Es gibt traditionelle Arbeiten, die von jedem guten Gärtner im Winter erledigt werden. Gut, momentan ist wenig von Winter zu spüren (der wärmste Winter in Lettland seit 83 Jahren - so LETA), auch in Lettland liegt wenig Schnee. Land- und erdverbunden wie sie nun mal sind, die Letten, werden manche Arbeitsabläufe abgearbeitet wie sie nun mal anfallen. So ergab sich Ende Februar ein seltsames Bild in Rigas Brivibas iela: auf hunderte von Metern Länge hatte die lettischen Baumfriseure wohl ihre neuen Sägen (oder ähnliches) ausprobiert.
Gibt es eine Baumschutzsatzung in Riga? Na gut, anzunehmen ist, dass angesichts der ewig hitzigen Diskussion um "sastrēgumi" (Verkehrsstaus) alle anderen Lebenwesen im Innenstadtbereich nicht so sehr beachtet werden. Bäume reihenweise wie Hecken schneiden? Ein Bild, zumindest gewöhnungsbedürftig. Oder ein Beweis lettischer Ordnungsliebe?
Im Zuge des sonstigen Regelungswirrwarrs wurden neulich auch mal die Straßenbahnschienen für Autos gesperrt (eigentlich eine Selbstverständlichkeit!), dann diese Regelung aus Angst vor Protesten der Autofahrer wieder zurückgenommen. Während noch 1997 171.000 Fahrzeuge in Riga registriert waren, stieg diese Zahl bis 2007 auf 335.000 (siehe NRA 21.12.2007). Zwar werden viele Autos auf Kredit gekauft (was bedeutet, dass bei einer Wirtschaftskrise der schöne neue gepolsterte Fahrstuhl auch wieder stillgelegt werden müsste), aber die momentan Autofahrer verlangen möglichst freie Fahrt.
252 Strassenbahnwagen sollen mit Automaten ausgerüstet werden. "Ein System von Weltformat," so läßt sich Leons Bemhens, Vorsitzender von Rigas Satiksme, in der Fachpresse zitieren. Mit ACS wurde ein Vertrag über 13 Jahre geschlossen. Wo er aber das Geld für all diese Investitionen herholt, wird er bald seinen Rigensern erklären müssen.Ein einheitliches Cityticket gibt es derweil in Riga immer noch nicht, und die Altstadt leidet immer noch unter den Luxusjeep-Fahrern mit Sonderlizenz, die auch dort rücksichtslos übers Pflaster heizen können.
Dennoch scheinen vorläufig Busse und Straßenbahnen immer noch gut gefüllt mit Fahrgästen. Gewöhnung an 15% jährliche Inflation? Manch einer hätte es wohl lieber, wenn der Run in die Wohlstandswelt ein klein wenig sanfter verlaufen würde.
Wenn Mr Ozolinš und Mrs Liepa denn überhaupt noch in Lettland weilen - viele arbeiten inzwischen im Ausland, der Facharbeitermangel macht sich längst bei den in Lettland tätigen Firmen bemerkbar. Eine Hetzjagd nach dem Wohlstandswunschtraum - so kommt es manchmal vor. Wer hier hinter wem hinterherjagd, wer profitiert und wer der Gejagte ist, auch das scheint manchmal durcheinander zu geraten.
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