Die lettische Politik ist seit der Unabhängigkeit 1991 nie stabil gewesen, die anfänglich gegründeten Parteien haben sich bis zur Unkenntlichkeit gewandelt und vermischt. Fast jeder hat schon einmal mit jedem, ausgenommen die verschiedenen russischen Fraktionen. Mit einem Wort, Politiker wie Wähler waren alles andere als beständig, was während zweier Jahrzehnte in einer ebenso unbeständigen und an kurzfristigen Zielen orientierten Politik niederschlägt, nimmt man den Beitritt zu NATO und EU aus. Die Überhitzung der Wirtschaft danach wurde auch ohne Finanzkrise nicht bekämpft.
Zweifelsfrei liegt die Ursache im fehlenden Verständnis des politischen Prozesses in der Bevölkerung, die nur zu gerne den Staat populären Personen anvertraut hat, um sich anschließend enttäuscht abzuwenden und der daraus resultierenden subjektiven Einschätzung der Politiker über ihre politischen Zukunft. Nicht selten waren dabei persönliche Animositäten wichtiger als Sachfragen, Personalentscheidungen schwierig und Ursache von Regierungsstürzen. 1999 wurde die später populäre Präsidentin Vaira Vīķe-Freiberga unterstützt von der konservativen Regierungsfraktion Für Vaterland und Freiheit zusammen mit der damals größten Oppositionskraft, der Volkspartei des beliebten Andris Šķēle, gegen welche sie sich an einer Minderheitsregierung unter der Führung von Lettlands Weg beteiligt hatte.
Nach den Wahlen 2010 gibt es nur noch fünf Fraktionen im Parlament – historisch wenig, doch Lettland hat nie wie das benachbarte Estland Listenkoalitionen verboten, weshalb nunmehr keine einzige dieser Fraktion aus nur einer Partei besteht. Der lettische Politologe Andris Runcis zählte vergangenen Herbst 18 Parteien. Die Koalition besteht nun erst mals nach der Wiedererlangten Unabhängigkeit nur aus zwei Fraktionen von denen eine zweifelsfrei unter dem Einfluß des als wichtigem Oligarchen geltenden Bürgermeisters der Hafenstadt Ventspils, Aivars Lembergs, steht. Lembergs gilt als Kandidat für das Amt des Regierungschefs ohne je zu kandidieren. Diese Union aus Grünen und Bauern hat dieses Jahr bereits in der Ombudsmann-Frage einem anderen Kandidaten zum Sieg verholfen, als ihn die Partei des Regierungschefs Valdis Dombrovskis, Einigkeit, favorisierte. Zugestanden haben sich die Parteien in beiden Nominierungen lange geziert, konkrete Namen zu nennen. Nunmehr ging es mit gleichem Ergebnis um die ungleich wichtigere Präsidentschaftswahl.
Dabei überschlugen sich die Ereignisse in diesem Frühjahr. Pikant ist neben dem Umstand, daß Valdis Zatlers damit vom Parlament das Mißtrauen ausgesprochen wurde und eine zweite Amtszeit versagt blieb, daß der Präsident wenige Tage zuvor der Verfassung entsprechend die Parlamentsauflösung angeregt hatte, worüber nun im Hochsommer das Volk wird abstimmen können. Grund für diesen ebenfalls historischen Schritt war die Ablehnung des Parlamentes, dem als weiterer Oligarchen geltenden Ainārs Šlesers die Immunität zu entziehen, wie es die Staatsanwaltschaft gewünscht hatte. Der kleinere Koalitionspartner beeilte sich später zu erklären, man sei mit der Abstimmung überrumpelt worden und habe jetzt mehr Informationen, die auf jeden Fall für einen Entzug der Immunität sprächen und die Fraktion würde jetzt anders abstimmen.
