1. November 2021

Warten auf 25

"Die pandemischen Zeiten haben die Leute wieder zum Lesen gebracht," so berichten Repräsentantinnen Lettlands von der diesjährigen Frankfurter Buchmesse. Gleichzeitig berichten die Buchverleger/innen von steigenden Umsätzen, nachdem aufgrund geschlossener Buchläden die Nachfrage zunächst auf ein niedriges Niveau gesunken war. 

Lettische Imagewerbung
für Buchliebhaber/innen:
schüchtern, männlich,
lebensfremd?

Lettland bemüht sich Gastland auf der Frankfurter Buchmesse des Jahres 2025 zu werden - einige lettische Pressestimmen vermeldeten schon Wochen vor dem diesjährigen Messebeginn einen positiven Bescheid der Frankfurter Messeleitung (tvnet). - "Es war uns wichtig, auch in diesem Jahr zu zeigen, dass wir da sind", betont auch Juta Pīrāga von "Latvian Literature” gegenüber der lettischen Presse (lsm). Dabei wird deutlich, dass offenbar viele der Gesprächspartner/innen in Frankfurt zunächst einmal ihr "Beileid wegen der Situation in Lettland" ausgedrückt hätten - schließlich ist inzwischen auch überall in der deutschen Presse von der niedrigen Impfrate und massenhaften Covid-Erkrankungen zu lesen. Das angebliche Lob für das schöne Design des lettischen Messestandes wirkt da doch etwas alibihaft - schon jahrelang grinst hier den Besucher/innen ein offenbar unter Verklemmungen leidender männlicher Typ entgegen ("The Introvert"), ganz nach dem Motto: unsere Sprüche wirken wie Selbsterkenntnis, aber der Typ ist am Ende doch unsympathisch. Für 2025 werden - hoffentlich - kreative lettische Designer/innen noch einmal einen guten Auftrag bekommen ...

Im Aufwind sei auch die Kinder- und Jugendliteratur, erzählt Alīse Nīgale, Chefin des Verlags "Liels un mazs". Hier kommt Lettland gegenwärtig der Überraschungserfolg von Anete Meleces "Kiosk" zu Gute - eine Künstlerin die inzwischen in der Schweiz lebt. Das Buch sei inzwischen bereits in 20 Sprachen übersetzt, heißt es - darunter Koreanisch, Katalanisch, Italienisch, Slowenisch, Kroatisch und Japanisch. International ebenfalls beim Rechteverkauf ziemlich erfolgreich sei der Roman "Mātes piens" von Nora Ikstena (deutsch "Muttermilch"), der es auf Übersetzungen in zwölf Sprachen gebracht habe, und auch "Jelgava 94" von Jānis Joņevs mit zehn Übersetzungen (Erscheinen in Deutsch steht noch bevor), so berichtet Juta Pīrāga (domuzīme). Und es gibt auch Misserfolge: beim Versuch, eine Übersetzung von Anšlavs Ēglītis "Homo novus" ins Englische zu veranlassen mussten die lettischen Literaturagent/innen feststellen dass die Rechte für alles Englischsprachige in diesem Fall schon einer Vereinigung in den USA gehörten - die sich einer Zusammenarbeit verweigerte.

Vorläufig ist aber von einem "Run" auf Übersetzungen lettischer Literatur ins Deutsche noch sehr wenig zu sehen - eher das Gegenteil. Die aktuellen beiden lettischen Ausschreibungen (2021-2 / 2021/1) für finanzielle Unterstützung für Verlage und Übersetzer/innen förderten insgesamt 76 Projekte. Nur vier (!) davon bezogen sich auf Übersetzungen ins Deutsche - darunter zwei Kinder- bzw. Jugendbücher, eine Lyrik-Übersetzung aus dem Russischen, und nur ein einziger Roman. Dominierend sind dagegen momentan die Nachbarländer: 32 der 76 Projekte (42,1%) beziehen sich auf Übersetzungen ins Estnische, Finnische und Litauische.

Aber vielleicht ist die deutsche Sprache im Frankfurter Messezirkus gar nicht so entscheidend, und schon gar nicht Voraussetzung? Die lettischen Delegierten brachten dieses Jahr auch noch den Ratschlag mit, nicht nur eine gedruckte, sondern auch eine digitale Präsentation vorzubereiten. Vorbereitung für den nächsten Krisenfall? Wer weiß - bis 2025 kann noch viel passieren. 

Analysen der Position Lettlands im internationalen Buchmarkt erwähnen auch gute Aufträge für die Produktion von Büchern, besonders den Druck. Bücher internationaler Autor/innen, gedruckt in Lettland - keine Seltenheit. Als direkte Folge des Lettland-Schwerpunktes auf der Buchmesse London 2018 wurden angeblich im Laufe der drei Folgejahre die Rechte von 248 Werken lettischer Autorinnen und Autoren ins Ausland verkauft, dazu noch eine Steigerung von "Druckserviceleistungen" in Richtung Großbritannien von 350% (tvnet). So mache allein der Buchdruck inzwischen bei den Druckereien in Lettland 80% der Gesamtproduktion aus.

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