Einem Bericht der Wirtschaftszeitung "Dienas Bizness" zufolge machen sich in Lettland im Verbraucherverhalten die unterschiedlichen Preissteigerungen bemerkbar. So sei die Nachfrage nach Kartoffeln wegen ihres vergleichsweise geringen Preises in den vergangenen Monaten um 20% gestiegen, während das ach so berühmte und von Lettinnen und Letten im Ausland so vermisste lettische Brot einen Rückgang von 10 - 15% zu beklagen habe. Der Karikaturist derselben Zeitung illustrierte sarkastisch daraufhin folgende Unterhaltung eines Ehepaares beim Einkauf: "Wahnsinn, alles ist schon wieder teurer geworden! Man prüft wohl, bald Essenszuteilungen einzuführen." - "Ach Quatsch, nichts ist teuer, denn des Letten billigstes und am meisten geliebte Gericht ist doch ... ein anderer Lette!"Während bei Autos, Wohnungseinrichtung oder HiFi-Geräten nicht unbedingt Zurückhaltung im Käuferverhalten festzustellen war - schließlich gab es bis vor kurzem überall als günstig angepriesene Kredite zu haben - setzt nun vielleicht jener Trend ein, der in den westeuropäischen Wohlstandsländern längst weit verbreitet ist: spare am Essen.
Dienas Bizness erinnert an die unberechenbaren Zyklen der freien Marktwirtschaft, auch an die Wirtschaftskrise in Russland Ende der 90er Jahre. Nach einem Wachstumsboom könnte nun wieder eine Phase des vorsichtigen Überlegens in Lettland kommen. "FinanceNet.lv" erinnert an die 2007 um 31,7% gestiegenenen durchschnittlichen Lohnkosten pro Stunde (von 2,46 auf 3,25 Lat, oder von 3,70 auf ca. 4,90 Euro). Doch gibt es noch große Unterschiede, wie etwa einen durchschnittlichen Stundenlohn von ca. 10 Euro im Finanzgewerbe, aber nur ca. 3 Euro im Hotel- und Gaststättengewerbe (wo soll sie herkommen, die Kundenfreundlichkeit?), oder 3,35 Euro in der Fischerei. Dieses Jahr hoffen Finanzexperten auf einen "maßvollen" Lohnanstieg um nur 5-6%. Kommentar eines Lesers im Internet: "Sollen sie doch den Mindestlohn auf 600 Lat angeben, dann wandert auch niemand mehr nach Irland aus!"Zu den Zahlen unten: Lohnanstieg in Lettland 2006 und 2007. Zahlen des lettischen staatlichen Statistikamtes CSP. Erläuterung: A = Land- und Forstwirtschaft, Jagd, B = Fischerei, C = Industrie, D = verarbeitende Industrie, E = Elektroenergie, Gas- und Wasserversorgung, F = Bauwirtschaft, G = Handel, Autos, Motorräder, Haushaltsgeräte, H = Hotels und Restaurants, I = Transport und Rettungswesen, J = Finanzwesen, K = geschäftliche Dienstleistungen, L = staatliche Verwaltung und Verteidigung, M = Bildungswesen, N = Gesundheitswesen und Soziales, O = gesellschaftliche, soziale und individuelle Dienstleistungen
Wo geht die Reise hin? Dienas Bizness berichtet auch von Veränderungen bei den lettischen Lebensmittelproduzenten. Bei Milch und Käse sei ein Umsatzrückgang voraussehbar, zumal die Produktion durch ab dem 1.4. steigende Energiekosten noch verteuert würde. Demzufolge werde die Käseproduktion zurückgehen, denn mangels Kaufkraft werde der lettische Käse weniger gekauft. Schon im Januar berichtete die lettische Milchwirtschaftszentrale (Latvijas Piensaimnieku centrālajā savienībā, LPCS) von einem Rückgang der Käseproduktion um nicht weniger als 19%. Dienas Bizness zufolge waren die Preise für Brot im Jahr 2007 um 38% gestiegen, bei Milch um 27,8%, Käse sogar um 42,9%. Dagegen wurden Kartoffeln um 13,9% billiger. Während die jährliche durchschnittliche Inflation im Januar 2008 auf 15,8% geschätzt würde, seien die Preise der wichtigsten Lebensmittel aber sogar um 19% gestiegen.
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