Die lettische Politik wird immer undurchsichtiger, Prognosen für die vermutlich anstehende vorgezogene Neuwahl schwieriger. Das russische Harmoniezentrum kann eigentlich nur gewinnen, während von der Einigkeit viele Wähler auch enttäuscht sind. Wie viele sie dennoch als das kleinere Über betrachten werden, ist gegenwärtig völlig offen. On das Hin und Her der Union aus Grünen und Bauern das eigene Klientel überzeugt ebenso. Sicher ist, daß diese Partei vor allem auf dem land bevorzugt wird, wo wiederum die konservative Lettlands Zeitung die bevorzugte Lektüre ist. Diese steht einer Kooperation mit der russischen Partei alles andere als wohlwollend gegenüber. Nachdem nach der letzten Wahl die konservativen Teile der Einigkeit eine Koalition mit dem Harmoniezentrum blockiert hatten, scheint diese in zwanzig Jahren immer von der Macht ausgeschlossene Partei die Partnersuche zu erweitern. Bereits jetzt gäbe es theoretisch eine Mehrheit für das Harmoniezentrum mit der Union der Grünen und Bauern, die mit einer Stimme reichlich knapp ist. Die Fraktion des nun verschonten Šlesers hätte noch einmal acht Sitze.
Man mag Ministerpräsident Valdis Dombrovskis zugestehen, daß er wirklich Lettland erfolgreich durch die Krise steuern möchte, aber obwohl bei der Wahl im Oktober 2010 sehr viele neue Gesichter ins Parlament eingezogen und zwei der drei Oligarchen, Ainārs Šlesers und Andris Šķēle mit ihrer nun gemeinsamen Liste mit nur acht Abgeordneten abgestraft worden waren, nach wie vor genug alte Seilschaften im Parlament vertreten sind. Weder Šlesers noch Lembergs Verpflichtungen wurden je hinreichend untersucht. Eine Steuererklärung ist auch nach 20 Jahren nicht eingeführt und auch die Privatisierungsvoucher, welche in Estland von vornherein auf eine Gültigkeit von zwei Jahren beschränkt waren, ist diese in Lettland immer wieder verlängert worden und die von der Durchschnittbevölkerung lange verkauften Papiere sind inzwischen im Wert gestiegen und werden aller Wahrscheinlichkeit von Einzelpersonen gehalten, die auf die letzten Filetstücke der Privatisierung warten wie etwa den lettischen Wald.
Freilich, es wäre zu einfach, dies nur der politischen Elite vorwerfen zu wollen. Es ist nichts Neues, daß die genannten als Oligarchen geltenden Personen im Volk ihre Anhänger haben, was besonders für Aivars Lembergs gilt, den seine Partei als Kandidaten für den Regierungschef plakatiert ohne daß er jedoch auch nur für ein Mandat kandidieren würde. Insofern ist der Unmut in Lettland groß, die Zustimmung zu vorzeitigen Neuwahl wahrscheinlich. Doch gleichzeitig ist nicht zu erwarten, daß die Anhänger der verschiedenen politischen Kräfte sich so deutlich anders verhalten werden als vor einem Dreivierteljahr zumal auch völlig unklar ist, woher gegebenenfalls unverbrauchte Kandidaten kommen sollen – vom scheidenden Präsidenten einmal abgesehen.
War Valdis Zatlers von den Oligarchen 2007 aus dem Hut gezaubert worden, um einen Gegenpol zur politisch aktiven Vorgängerin zu werden, so hat sich dieser im Amt stark gewandelt. Der nun gewählte Andris Bērziņš, den die ausländischen Medien mit einem gleichnamigen früheren Ministerpräsidenten verwechselt haben, ist nicht unbedingt ein unbeschriebenes Blatt. Der 66jährige hat seine Karriere in der Sowjetzeit begonnen, leitete bis zum Verkauf an die schwedische SEB eine der größten Banken des Landes und gehört zum Dunstkreis von Lembergs, ist Abgeordneter der Union aus Grünen und Bauern. Wie er sich verhalten wird, bleibt abzuwarten. Abzuwarten bleibt ebenfalls, welche Kräfte in der regierenden Einigkeit, die vermutlich auch aus den kommenden Wahlen nicht deutlich geschwächt hervorgeht, wie stark werden und eine Koalition mit dem Harmoniezentrum möglich wäre. Neben allen tatsächlichen und geargwöhnten Kontakten dieser politischen Kraft mit Moskau ist sie nun mitverantwortlich für die Niederlage von Zatlers. Spannend dürfte folglich auch die Regierungsbildung werden, denn allein der Präsident nominiert einen Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten. Der wird dann aber bereits Andris Bērziņš heißen und seine Wahl muß weder auf einen gewählten Abgeordneten fallen noch einen Vertreter der stärksten Fraktion oder auch nur des größten Partners einer allfälligen Koalition. Der neue Regierungschef könnte also auch Lembergs heißen.
