Nach der Einführung des Euro gab es in Deutschland schnell auch Enttäuschungen, weil viele ihn wenigstens subjektiv als „teuro“ empfanden. Estland hat die Gemeinschaftswährung zu Beginn des vergangenen Jahres eingeführt und ebenfalls anschließend eine Inflationserfahrung damit verbunden, so daß es dort heute nicht schwierig ist Menschen zu finden, die meinen, man wäre besser bei der estnischen Krone geblieben.
Dem steht entgegen, daß alle 2004 der EU beigetretenen Staaten rein juristisch betrachtet mit ihrem Beitritt auch ja zum Euro gesagt haben. Darauf pocht derzeit der lettische Ministerpräsident Valdis Dombrovskis, dessen Regierung es sich zum Ziel gesetzt hat, 2014 – also in gut einem Jahr – den Euro einzuführen. Das stößt derzeit nicht nur in der Bevölkerung eher auf Ablehnung, dagegen wehren sich auch zahlreiche Journalisten.
Freilich darf die Gemeinschaftswährung erst eingeführt werden, wenn die sogenannten Maastricht-Kriterien erfüllt werden. Zur Erinnerung: Das Defizit darf nicht mehr als 60% der jährlichen Wirtschaftsleistung betragen und die Neuverschuldung nicht mehr als 3%, während die Inflationsrate nicht um mehr als 1,5% vom Durchschnitt der niedrigsten Inflationsraten in der EU abweichen darf. Das sind alles trockene Zahlen, die dem einfachen Bürger nicht unbedingt auf Anhieb verständlich sind. Was aber jeder versteht ist, daß unter den Staaten der Eurozone kaum ein Land diese Ķriterien derzeit einhält. Und es ist für viele nicht vergessen, daß ausgerechnet Deutschland und Frankreich als erste verstießen.
Während sich die Befürworter des Euro mit den altbekannten Argumenten von stabileren Verhältnissen ohne Wechselkurse und folglich höheren Investitionen zu Wort melden, fragen andere Kommentatoren, warum man auf ein sinkendes Schiff aufspringen sollte. Der einfache Bürger hat in Unkenntnis der makroökonomischen Zusammenhänge vor dem Hintergrund der ständig dramatischer klingenden Meldungen über die Eurokrise schlicht Angst dafür, sich von seinem guten alten Lats zu verabschieden.
Aber was bringt den Letten eigentlich ihre eigene Währung. Zunächst einmal war die Einführung 1993 nach der Übergangswährung des lettischen Rubels, der nach dem Namen des damaligen Nationalbankpräsidenten Einars Repše gerne auch als „Repši“ bezeichnet wurde, ein Symbol für die nach einem halben Jahrhundert wiedergewonnene Unabhängigkeit. Viele Ausländer wunderten sich damals an den Wechselstuben, daß sie für Ihre Dollar, Mark oder Schweizer Franken der Nennsumme nach weniger Lat über den Tresen geschoben bekamen. Historisch war der Wert des Lats immer hoch, damit auch die kleinste Münze noch einen Wert hat.
Schon damals haben die Menschen ohne Kenntnisse der Hintergründe diese Währung hochgehalten und gesagt, schaut, ein Lats ist mehr als eine Mark oder ein Dollar. Das aber sagt im Grunde ja nichts über die Kaufkraft aus. Die erschließt sich erst aus dem Verhältnis zwischen Verdienst und Preisen. Eine Währung, die mit hohen Summen jongliert, muß deshalb keine weiche sein. Und so warnten auch Bankangestellte im Ausland Lettland-Reisende gerne, bloß von dort kein Bargeld mitzubringen, denn in Deutschland tauscht das niemand um. Die Letten konnten also nicht etwa mit ihrem hochwertigen Lats ins Ausland zum Einkauf fahren, sondern mußten ihre Währung gleich im eigenen Land umtauschen.
Damit aber nicht genug. Seit dem Beitritt zu EU 2004 ist der Lat fest zum Kurs von 1:0,7 an den Euro gebunden. Das bedeutet zwar nach wie vor, daß man für 20 Euro in der Wechselstube eben nur 13 Lati bekommt. Der Lats ist also de facto nichts anders als ein etwas anders aussehender Euro. Nicht einmal abwerten könnte die lettische Nationalbank ohne Genehmigung von der EZB. Eine Hartwährung ist dieser deshalb jedoch nicht. Und was die meisten Menschen nicht wissen, bereits vorher war der Lats an einem Währungskorb gebunden, was angesichts der Schwankungen des US$ gewiß zu mehr Schwankungen auch der lettischen Währung geführt hat.
Sollte also Lettland bis 2014 die Maastricht-Kriterien einhalten und die Eurokrise bis dahin die Gemeinschaftswährung nicht zur Vergangenheit gemacht haben, dann wird das Land den Euro wohl einführen und wohl ähnliche Erfahrungen machen wie alle anderen Mitgliedsländer der Eurozone auch.
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