Im lettischen Jēkabpils wurde im Januar ein Spielsalon überfallen, während die Einnahmen abgeholt wurden. Gewalttätige Überfalle waren in Lettland Mitte der 90er Jahre nicht Ungewöhnliches. Später besserte sich die Situation und auch das erwartete Ansteigen der Kriminalität infolge der Krise hat nicht zu spektakulären Fällen geführt. Dieser Fall ist aber nun spektakulär, weil hier Polizisten gegen Polizisten vorgehen mußten. Vier der fünf beteiligten Räuber waren Polizisten, zwei gehörten der Spezialtruppe Alfa an. Der Polizist Andris Znotiņš verlor dabei im Dienst sein Leben.
Die maskierten Räuber betraten den Spielsalon und die Polizisten behaupteten, sie seien in einen Einsatz im Rahmen der Drogenfahndung. Die in entsprechenden Etablissements regelmäßig anwesenden Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma mußten sich auf den Boden legen, ihnen wurde bekamen Tränengas in die Augen gesprüht. Ein Angestellter des Spielsalons wurde angeschossen, weil er die Alarmknopf gedrückt hatte. Die Höhe der Beute ist unbekannt, doch als die Räuber gestellt wurden, entdeckte die Polizei im Fahrzeug 104.500 LVL. Daß der Überfall ausgerechnet im Moment der Übergabe der Einnahmen an einen Geldtransport stattfand, läßt vermuten, daß die Polizisten über Insiderkenntnisse verfügten.
Dies ist nicht der erste Fall, der einen Schatten auf den Ruf der Polizei in Lettland wirft. Abgesehen von der Korruption der Verkehrspolizei, die in den letzten Jahren nachgelassen haben soll, gelang 2007 einem Untersuchungshäftling während der Überführung angeblich in Handschellen die Flucht aus dem fahrenden Streifenwagen durch einen Sprung von der Inselbrücke in die Düna. Der Verdächtige wurde zwar schnell wieder verhaftet, doch der damalige Innenminister Ivars Godmanis, der inzwischen EU-Abgeordneter ist, kam in Erklärungsnot.
Innenministerin im Kabinett Dombrovskis ist derzeit Linda Mūrniece. Sie stand schon mehrfach in der Kritik und wurde zum Rücktritt aufgefordert, so auch in diesem Fall. Sie nahm die Polizei allerdings in Schutz und leugnete, daß die geringen Einkommen der Polizisten, die im Rahmen der Krise wie vielen anderen Staatsdienern noch einmal gekürzt worden waren, die Ursache für den „Seitenwechsel“ der Polizisten sein könne. Sie erklärte in einem Radiointerview, die betreffenden Kollegen hätten nun ihr wahres Gesicht gezeigt und seien entweder als Kriminelle geboren oder aus anderen Gründen zu solchen geworden.
Tatsächlich sind die Einkommen in Staatsdienst und Polizei so gering, daß viele weiteren Nebentätigkeiten nachgehen. Gerade Polizisten eignen sich durch ihre Ausbildung für die Mitarbeit in einem Sicherheitsdienst. In den freien Tagen des Schichtdienstes anderorts dazu zu verdienen, ist nicht untersagt.
Inzwischen wurde bekannt, daß zwei der Polizisten aus der Kleinstadt Tukums im Einzugsbereich von Riga stammen und dort im Rahmen einer Restrukturierung eigentlich hatten entlassen werden sollen. Infolge einer Intervention der Polizeigewerkschaft, wie das Innenministerium dieser vorwirft, wurden ihre Verträge jedoch erneuert. Die Gewerkschaft kontert, das Ministerium selber habe keine Rechtsmittel gegen einen entsprechenden Gerichtsbeschluß eingelegt, wobei Mūrniece zugeben mußte, daß angeblich aufgrund orthographischer Fehler die Kündigungen von den Richtern als nicht rechtswirksam angesehen wurden.
Trotzdem hatten sich die Räuber unter anderem beim außer Gefecht gesetzten Sicherheitspersonal bewaffnet. Die zwei gestohlenen Waffen wurden vermutlich nach dem Überfall in einen Schneehaufen geworfen, denn sie tauchten zunächst nicht wieder auf.
