"Pasta Balodis" ist keinesfalls ein Nudelgericht - das lehrt die lettische Post |
Landleben in Lettland wird zunehmend schwierig: die Schulreform bringt es mit sich, dass viele der kleineren Schulen keine Zukunft haben. Und nun kündigt auch die lettische Post noch an, über 100 Filialen schließen zu wollen. Wird es in Zukunft unmöglich sein, zum Beispiel eingeschriebene Briefe zu versenden, Päckchen oder Pakete aufzugeben, oder Bargeld abzuheben?
Zu Fuß zur Post - keine Option
Jetzt wird es also in Lettland Gemeinden geben, wo fast 50km Wegstrecke erforderlich sind, um ein Postkontor zu finden (IR) Die Post verspricht: in Zukunft sollen die Postboten auf Bestellung nach Hause kommen, um dort alle Serviceleistungen vornehmen zu können. Die Kunden und Kundinnen zweifeln aber, ob das ohne Preissteigerungen wirklich möglich sein wird.
In einem Beitrag der Zeitschrift "IR" wird das Beispiel des Bezirks Südkurland durchgerechnet:die 33.000 Einwohner/innen hier leben ziemlich verstreut. Nur 2% von ihnen besuchen Postfilialen, ganze 60% des Umsatzes macht hier der Verkauf von Haushaltswaren aus, die Standard-Dienstleistungen wie Brief- oder Paketversand nutzen lediglich 24%.
Beāte Krauze-Čebotare, geschäftsführende Vorstandsvorsitzende bei "Latvijas Pasts", beklagt eine sehr schwierige Finanzsituation der Post (lsm) und erläutert die Entscheidungskriterien so: wenn nur so wenige die Dienstleistungen der Post in Anspruch nehmen, der Rest aber eigentlich etwas anderes sucht - warum dann eine Postfiliale? (IR)
Bedarfslösungen - Folgen der Digitalisierung?
"Pastnieks mājās" ("Der Postbote zu Hause") - so wird eine neue Serviceleistung bezeichnet. Eingeführt zunächst während der Corona-Pandemie, erwies es sich als effektiv für Kundinnen und Kunden, die außerhalb der Städte leben (LA). Seit 2020 sind bereits 190 Postämter auf dieses Format umgestiegen oder haben ganz geschlossen. Der Reorganisationsplan der Lettischen Post sieht nun vor, dass 2024 weitere 105 Abteilungen betroffen sein werden - nur etwa 70 blieben dann übrig.
"Aber wenn ich einen eingeschriebenen Brief bekommen soll," klagt ein Unternehmer in der Zeitschrift 'Druva', "und der Postbote mich nicht zu Hause antrifft, bekomme ich eine Benachrichtigung dass ich es beim Postamt im Landkreiszentrum abholen soll; und das sind 70km Hin- und Rückfahrt." (druva)
An manchen Orten gibt es einen "Pakomat", also ein Paket- und Briefautomat. Aber Achtung - Info der lettischen Post für alle e-Klienten: "Wenn Sie die falsche Paketgröße wählen, wird das Paket zurückgeschickt und die Gebühr wird einbehalten!" (pasts.lv) Und einige Postfilialen sollen nun, ähnlich wie in Deutschland, in Läden, oder sogar in Büchereien eröffnet werden.(lsm)
Die lettische Post setzt offenbar auch auf Autofahrer/innen: "Wir bieten den Empfang von Sendungen aus lettischen Online-Shops an einer von mehr als 50 CIRCLE K-Tankstellen in ganz Lettland an," heißt es (pasts.lv) (Aber auch hier befinden sich etwa die Hälfte dieser Tankstellen in und um Riga).
Natürlich lassen sich auch in Lettland postalische Grüße auch ganz elektronisch-digital versenden - sogar unter Verwendung eines eigenen Fotos. Wer also nicht per "Whatsapp" oder Ähnlichem grüßen möchte, lässt sich eine Postkarte drucken und verschicken: mit der "Pasta Balodis", der digitalen "Posttaube".
Der Lohn - ein Ehrentitel
Postbotin Solveiga Šķiņķe, im Jahr 2023 als "beste Postbotin in Vidzeme" ausgezeichnet (an dieser Umfrage beteiligten sich 11.475 Postkund/innen), erzählt von ihrer Arbeit: "Ich fahre täglich ungefähr 180 km. Früher hatte ich nur die Gemeinden Ķoņi und Lode, dann kam noch Naukšēni dazu." (Grenzgebiet zu Estland). (ReTV) Ihr Dienst dauert jeden Tag von 8 Uhr morgens bis 16 Uhr nachmittags, manchmal länger. Oben drauf kommen dann die Kund/innen, für die sie besondere Dienstleistungen erledigt, dazu zählt manchmal auch, eben mal ein paar Sachen aus der Apotheke zu holen ...
Noch gibt es bei der lettischen Post knapp 3.000 Angestellte - davon 70% als Postbot/innen oder in Filialen. In Zukunft sollen also die "Pastnieki" auch die Rentenzahlungen und Ähnliches dem Kunden direkt zu Hause auszahlen. (jauns) Dazu ist ein Antrag bei der staatlichen Sozialversicherung nötig ("Valsts sociālās apdrošināšanas aģentūra" VSAA), die Gebühr für die Zustellung beträgt vorläufig 2,39 Euro. Die VSAA warnt vorsorglich: der Auszahlungsdatum kann sich ändern - je nachdem, wann der Postbote / die Postbotin Zeit hat zu kommen.
Wer ist verantwortlich?
Seit der Ankündigung der Einsparvorhaben bei der Post ist auch ein Streit um Verantwortlichkeiten ausgebrochen. Verkehrsminister Kaspar Briškens, auch für die Post zuständig, wirft einigen Managern bei der Post "teure Dienstreisen und Partys" vor (jauns). Daraufhin traten bereits mit Raimonds Dūda und Ivars Blumbergs zwei der Topmanager zurück. Begründung: schwierige Kommunikation mit dem Ministerium. (jauns)
Vielfach wird nun auch die öffentliche Unterstützung der Post durch Steuergelder in Frage gestellt. Wenn Busunternehmen verpflichtet werden können auch wenig rentable Strecken zu bedienen, könnte nicht Ähnliches auch von der Post verlangt werden? Minister Briškens fordert nun von der Post, im Vorfeld bevorstehende Änderungen besser öffentlich zu kommunizieren. "Es reicht nicht aus, dass kurz vor der Schließung der Post ein kleiner
Zettel in die Briefkästen geworfen wird, ohne zu sagen, welche
Alternativen es gibt und wie viel sie kosten werden." (IR)
Vielleicht finden sich also in Zukunft für ehemalige Postämter ganz andere Nutzungen; so wie etwa das "Pastnieka māja" in der Hafenstadt Liepāja - ein Restaurant. Vielleicht auch für verärgerte Postkunden? Die Werbung verspricht: "Gibt es etwas, das mehr Spaß macht als Liepāja? Ja. Das Leckerste in Liepāja ist eine cremige Karotten-Spinat-Suppe mit Schlagsahne als süßen Hut."
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