11. Januar 2013

Getreide boomt

2012 verzeichnete Lettland die beste Getreideernte seit Wiedererlangung der Unabhängigkeit. Bedeutet das eine Renaissance der Landwirtschaft? Lettische Marktanalysen schieben es auf günstige Wetterumstände, sinkende Saatgutpreise und mehr Nachfrage auf dem Weltmarkt. 

Bauern neigen oft zu Pessimismus - zumindest zu einer skeptischen Grundhaltung. Aber die neuesten Zahlen sowohl vom staatlichen Statistikamt wie auch vom lettischen Landwirtschaftsministerium bilanzieren für 2012 mit insgesamt 1,88 Tonnen geernteter Getreide das erfolgreichste Jahr seit langem. Zum Vergleich: in den 1930er Jahren wurde in Lettland jährlich etwa 1,3 Mill. t geerntet, 1990 waren es etwas mehr als 1,6 Mill. t, und die seitdem beste Ernte wurde im Jahr 2008 mit 1.689 Mill. t eingefahren.
Zusätzlich positiv machen sich schlechte Ernten anderswo (z.B. USA) bemerkbar: mit steigenden Weltmarktpreisen bei Getreide bekommt der lettische Bauer mehr fürs Geld (bzw. mehr für die Lieferung). Normal fallen ja gute Ernten oft mit fallenden Preisen zusammen - diesmal nicht.Die Erntemenge des Vorjahres wurde glatt um ein Drittel und das bisherige Rekordjahr 2008 um 11% übertroffen.

Lettische Agrarlandschaften - hier Nähe Vecgulbene -
wie geschaffen für großflächigen Getreideanbau?
Bei der Erzeugung von Lebensmitteln der lettischen Landwirtschaft macht Getreide etwa ein Viertel des Gesamtertrags aus - und damit mehr als z.B. Schweinefleisch oder Kartoffeln. Am meisten ausgesät wird dabei Winterweizen (56%). Danach folgt Sommerweizen, Sommergerste, Hafer und Roggen, und schließlich - mit leicht weniger Ernteerfolg als bisher - noch Triticale (eine Kreuzung aus Weizen und Roggen), Wintergerste, Buchweizen und weitere Sorten. Insgesamt ist der Anteil von Weizensorten an der Gesamtanbaufläche von 571.000 ha stark angestiegen und übersteigt inzwischen schon zwei Drittel - was sicher auch an den gestiegenen Exportmöglichkeiten liegt. Unter den Empfängerländern von aus Lettland exportiertem Weizen befinden sich unter den EU-Ländern vor allem Dänemark, die Niederlande, Litauen, Spanien und auch Deutschland. Es gibt aber auch Empfängerländer wie Algerien, Lybien (!) oder die Vereinigten Arabischen Emirate.

Laut einer Landwirtschaftszählung aus dem Jahr 2010 gibt es in Lettland knapp 90.000 Bauernwirtschaften. Dabei sind klare Tendenzen spürbar: die Gesamtzahl der Bauern sinkt, die Summe der genutzten Fläche bleibt gleich, die Zahl der Höfe mit mehr als 100ha Nutzfläche steigt. Die mittlere Größe der lettischen Höfe stieg von 25.5ha im Jahr 2007 auf 34,5ha 2010. Die durchschnittlich größten Höfe liegen in Zemgale, im Süden Lettlands: in Dobele sind es durschnittlich schon 47,3 ha, in Tērvete 46,2 ha.

"Das schönste Wappen der Welt - der Pflug im Acker"
Dieser Spruch von Kārlis Ulmanis wird hier
in einem lettischen Freilichtmuseum verdeutlicht.
Moderne Landwirtschaft muss aber längst
abseits purer Nationalromantik wirtschaften.
Ende 2012 hatte Lettland in einer gemeinsamen Erklärung mit den Nachbarn Estland, Litauen und einigen anderen EU-Mitgliedern sich für eine Erhöhung der Direktzahlungen an lettische Bauern einzusetzen versucht; auch beim Besuch des deutschen Außenministers Westerwelle kam dies zur Sprache (siehe Pressekonferenz).
In Lettland wird immer noch darüber diskutiert, warum Landwirte in Westeuropa immer noch höhere Direktzahlungen von der EU erhalten als ihre lettischen Kolleginnen und Kolleginnen. Bisher konnten sich die EU-Mitglieder jedoch noch nicht auf den Rahmen einer gemeinsamen Haushaltsplanung einigen.
Auch werden Sorgen geäußert dass immer mehr Ackerland an Ausländer verkauft werde.

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