Mūrniece räumte im fraglichen Interview grundsätzliche Probleme mit der Polizei und besonders der Sondertruppe Alfa ein. In vier Jahren habe es dort 40 Dienstaufsichtsbeschwerden gegeben. Die Innenministerin klagte, eine elitäre Truppe müsse sich auch dementsprechend verhalten. Sie reagierte durch die Beurlaubung einiger hoher Amtspersonen, darunter des Kommandanten der Spezialeinheit Alfa. Darüber hinaus werden alle mehr 7.000 Mitarbeiter der Polizei von Psychologen befragt würden und das Ministerium prüfe, ob Nebenjobs der Ordnungshüter zu Interessenskonflikten führen könnten.
Die Innenministerin und die Spezialeinheit Alfa waren 2009 ins Gerede gekommen, als im Rahmen der geplanten Schließung eines Krankenhauses im südlettischen Bauska spontane Demonstrationen die Brücke einer wichtigen Verkehrsachse besetzten. Damals wurde ebenfalls aus Riga die Sondereinheit geschickt. Mūrniece sagte nun, diese Entscheidung habe sie seinerzeit gar nicht selbst getroffen.
Als Reaktion auf die jüngsten Ereignisse hat die Innenministerin nun beschlossen, den Polizisten ihr Gehalt – allerdings erst im kommenden Jahr – um 50% zu erhöhen, womit sie indirekt ihrer eigene, früheren Behauptung widerspricht, die Höhe des Einkommens könne nicht Grund dafür sein, daß Polizisten kriminell würden. Als weitere Folge des Überfalls von Jēkapbils wird die Einheit Alfa außerdem liquidiert – allerdings wohl nur dem Namen nach. Aufgaben wie die Festnahme von Verbrechen werden einer anderen Einheit übertragen, aber die an dem Vorfall unbeteiligten Polizisten weiterbeschäfigt, ohne den Namen Alfa zu verwenden, der nach Aussage des Chefs der Polizei von Riga, Ints Kužis, nun in Verruf geraten sei. Andererseits benenne man andere Abteilungen der Polizei schließlich auch nicht mit Sondernamen. Linda Mūrniece will außerdem disziplinarisch durchgreifen, jedes kleinste Vergehen solle nun wieder geahndet werden, mit der Demokratie sei es in diesem Sinne vorbei. Unangemeldete Kontrollen finden bereits statt.
Eine Psychologin sagte, jeder Polizist brauche wenigstens 20 Therapiestunden, um zu lernen, wie er seine Aggressionen in einem Job beherrscht, in welchem er beständig mit Aggression konfrontiert wird. Agris Sūna, der Chef der Polizeigewerkschaft verlangt nach wie vor den Rücktritt der Ministerin, die jetzt nun eine Hexenjagd beginne.
Die maskierten Räuber betraten den Spielsalon und die Polizisten behaupteten, sie seien in einen Einsatz im Rahmen der Drogenfahndung. Die in entsprechenden Etablissements regelmäßig anwesenden Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma mußten sich auf den Boden legen, ihnen wurde bekamen Tränengas in die Augen gesprüht. Ein Angestellter des Spielsalons wurde angeschossen, weil er die Alarmknopf gedrückt hatte. Die Höhe der Beute ist unbekannt, doch als die Räuber gestellt wurden, entdeckte die Polizei im Fahrzeug 104.500 LVL. Daß der Überfall ausgerechnet im Moment der Übergabe der Einnahmen an einen Geldtransport stattfand, läßt vermuten, daß die Polizisten über Insiderkenntnisse verfügten.
Dies ist nicht der erste Fall, der einen Schatten auf den Ruf der Polizei in Lettland wirft. Abgesehen von der Korruption der Verkehrspolizei, die in den letzten Jahren nachgelassen haben soll, gelang 2007 einem Untersuchungshäftling während der Überführung angeblich in Handschellen die Flucht aus dem fahrenden Streifenwagen durch einen Sprung von der Inselbrücke in die Düna. Der Verdächtige wurde zwar schnell wieder verhaftet, doch der damalige Innenminister Ivars Godmanis, der inzwischen EU-Abgeordneter ist, kam in Erklärungsnot.
