Manchmal sind auch die Stürme im Wasserglas heftig genug, dass unerfahrene Fische darin ertrinken können. Jānis Iesalnieks, Vorstandsmitglied der Partei "Für Vaterland und Freiheit / Alles für Lettland" (TB/VL), der mit seinen merkwürdigen Äußerungen über die Ereignisse in Norwegen in der lettischen Öffentlichkeit Diskussionen über ein möglicherweise ähnliches rechtsradikales Gedankengut auch in Lettland ausgelöst hatte (siehe voriger Beitrag), trat inzwischen von einer Kandidatur bei den kommenden Wahlen zurück. Gründe dafür werden allerdings - weiter als bis zu den Wänden des Wasserglases kann man offenbar nicht sehen - allein bei "Lügenkampagnen" des politschen Gegners gesehen.
Justizminister Aigars Štokenbergs soll nach Ansicht von TB/VL-Parteichef Raivis Dzintars für die "Organisation" solcher "Lügenkampagnen" verantwortlich sein. Das ist immerhin kein Russe - aber das zweitbeste Feinbild, was man wohl als Nationalist haben kann, ist dann Lette gegen Lette. Ob die kühle Analyse von Fakten und Tatsachen noch die Oberhand behält? Ob Herr Iesalnieks wenigstens einsieht, dass es der eigenen Reputation als Politiker in einer demokratischen Gesellschaft nicht unbedingt gut tut, wenn halbausgegorene Theorien und pauschale Schuldzuweisungen in die Öffentlichkeit gestreut werden? Schon wird behauptet, auch der Wahlkampagne der neuen Partei von Ex-Präsident Zatlers wolle Štokenbergs schaden. Zatlers als Beschützer der nationalradikalen Interessen - interessant wird sein zu beobachten, wie lange Zatlers derartiges Inanspruchnehmen mitmacht. Wie schon früher mal angemerkt: vor dem Parlamentsgebäude in Riga standen vor allem auch die protestierende Anhänger der Nationalradikalen, als Zatlers abgewählt wurde. Die neue "Zatlersche Reformpartei" (ZRP) hat sich ein sehr allgemein lautendes Programm gegeben - was sie konkret machen würde in einer Koalitionsregierung bleibt vorerst unklar. Aber in Lettland werden offenbar gern weiter Debatten geführt, die so aussehen als wolle man möglichst viele "heilige Kühe" platzieren: Zatlers paktiert schon mal nicht mit der Lembergspartei (der Liste der Bauern und der Grünen), und die Nationalisten dann auch nicht mit der "Russenpartei" Saskanas Centrs (Harmoniepartei). 94% derjenigen, die sich an der Volksabstimmung letzte Woche beteiligt haben, entließen mal eben schnell das von ihnen selbst gewählte Parlament.
Wohin Lettland aber STATT DESSEN hingehen soll - momentan sieht die Auseinandersetzung darüber wie eine riesige, mit dubiosen Inhalten gefüllte Nebelsuppe aus ...
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