Zweifelsfrei liegt die Ursache im fehlenden Verständnis des politischen Prozesses in der Bevölkerung, die nur zu gerne den Staat populären Personen anvertraut hat, um sich anschließend enttäuscht abzuwenden und der daraus resultierenden subjektiven Einschätzung der Politiker über ihre politischen Zukunft. Nicht selten waren dabei persönliche Animositäten wichtiger als Sachfragen, Personalentscheidungen schwierig und Ursache von Regierungsstürzen. 1999 wurde die später populäre Präsidentin Vaira Vīķe-Freiberga unterstützt von der konservativen Regierungsfraktion Für Vaterland und Freiheit zusammen mit der damals größten Oppositionskraft, der Volkspartei des beliebten Andris Šķēle, gegen welche sie sich an einer Minderheitsregierung unter der Führung von Lettlands Weg beteiligt hatte.
Nach den Wahlen 2010 gibt es nur noch fünf Fraktionen im Parlament – historisch wenig, doch Lettland hat nie wie das benachbarte Estland Listenkoalitionen verboten, weshalb nunmehr keine einzige dieser Fraktion aus nur einer Partei besteht. Der lettische Politologe Andris Runcis zählte vergangenen Herbst 18 Parteien. Die Koalition besteht nun erst mals nach der Wiedererlangten Unabhängigkeit nur aus zwei Fraktionen von denen eine zweifelsfrei unter dem Einfluß des als wichtigem Oligarchen geltenden Bürgermeisters der Hafenstadt Ventspils, Aivars Lembergs, steht. Lembergs gilt als Kandidat für das Amt des Regierungschefs ohne je zu kandidieren. Diese Union aus Grünen und Bauern hat dieses Jahr bereits in der Ombudsmann-Frage einem anderen Kandidaten zum Sieg verholfen, als ihn die Partei des Regierungschefs Valdis Dombrovskis, Einigkeit, favorisierte. Zugestanden haben sich die Parteien in beiden Nominierungen lange geziert, konkrete Namen zu nennen. Nunmehr ging es mit gleichem Ergebnis um die ungleich wichtigere Präsidentschaftswahl.
Dabei überschlugen sich die Ereignisse in diesem Frühjahr. Pikant ist neben dem Umstand, daß Valdis Zatlers damit vom Parlament das Mißtrauen ausgesprochen wurde und eine zweite Amtszeit versagt blieb, daß der Präsident wenige Tage zuvor der Verfassung entsprechend die Parlamentsauflösung angeregt hatte, worüber nun im Hochsommer das Volk wird abstimmen können. Grund für diesen ebenfalls historischen Schritt war die Ablehnung des Parlamentes, dem als weiterer Oligarchen geltenden Ainārs Šlesers die Immunität zu entziehen, wie es die Staatsanwaltschaft gewünscht hatte. Der kleinere Koalitionspartner beeilte sich später zu erklären, man sei mit der Abstimmung überrumpelt worden und habe jetzt mehr Informationen, die auf jeden Fall für einen Entzug der Immunität sprächen und die Fraktion würde jetzt anders abstimmen.
Die lettische Politik wird immer undurchsichtiger, Prognosen für die vermutlich anstehende vorgezogene Neuwahl schwieriger. Das russische Harmoniezentrum kann eigentlich nur gewinnen, während von der Einigkeit viele Wähler auch enttäuscht sind. Wie viele sie dennoch als das kleinere Über betrachten werden, ist gegenwärtig völlig offen. On das Hin und Her der Union aus Grünen und Bauern das eigene Klientel überzeugt ebenso. Sicher ist, daß diese Partei vor allem auf dem land bevorzugt wird, wo wiederum die konservative Lettlands Zeitung die bevorzugte Lektüre ist. Diese steht einer Kooperation mit der russischen Partei alles andere als wohlwollend gegenüber. Nachdem nach der letzten Wahl die konservativen Teile der Einigkeit eine Koalition mit dem Harmoniezentrum blockiert hatten, scheint diese in zwanzig Jahren immer von der Macht ausgeschlossene Partei die Partnersuche zu erweitern. Bereits jetzt gäbe es theoretisch eine Mehrheit für das Harmoniezentrum mit der Union der Grünen und Bauern, die mit einer Stimme reichlich knapp ist. Die Fraktion des nun verschonten Šlesers hätte noch einmal acht Sitze.
