2. Dezember 2007

Lohnzahlung immer noch per Briefumschlag?

Das staatliche lettische Statistikamt gibt regelmäßig Zahlen und Fakten heraus. Meist sind das Zahlen zum Wirtschaftswachstum, Bevölkerungsentwicklung, Branchenanalysen oder Außenhandelsbilanz. Das Portal "Finance-Net" sah sich aber veranlasst zu der Überschrift: "Immer noch bekommt ein großer Teil der lettischen Arbeitsnehmer den Lohn in einem Umschlag."

Nein, diesmal geht es nicht um die lettischen Ärzte, von denen ja viele zugeben, dass ein "Dankeschön" des Patienten und seiner Familie nach der Behandlung immer noch üblich sei. Wer mehr als 1000 Lat (1500 Euro) im Monat verdient, der bekommt diese Summe sowieso nur sehr selten bar auf die Hand (0,2% - aber wer wollte das im Falle eines Falles auch noch öffentlich zugeben??). Am höchsten liegt die Zahl der "Schwarz-Verdiener" in der Lohngruppe zwischen 200 und 300 Lat (22,8%).
Finanzexperten kommentieren diese Statistiken allerdings auch dahingehend, dass die realen Zahlen derjenigen, die ihre Einnahmen an der Steuerbehörde vorbei kassieren, auch in den offiziellen Statistiken weniger erfasst wird - die Zahl der Steuerverweigerer also noch größer ist (um bis zu 30% mehr als die Statistik erfasst). Auch die Einschätzung des tatsächlichen Wirtschaftswachstums müsste demnach korrigiert werden. Aber auch der private Verbrauch, die Kaufkraft, kann vor diesem Hintergrund besser eingeschätzt werden.

Mehr kaufen können, weil mehr Geld in den privaten Taschen landet als offiziell erfasst - aber nicht alles kann sich der/die lettische Konsument/in damit leisten. Banken vergeben Kredite zum Beispiel natürlich nur nach offiziell erfassten Einkommensdaten der Kreditnehmer. Und seit Mitte des Jahres sind die Kreditvergabekriterien nochmals verschärft worden - auch aufgrund der auf über 10% gestiegenen Inflation.

Zwei Wege zum Konsumwunsch zu Weihnachten: diskrete zusätzliche Einkommen, oder gut verdienende lettische Verwandte in Irland?

Einige andere Fakten, die aus den Daten des Statistikamtes zu entnehmen sind:

- in Lettland sind insgesamt 62,7% aller Einwohner auf dem Arbeitsmarkt aktiv (= arbeiten mindestens 1 Stunde pro Woche). Das sind 1.118.800 Menschen, 73,6% der männlichen und 60,6% der weiblichen Einwohner.


- gesetzlich festgelegte Arbeitszeit ist die 40-Stunden-Woche. 67,3% der Befragten geben an, dass sie auch etwa dieses Arbeitspensum haben. 8,6% arbeiten kürzer, 19,7% (davon zumeist Männer) länger.

- Die Einkommensverteilung: bis 1009 Lat bekommen 8,6%, bis 150 Lat 13,8%, bis 200 Lat 14,0%, bis 300 Lat 22,8%, bis 500 Lat 18,7%, bis 1000 Lat 5,6%, 1000 Lat und mehr 0,2%.

- Die Zahl der Arbeitssuchenden (= Arbeitslosen) lag im dritten Viertel des Jahres 2007 bei 5,9% (und damit etwas höher als die 4,1% in Litauen und 5% in Estland).


Homepage lettisches Statistikamt

FinanceNet

Keine Kommentare: