damals wie Beatles, Stones, Hendrix oder Elvis Presley abzulenken.
Ein anderes, in Lettland inzwischen sehr erfolgreiches Spiel (weil oft verkauft) ist "Katanas ieceļotājus" - die Siedler (von Catan). "Ich habe in Deutschland auf Messen neue Inspirationen gesucht," so erzählt Egils Grasmanis. "Ich bin von Stand zu Stand gegangen und habe nach der Erlaubnis gefragt eine lettische Version herauszubringen." Zuvor hatte er eher mit Haarpflege zu tun: "Damals habe ich noch 'Wella'-Produkte in Lettland verkauft. Und dann hat mir 2003 jemand aus den USA 'Settlers of Catan' mitgegbracht," erzählt Egils, "danach haben wir zwei Tage am Tisch gesessen und nur dieses Spiel gespielt." Die lettische Ausgabe wurde dann die 19.Sprachvariante des Spiels.In Deutschland hergestellt, vertreibt Grasmanis von Riga aus inzwischen auch litauische und estnische Spielvarianten.
Heute betreibt Egils seinen eigenen Spiele-Shop in Riga (Prāta spēles / Brain games) und versucht sich auch daran, selbst Spiele zu erfinden oder zu "latvisieren" - Letten mögen es, wenn der Spielinhalt Bekanntes aus Lettland aufnimmt, und natürlich Anleitung und Figuren an Lettisches erinnern. "Aber um die Kosten für die lettische Fassung eines Spiels wieder herein zu bekommen, muss ich von einem lizensierten Spiel erstmal 3.000 Spiele verkaufen - denn alles wird bei unserem Geschäftspartner in Deutschland hergestellt," stellt Grasmanis klar. Bei den "Katanas ieceļotājus" war das kein Problem - heute versucht es Egils aber auch mit in Lettland erfundenen Spielen, wie er in einem Interview mit der Zeitschrift "IR" erzählt. So vertreibt Egils ein Spiel "Centraltirgus" (Erfinder:Edgars Zaķis), bei dem gehandelt werden kann ganz wie in den realen Zentralmarkthallen. Und auch das offizielle Spiel des Rigaer Eishockey-Spitzenklubs "Dinamo Rīga" ("Pirmais Piecinieks") ist bei "Ludo", einer der angesagten Spieleläden in Riga und Partner von "Brain Games", zu haben.
Nach einem kurzen Boom fürs lettische "Scrabble" oder "Kuģu kauja" ("Schiffe versenken") sorgte in den vergangenen Jahren zunächst die Aufnahme von "Riga" in die internationale Ausgabe bei "Monopoly" für Aufsehen. Letten reisten voller Stolz bis nach Las Vegas (siehe "Kas Jauns") zum Mitspielen beim "gegenseitig übers-Ohr-hauen" - ähnlich wie im realen Leben. Die Entstehungslegende sagt, Monopoly sei 1934 von einem Arbeitslosen erfunden worden - das bringt vielleicht Sympathiepunkte bei den Monopoly-Liebhabern.
Spielfeld "Riga" zwischen der Steuerbehörde und dem "Ereignisfeld", mit hohen Mietkosten - wie im richtigen Leben? |
Dass die Computerspiele einmal in Lettland den Markt der Brettspiele übernehmen könnten, glaubt Grunte nicht: "die Leute wollen sich auch unterhalten dabei, an einem Tisch zusammen sitzen. Mit richtigen Freunden zusammen sein, statt nur mit virtuellen."
Auch mit der lettischen Vorliebe für historische Legenden wird gerne gespielt |
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