Man mag Ministerpräsident Valdis Dombrovskis zugestehen, daß er wirklich Lettland erfolgreich durch die Krise steuern möchte, aber obwohl bei der Wahl im Oktober 2010 sehr viele neue Gesichter ins Parlament eingezogen und zwei der drei Oligarchen, Ainārs Šlesers und Andris Šķēle mit ihrer nun gemeinsamen Liste mit nur acht Abgeordneten abgestraft worden waren, nach wie vor genug alte Seilschaften im Parlament vertreten sind. Weder Šlesers noch Lembergs Verpflichtungen wurden je hinreichend untersucht. Eine Steuererklärung ist auch nach 20 Jahren nicht eingeführt und auch die Privatisierungsvoucher, welche in Estland von vornherein auf eine Gültigkeit von zwei Jahren beschränkt waren, ist diese in Lettland immer wieder verlängert worden und die von der Durchschnittbevölkerung lange verkauften Papiere sind inzwischen im Wert gestiegen und werden aller Wahrscheinlichkeit von Einzelpersonen gehalten, die auf die letzten Filetstücke der Privatisierung warten wie etwa den lettischen Wald.
Freilich, es wäre zu einfach, dies nur der politischen Elite vorwerfen zu wollen. Es ist nichts Neues, daß die genannten als Oligarchen geltenden Personen im Volk ihre Anhänger haben, was besonders für Aivars Lembergs gilt, den seine Partei als Kandidaten für den Regierungschef plakatiert ohne daß er jedoch auch nur für ein Mandat kandidieren würde. Insofern ist der Unmut in Lettland groß, die Zustimmung zu vorzeitigen Neuwahl wahrscheinlich. Doch gleichzeitig ist nicht zu erwarten, daß die Anhänger der verschiedenen politischen Kräfte sich so deutlich anders verhalten werden als vor einem Dreivierteljahr zumal auch völlig unklar ist, woher gegebenenfalls unverbrauchte Kandidaten kommen sollen – vom scheidenden Präsidenten einmal abgesehen.
War Valdis Zatlers von den Oligarchen 2007 aus dem Hut gezaubert worden, um einen Gegenpol zur politisch aktiven Vorgängerin zu werden, so hat sich dieser im Amt stark gewandelt. Der nun gewählte Andris Bērziņš, den die ausländischen Medien mit einem gleichnamigen früheren Ministerpräsidenten verwechselt haben, ist nicht unbedingt ein unbeschriebenes Blatt. Der 66jährige hat seine Karriere in der Sowjetzeit begonnen, leitete bis zum Verkauf an die schwedische SEB eine der größten Banken des Landes und gehört zum Dunstkreis von Lembergs, ist Abgeordneter der Union aus Grünen und Bauern. Wie er sich verhalten wird, bleibt abzuwarten. Abzuwarten bleibt ebenfalls, welche Kräfte in der regierenden Einigkeit, die vermutlich auch aus den kommenden Wahlen nicht deutlich geschwächt hervorgeht, wie stark werden und eine Koalition mit dem Harmoniezentrum möglich wäre. Neben allen tatsächlichen und geargwöhnten Kontakten dieser politischen Kraft mit Moskau ist sie nun mitverantwortlich für die Niederlage von Zatlers. Spannend dürfte folglich auch die Regierungsbildung werden, denn allein der Präsident nominiert einen Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten. Der wird dann aber bereits Andris Bērziņš heißen und seine Wahl muß weder auf einen gewählten Abgeordneten fallen noch einen Vertreter der stärksten Fraktion oder auch nur des größten Partners einer allfälligen Koalition. Der neue Regierungschef könnte also auch Lembergs heißen.
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