13. Januar 2013

Lesende Letten?

Vor einiger Zeit, auch zur Zeit der lettischen Unabhängigkeit hieß es oft, die Letten seien ein lesendes Volk. Stolz wurden Statistiken von Studierenden pro Tausend Einwohner präsentiert, ebenso wie Untersuchungen zur Lesefreudigkeit - ganz so, als ob die Neugier zwischen den Zeilen lesen zu wollen ganz besonderen Eifer hervorgerufen hätte.

Neues Futter um zwischen Legende und Tatsachen zu entscheiden bietet die jährliche Übersicht zu den Abonnenten von Zeitschriften und Zeitungen, die von der lettischen Post herausgegeben wurde (siehe pasts.lv). Demnach werden gegenwärtig 450.000 Presseerzeugnisse im Abo bezogen - 70% davon Zeitschriften. Eine zweite Tendenz ist ebenso klar: 78% der Abonennten wohnen auf dem Lande, nur 14% in Riga. Die Gesamtzahl aller Abonnenten hielt sich im Vergleich mit den vorangehenden Jahren stabil.

Die konservative Zeitung "Latvijas Avize" wagt sich an eine Analyse dieser Bilanzen.Ihren Untersuchungen zufolge verstärkt sich der Trend zugunsten von Zeitschriften: vor allem Frauenthemen, Sport und Gesundheit seien die gern gelesenen Themen.
Da wird ein Blick zu den Nachbarn interessant. Vor allem in Estland sei ein Trend zu beobachten, dass immer weniger Presseerzeugnisse abonniert werden: von 145.000 Abos im Jahr 2010 auf nur noch 120.000 im vergangenen Jahr.
Auch die litauischen Kolleg/innen berichten über die zunehmende Gewohnheit, sich im Internet den interessanten Lesestoff zusammenzusuchen. Dennoch seien immer noch die Tageszeitungen an der Spitze der Abostatistiken zu finden. Dabei ähneln die litauischen Lesegewohnheiten eher denen der lettischen Nachbarn, meint Journalistin Anna Žigajeva in ihrem Bericht: Mode und Gesundheit zum Beispiel. Dem gegenüber seien in Estland auch populärwissenschaftliche Themen gefragter - ähnlich wie die Letten sicherten sich die Esten aber auch gern eine Zeitschrift zu Haus und Heim im Postkasten.

Der lettische Verlegerverband LPIA veröffentlichte Ende 2012 die Ergebnisse einer Kundenumfrage.66% der Befragten gaben dabei an, im Lauf einer Woche mindestens einmal eine Zeitschrift oder Zeitung gelesen oder durchgeblättert zu haben. Die Verleger schließen aus den Ergebnissen, dass wöchentlich erscheinende Presseerzeugnisse weiterhin am erfolgreichsten seien, gefolgt von den Monatsblättern. Der größte Rückgang sei bei den Tageszeitungen zu beobachten. Die in Lettland momentan meist gelesenen Illustrierten - alle auch in fast jeder Zeitungsauslage zu bekommen - sind "Ieva" ("Eva"), gefolgt von "Privātā Dzīve" ("Privates Leben") und "Kas Jauns" ("Was gibt's Neues"). Nach "Ievas Stāsti", ("Evas Erzählungen") rangiert "Ilustrētā Zinātne" ("Illustrierte Wissenschaft") auf Platz 5.
Bei den Tageszeitungen führen zwei russischsprachige Blätter die Liste an: "MK Latvija" vor der russischsprachigen TV-Zeitschrift "TV-Programma (rus)", danach folgt "Rīgas Santīms", die sich aus massiven Werbeanzeigen finanziert.

Die LPIA weist auch darauf hin, dass sich in allen Landesteilen Lettlands auch auf regionale Themen konzentrierte Presseerzeugnisse erfolgreich am Markt halten können: "Tava Izvēle" in Vidzeme, "Kurzemes Vārds" in Kurzeme, "Jelgavas Vēstnesis" und "Zemgales Ziņas" in Zemgalē. In Latgale äußert sich Regionaltypisches wiederum meist russischsprachig: dort stehen "Seičas", "Miļļion", "Panorama Rezekne" sowie "Rezeknenskie Vesti (rus)" zur Auswahl. 

Infos: 
Lettischer Verlegerverband
Liste der lettischen Verlage 
Lettische Post, Abodienst

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