21. Dezember 2011

Lettlands Sportler des Jahres 2011

Per Internet wird in Lettland über die beliebtesten Sportlerinnen und Sportler des Jahres abgestimmt, und zuständig dafür ist das Lettische Olympische Komittee. Heute wurden die Preisträger des Jahres 2011 bekannt gegeben.
Das Besondere an der Abstimmung: erstens, dass es völlig den im Internet relativ anonymen Fan-Gruppen überlassen bleibt, wer gewinnt. Zweitens ist die Abstimmung nicht nach Frauen und Männern getrennt. So sind denn auch 9 von 10 besten Sportlern auch Männer - die Gewinnerin aber ist eine Frau.

Die Weitspringerin Ineta Radeviča - Europas Beste 2010, und bei der WM im südkoreanischen Daegu 2011 Bronzemedaillengewinnerin - genießt also in Lettland momentan die größte Beliebtheit. Mit ganzen 35 Stimmen Vorsprung vor dem Radrennsportler Gatis Smukulis entschied also Radeviča die Abstimmung für sich - vielleicht liegt es auch ein wenig daran, dass sie mit dem russischen Eishockeysportler Petr Schastlivy verheiratet ist und Radeviča vielleicht über diesen "Umweg" auch russischsprachige Fans eher begeistern kann? Zuletzt wurden ja in Lettland die Regeln für offiziell zulässige und verordnete Staatssprachen viel diskutiert - hier sind beide Sprachen ganz selbstverständlich, auch im professionellen Umgang (siehe auch früherer Blogbeitrag)
Dritter wurde Martins Dukurs, einer der weltbesten Skeletoni in den Eisbahnen der Welt, gegenwärtig Weltcup-Dauersieger (momentan schon 9 Siege in Folge).
Hier das Zwischenergebnis der
Sportlerwahl, veröffentlicht am 6.12.11
Offenbar wurde hier auch versucht, die Mobilisierungsmöglichkeiten des Internets zu beobachten. Während der Zeit der Abstimmung wurden auch Zwischenergebnisse veröffentlicht, und so zeigt sich dass Radeviča besonders im Endspurt stark war. Speerwerfer Zigismund Sirmais fiel noch auf den vierten Platz zurück, und Dukurs kam zu Gute dass die neue Wintersportsaison gerade begonnen hatte.
Ein Blick auf die Liste der Sportstars gibt auch Aufschluß zu beliebten Sportarten: Leichtathletik (zweimal), Radsport (-rennen und BMX), Eishockey, Motokross, Skeleton - und sogar Fußball.

Stichwort Fußball: Interessant einerseits, dass überhaupt Fußballspieler in Lettland unter den beliebtesten Sportlern genannt werden, andererseits der 23-jährige Nachwuchsspieler Artjoms Rudņevs (spielt gegenwärtig bei Lech Posen, ist im der lettischen Nationalteam erst wenige Male zum Einsatz gekommen, schoß dort auch erst ein einziges Tor).
Torwartlegende Oliver Reck testete in Duisburg
lettischen Torriecher
Ist die lettische Sportlerwahl also doch relativ zufallsbestimmt? Ist es Zufall, dass am Tag der Ergebnisbekanntgabe auch UEFA eine Liste der europaweit besten Torschützen im Fußball bekannt gibt, und sich darunter erstaunlicherweise ein Lette befindet? Ganze 46 Tore schoss Aleksandrs Čekulajevs im Laufe des Jahres! (nachzulesen bei Sport.de) So rangiert Čekulajevs in dieser Wertung auch vor deutschen Stars wie Gomez oder Podolski, obwohl seine Trefferzahl als geringerwertig eingestuft wird, da er "nur" in der estnischen Liga bei JK Trans Narwa spielt. "Tranfermarkt.de" schätzt den Marktwert des Letten-Kickers auf inzwischen immerhin 500.000 Euro. Beim deutschen Zweitligisten MSV Duisburg soll Čekulajevs - der sich kurzzeitig im Zusammenhang mit Barcelonas Ronaldo genannt sehen darf (UEFA) - kürzlich (die Saison in Estland ist bereits beendet) ein Probetraining absolviert haben. Fehlen eigentlich nur noch lettische Fans, die Aleksandrs dann auch mal bei der Sportlerwahl zu höheren Ehren daheim bringen (Bericht Sportacentrs).

Und noch zweimal Nachruf zum Schluß. Ebenfalls zum lettischen Sportjahr gehört das Gedenken an Verstorbene. Bereits am 13.Februar 2011 war Inese Jaunzeme verstorben, legendäre erste Lettin die eine olympische Goldmedaille gewann - in Melbourne 1965, im Speerwurf.

Zusatz: Am 22.Dezember wählte dann doch eine "Expertenjury" die Sportler des Jahres aus, und nicht die mühsam befragten 20.000 Internetuser. Ineta Radeviča wurde als Sportlerin, und Martins Dukurs zum Sportler des Jahres 2011 benannt (komplette Liste aller Auszeichnungen).

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