Linda Mūrniece (Foto des lett. Innenministeriums). |
Tatsächlich sind die Einkommen in Staatsdienst und Polizei so gering, daß viele weiteren Nebentätigkeiten nachgehen. Gerade Polizisten eignen sich durch ihre Ausbildung für die Mitarbeit in einem Sicherheitsdienst. In den freien Tagen des Schichtdienstes anderorts dazu zu verdienen, ist nicht untersagt.
Inzwischen wurde bekannt, daß zwei der Polizisten aus der Kleinstadt Tukums im Einzugsbereich von Riga stammen und dort im Rahmen einer Restrukturierung eigentlich hatten entlassen werden sollen. Infolge einer Intervention der Polizeigewerkschaft, wie das Innenministerium dieser vorwirft, wurden ihre Verträge jedoch erneuert. Die Gewerkschaft kontert, das Ministerium selber habe keine Rechtsmittel gegen einen entsprechenden Gerichtsbeschluß eingelegt, wobei Mūrniece zugeben mußte, daß angeblich aufgrund orthographischer Fehler die Kündigungen von den Richtern als nicht rechtswirksam angesehen wurden.
Trotzdem hatten sich die Räuber unter anderem beim außer Gefecht gesetzten Sicherheitspersonal bewaffnet. Die zwei gestohlenen Waffen wurden vermutlich nach dem Überfall in einen Schneehaufen geworfen, denn sie tauchten zunächst nicht wieder auf.
Mūrniece räumte im fraglichen Interview grundsätzliche Probleme mit der Polizei und besonders der Sondertruppe Alfa ein. In vier Jahren habe es dort 40 Dienstaufsichtsbeschwerden gegeben. Die Innenministerin klagte, eine elitäre Truppe müsse sich auch dementsprechend verhalten. Sie reagierte durch die Beurlaubung einiger hoher Amtspersonen, darunter des Kommandanten der Spezialeinheit Alfa. Darüber hinaus werden alle mehr 7.000 Mitarbeiter der Polizei von Psychologen befragt würden und das Ministerium prüfe, ob Nebenjobs der Ordnungshüter zu Interessenskonflikten führen könnten.
Die Innenministerin und die Spezialeinheit Alfa waren 2009 ins Gerede gekommen, als im Rahmen der geplanten Schließung eines Krankenhauses im südlettischen Bauska spontane Demonstrationen die Brücke einer wichtigen Verkehrsachse besetzten. Damals wurde ebenfalls aus Riga die Sondereinheit geschickt. Mūrniece sagte nun, diese Entscheidung habe sie seinerzeit gar nicht selbst getroffen.
Als Reaktion auf die jüngsten Ereignisse hat die Innenministerin nun beschlossen, den Polizisten ihr Gehalt – allerdings erst im kommenden Jahr – um 50% zu erhöhen, womit sie indirekt ihrer eigene, früheren Behauptung widerspricht, die Höhe des Einkommens könne nicht Grund dafür sein, daß Polizisten kriminell würden. Als weitere Folge des Überfalls von Jēkapbils wird die Einheit Alfa außerdem liquidiert – allerdings wohl nur dem Namen nach. Aufgaben wie die Festnahme von Verbrechen werden einer anderen Einheit übertragen, aber die an dem Vorfall unbeteiligten Polizisten weiterbeschäfigt, ohne den Namen Alfa zu verwenden, der nach Aussage des Chefs der Polizei von Riga, Ints Kužis, nun in Verruf geraten sei. Andererseits benenne man andere Abteilungen der Polizei schließlich auch nicht mit Sondernamen. Linda Mūrniece will außerdem disziplinarisch durchgreifen, jedes kleinste Vergehen solle nun wieder geahndet werden, mit der Demokratie sei es in diesem Sinne vorbei. Unangemeldete Kontrollen finden bereits statt.
Eine Psychologin sagte, jeder Polizist brauche wenigstens 20 Therapiestunden, um zu lernen, wie er seine Aggressionen in einem Job beherrscht, in welchem er beständig mit Aggression konfrontiert wird. Agris Sūna, der Chef der Polizeigewerkschaft verlangt nach wie vor den Rücktritt der Ministerin, die jetzt nun eine Hexenjagd beginne.
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